DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
03-06-2019 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 03.06.2019 um 10.30 UTC
Mal mehr, mal weniger warm und schwül, dabei von West nach Ost wiederholt
Gewitter mit Unwetterpotenzial! Wetterentwicklung kommende Woche sehr unsicher.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 10.06.2019
Über weite Strecken des mittelfristigen Prognosezeitraums setzt sich das mal
mehr, mal weniger schwül-warme und zu kräftigen Gewittern neigende Wetter fort.
Der Langwellentrog über Westeuropa wird stetig regeneriert und bleibt in seinem
Vorhaben, gegen die blockierende Antizyklone über Osteuropa anzukommen, ziemlich
erfolglos. Er wirkt dadurch wie "festgetackert". Deutschland verbleibt somit im
Wesentlichen in einer südwestlichen Höhenströmung, in der auch die Frontalzone
eingebettet ist. Diese unduliert über West- und Mitteleuropa allerdings recht
stark, womit sich die Zonen erhöhter Gewitteraktivität fortwährend von Westen
nach Osten und wieder zurück verschieben. Ursache dafür sind kurzwellige
Troganteile, die um die Langwellentrog herumgeführt werden, sowie die
Eigendynamik der Gewitter, die aufgrund des nahezu parallel orientierten, mäßig
stark ausgeprägten Schervektors zu rascher Verclusterung neigen. Die sich dabei
ausbildenden "Cold Pools" schießen rückseitig der Gewitter nach Osten und sorgen
zumindest vorübergehend für eine Stabilisierung.
Als Mittelfristmeteorologe könnte man an dieser Stelle eigentlich einen Punkt
hinter die synoptische Übersicht setzen, auch, weil man weiß, dass eine von
solch mesoskaligen Prozessen geprägte Wetterlage nicht im Detail beschrieben
werden kann. Dennoch schauen wir uns das Ganze zumindest etwas genauer an, ohne
dabei auf den Hinweis zu verzichten, dass der genaue zeitliche und räumliche
Ablauf mit Unsicherheiten behaftet ist.
Am Donnerstag, zu Beginn der Mittelfrist, befindet sich Deutschland, oh Wunder,
an der Westflanke des Langwellentroges, der von der Grönlandsee bis zur
Iberischen Halbinsel reicht, und mit mehrere Drehzentren ausgestattet ist. Ein
Kurzwellentrog wird in der südwestlichen bis südlichen Höhenströmung von
Frankreich her über Benelux und Westdeutschland zur Nordsee geführt. Am Boden
findet sich ein Tief über der nördlichen Nordsee, von dem ausgehend sich eine
Rinne nach Ostdeutschland erstreckt. Die Luftmassengrenze liegt knapp westlich
der Rinne und trennt heiße, instabile geschichtete Luft im Osten (10-14 Grad in
850 hpa) von nicht ganz so warmer und stabilerer Luft im Westen (5-10 Grad in
850 hPa). Das ganze "Konstrukt" ist aufgrund der oben beschriebenen Mechanismen
leicht progressiv, sodass sich die Schauer und Gewitter vom Westen in den Osten
verlagern, wo sie ihr Unwetterpotenzial voll entfalten können (heftiger
Starkregen, größerer Hagel, Sturmböen), um in der Nacht gänzlich ostwärts
abzuziehen.
Am Freitag sorgt ein flacher Rücken für Zwischenhocheinfluss und damit insgesamt
recht freundliches Wetter. Von Südwesten nähert sich jedoch schon der nächste
Randtrog, der über Frankreich ein für die Jahreszeit recht imposantes Bodentief
stützt. Auf der Vorderseite setzt von Süden im Tagesverlauf Advektion wieder
wärmerer Luft ein (bis zum Abend 10 bis 15, an den Alpen durch Föhn - Achtung
Sturmböen auf Alpengipfeln! - bis knapp 20 Grad in 850 hPa). Diese ist auch
instabil geschichtet, allerdings so stark gedeckelt, dass Gewitter zunächst die
Ausnahme sein sollten. Erst der sich ab dem Abend von Westen nähernde Randtrog
vermag den Deckel "wegzuheben", sodass die Entwicklung von Gewittern begünstigt
wird. Als Trigger fungiert entweder eine vorlaufende Konvergenz oder die in das
Bodentief integrierte Frontalzone. Egal ob Konvergenz oder Frontalzone, beides
ist an der Südflanke des bis Samstagfrüh zur Nordsee ziehenden Tiefs progressiv,
sodass sich die Zone mit Schauern und wieder teils unwetterartigen Gewittern
(Starkregen und Hagel stehen wieder im Fokus) von Südwesten in den Nordosten
verschiebt. Rückseitig stabilisiert es rasch wieder.
Am Samstag zieht der Randtrog über Deutschland nordostwärts, die anfänglich im
Norden und Osten noch auftretenden schauerartigen und gewittrigen Regenfälle mit
Starkregenpotenzial ziehen damit bis zum Nachmittag ab. Der nachfolgende flache
Rücken stützt ein Zwischenhoch mit Schwerpunkt über Süddeutschland, das für eine
Wetterberuhigung sorgt. Die einfließende etwas kühlere Luftmasse (850er zwischen
3 und 7 Grad) labilisiert mit der Einstrahlung etwas, sodass es bei wechselnder
Bewölkung ein paar Schauer geben kann, allerdings ohne Unwettergefahr - unsere
Warnmeteorologen müssen schließlich auch mal durchschnaufen.
Am Sonntag verabschiedet sich das Zwischenhoch langsam ins östliche
Mitteleuropa, der Osthälfte steht dennoch nochmal ein freundlicher und
überwiegend niederschlagsfreier Tag ins Haus. Ansonsten muss man den Blick aber
schon wieder gen Westen richten, wo der nun zu den Britischen Inseln abgetropfte
Langwellentrog den nächsten Randtrog in unsere Richtung steuert. Dieser greift
am Abend und in der Nacht zum Montag über und sorgt im Vorfeld des
Frontensystems des korrespondierenden, zur südlichen Nordsee ziehenden Tief für
neue schauerartige und gewittrige Regenfälle. Da die vorher nach Deutschland
geführte Luftmasse nicht mehr ganz so energiereich ist (nur in der Südosthälfte
>10 Grad in 850 hPa), ist das Unwetterpotenzial wohl nicht so hoch
einzuschätzen.
Am Montag und in der erweiterten Mittelfrist soll der Langwellentrog nach den
jüngsten IFS-Modellläufen zunächst bei den Britischen Inseln verbleiben und mit
Verzögerung weiter Richtung Frankreich abtropfen. Deutschland liegt dabei in
einer südwestlichen, mit kurzwelligen Troganteilen ausgestatteten südwestlichen
Höhenströmung. Die darin eingebettete Frontalzone verschärft sich im Verlauf
wieder und befindet sich voraussichtlich leicht mäandrierend irgendwo über
Mitteleuropa - mit Tendenz ins östliche Mitteleuropa. Demnach würde der Osten am
ehesten in den "Genuss" sehr warmer, allerdings auch feuchter und zu dann wieder
häufiger unwetterartigen Gewittern kommen, während im Westen eher etwas kühlere
Atlantikluft vorherrscht. Dazwischen kann es im Bereich der Frontalzone durchaus
längere Zeit regnen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die jüngsten IFS-Läufe inklusive des neusten 00-UTC-Laufes weisen in der
Mittelfrist bis einschließlich Montag eine sehr hohe Konsistenz auf. Wenn man
ins Detail geht, finden sich zwar Unterschiede, vor allem was die genaue
Position der Langwellentroges über Westeuropa und der um ihn geführten
kurzwelligen Anteile angeht, für Deutschland ergeben sich daraus aber keine
grundsätzlichen Änderungen des gestern skizzierten Vorhersagekonzepts.
Deutschland verbleibt in einer südwestlichen Höhenströmung in der Zufuhr mal
mehr, mal weniger schwül-warmer, vor allem nach Osten zu auch heißer Luftmassen,
in der sich Gewitter mit Unwetterpotenzial entwickeln.
Erst in der erweiterten Mittelfrist nehmen die Unsicherheiten deutlich zu. Der
Langwellentrog soll nicht mehr wie im gestrigen 00-UTC-Lauf zur Iberischen
Halbinsel abtropfen, die Drehzentren sollen eher im Bereich der Britischen
Inseln verbleiben, um dann mit Verzögerung Richtung Frankreich abzutropfen. Die
Folgen für das Wetter in Deutschland wurden oben im letzten Absatz beschrieben.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Betrachtet man den Zeitraum bis Sonntag oder Montag, liefern weder ICON noch GFS
nennenswert abweichende Szenarien.
Passend zu den sich in der erweiterten Mittelfrist manifestierenden
Inkonsistenzen innerhalb des IFS liefern auch andere Modelle zunehmend
auseinanderlaufende Simulationen. So soll nach Lesart des GFS der über den
Britischen Inseln abgetropfte Langwellentrog als Höhentief leicht retrograd in
das Seegebiet zwischen Irland und den Azoren ziehen und sich über Mitteleuropa
ein kräftiger Rücken aufwölben. Dieses Szenario wäre der gestrigen
IFS-00-UTC-Variante nicht unähnlich.
Bei GEM nistet sich das Höhentief zwischen Britischen Inseln und Frankreich ein,
was für Deutschland - ähnlich wie bei dem neusten IFS-Lauf, zyklonaleres und
etwas moderater temperiertes Wetter bedeuten würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen diverser deutscher Städte zeigen sich bei 850-hpa-Temperatur und
500-hPa-Geopotenzial bis Sonntag gut gebündelt. Der Verlauf der Temperatur mit
einem Auf und Ab (Minimum am Donnerstag und Samstag, Maximum am Freitag und
Sonntag), das im Süden und Westen stärker ausgeprägt ist als im Norden und
Osten, bestätigen den deterministsichen IFS-Lauf mit der über Deutschland
West-Ost undulierenden Frontalzone. Die deutlich ausgeprägten Niederschlagpeaks
korrelieren mit den absteigenden Ästen der Temperatur und unterstreichen das
hohe Gewitterpotenzial vor bzw. mit Frontdurchgang.
Ab Montag gehen die Rauchfahnen sowohl bei Geopotenzial als auch bei Temperatur
auf wie ein Hefekuchen. Bei der Temperatur beträgt der Spread schon am Dienstag
bis zu 20 Grad! Der deterministische IFS-Lauf befindet sich dabei eher am
unteren Ende der Spannweite und verfolgt auch beim Geopotenzial eine eher
moderate Entwicklung bei wenigen Ausschlägen nach oben oder unten. Allerdings
fällt auf, dass immerhin 10 bis 30% der EPS-Member mit dem Hauptlauf mitgehen.
Die Clusteranalyse liefert für Samstag bis Montag bereits 4 Cluster, wobei
prognoserelevante Unterschiede erst ab Montag ins Auge fallen. Zwar sind alle
auf "Blocking" bzw. "Negative NAO" gepolt, der Langwellentrog/das Höhentief
westlich des Vorhersagegebiets wird allerdings sehr unterschiedlich simuliert.
Diese Unschärfen verschärfen sich im Zeitraum von Dienstag bis Donnerstag. 2 der
dort angegebenen 4 Cluster lassen den Trog/das Höhentief auf Deutschland
übergreifen, die andere Hälfte lässt das Höhentief über West- oder Südwesteuropa
liegen, wodurch über dem nördlichen bzw. zentralen Mitteleuropa ein mehr oder
weniger stark ausgeprägter Geopotenzialanstieg zu verzeichnen ist.
FAZIT: Bis Sonntag scheint der grobe Wetterablauf in Sack und Tüten.
Danach unterstreicht das IFS-EPS die Vorhersageunsicherheiten und zeigt deutlich
auf, dass völlig unklar ist, wie sich der Langwellentrog bzw. das Höhentief
westlich von uns in der erweiterten Mittelfrist verhält. Insgesamt ergibt sich
ein leichtes Übergewicht für die zyklonalere und etwas moderater temperierte
Variante. Darauf setzen sollte man allerdings noch nicht, es sei denn, man hat
ein "Faible" für überaus riskante Wetten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Der EFI-Cape-Shear springt am Donnerstag im Nordosten, am Freitag im Westen und
Süden Deutschlands an. Einen gewissen "Dynamik-Energie-Overlap" ist also
zumindest gebietsweise nicht von der Hand zu weisen. Organisierte Konvektion ist
also durchaus wahrscheinlich. Selbst wenn es jetzt nicht DIE Superzellen werden,
im Bereich von Multizellen(-clustern) sind unwetterartige Begleiterscheinungen
(heftiger Starkregen und größerer Hagel im Anfangsstadium) nie auszuschließen.
Am Freitag stellt sich als Folge der sich verstärkenden Süd-Südwestströmung
vorübergehend eine Föhnsituation ein. Dabei sind (schwere) Sturmböen zumindest
auf exponierten Alpengipfeln wahrscheinlich.
Die Föhnsituation wird mit Durchschwenken einer Druckwelle allerdings rasch
wieder beendet. Die Druckwelle selbst könnte im Süden und Südwesten ebenfalls zu
Sturmböen (auch abseits der Gewitter) führen, auch wenn die Signale aus der
Probabilistik noch eher gering ausfallen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-IFS, IFS det., IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser