Thema des Tages

21-05-2019 09:20

Ist der Mai wirklich noch ein Wonnemonat?

Deutschland ist weiter eine Spielweise von Tief "Axel"! Vielerorts
viel Regen im Wonnemonat Mai. Wie sah es die letzten Jahre aus? Trägt
der Mai zurecht noch die Bezeichnung Wonnemonat?

Verkommt der als "Wonnemonat" bekannte Mai zunehmend zum Gewitter-
oder Regenmonat? Diese Frage stellte sich schon im Jahre 2015 und ist
derzeit wieder aktuell. Das trockene und sehr warme Frühjahr aus dem
letzten Jahr scheint schon fast vergessen. Zwar gab es auch in den
ersten Monaten dieses Jahres durchaus Regionen, die noch oder schon
wieder deutlich zu trockene Böden aufwiesen, doch der Mai scheint nun
recht verbreitet wieder den Wasserhaushalt aufzufüllen.

In den Maimonaten 2013 und 2014 lag Deutschland häufig am Rande bzw.
im Zentrum eines hochreichenden Tiefdruckgebietes. Daraus
resultierend bildete sich in der Höhe eine südwestliche bis südliche,
2014 teilweise auch auf Ost drehende Strömung aus. Durch diese, wie
auch mit Hilfe der südlichen Grundströmung in Bodennähe konnte warme
und feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland
transportiert werden, die durch den Tiefdruckeinfluss für länger
anhaltende Regenfälle oder Schauer und Gewitter sorgte.

Besonders hohe Niederschlagsmengen fielen im Mai 2013, als
Deutschland am Rande eines Höhentiefs lag, dessen Zentrum sich von
den Westalpen über Oberitalien hinweg nordostwärts verlagerte.
Während sich in der Höhe eine südöstliche bis östliche Strömung
entwickelte, machte sich in Bodennähe zusehends der Einfluss eines
Tiefs bemerkbar, das von den Ostalpen nach Böhmen zog. In der Folge
griffen teils heftige gewittrige Starkregenfälle von Osten her auf
das Bundesgebiet über, die sich im weiteren Verlauf als schauerartig
durchsetzter Dauerregen auf die mittleren Gebiete ausbreiteten. Vor
allem in Sachsen und Bayern regnete es über Tage hinweg länger
anhaltend. In 48 Stunden fielen damals vielerorts Regenmengen
zwischen 100 und 200 Liter pro Quadratmeter, die gebietsweise zu
großem Hochwasser (Donau, Elbe) führten.

Auch 2014 war eine ähnliche, längere Zeit vorherrschende Wetterlage
für verhältnismäßig hohe Regenmengen verantwortlich. Damals
verlagerte sich ein Höhentief unter Ausweitung von Westeuropa weiter
nach Osten. Dabei unterstützte es die Entstehung einer Tiefdruckrinne
am Boden, die sich von Irland bis zum Balkan erstreckte. Eingebettet
in die Tiefdruckzone war eine Luftmassengrenze über der Mitte
Deutschlands, die quasistationär über mehrere Tage hinweg aktiv
blieb. An dieser bildeten sich wiederholt schauerartige
Niederschläge, die zeitweise mit teils unwetterartigen Gewittern
einher- und im weiteren Verlauf in einen schauerartig durch setzten
Dauerregen übergingen. Vor allem in einem Streifen von
Nordrhein-Westfalen über Hessen und Thüringen hinweg bis nach Sachsen
fielen gebietsweise ergiebige Regenmengen. Im weiteren Verlauf
verlagerte sich der Schwerpunkt der Niederschläge etwas weiter nach
Norden, sodass auch im südlichen Bereich von Niedersachsen, in
Sachsen-Anhalt und Brandenburg beträchtliche Regenmengen
zusammenkamen.

Der Mai 2015 zeigte sich bevorzugt in der ersten Monatshälfte in
vielen Regionen von seiner eher nassen Seite. Allerdings waren die
Niederschläge sehr ungleichmäßig verteilt. Während in der Mitte des
Landes teilweise weniger als 50% des vieljährigen Mittels gefallen
waren, wiesen Gebiete im Norden und im Süden von Deutschland einen
Regenüberschuss von bis zu 100% auf. Ein Großteil fiel dabei in
Verbindung mit Unwettergewittern am 5. Mai, die sogar mit einem
Tornado verbunden waren und zu großen Schäden führten. Im
Gesamtmittel war der Mai mit 78% des Niederschlagssolls etwas zu
trocken.

Im Jahre 2016 kam der Wonnemonat ebenfalls eher unbeständig daher.
Besonders die mittlere Monatsdekade wurde geprägt von einem Tief
direkt über Deutschland, welches zahlreiche konvektiv geprägte
Niederschläge produzierte. Auch sonst konnte bei einer häufig
nordwestlichen Strömung feuchte Meeresluft einfließen und das Wetter
wechselhaft gestalten. Typisch für Schauer und Gewitter zeigt sich
das Gesamtniederschlagsbild im Mai 2016 sehr inhomogen. Teils
überschritten die Mengen die Referenzmengen um 40 bis 90 %, vor allem
im Norden und Osten wurden aber gleichzeitig häufig nur 20 bis 70%
des Monatssolls erreicht.

Ähnlich zeigte sich der Mai 2017, wobei die Regionen mit einem
Regenüberschuss kleiner ausfielen. Deutschlandweit wurden nur 80% der
zur Referenzperiode 1961-1990 üblichen Regenmenge erreicht.

Der sehr warme, teils heiße Mai 2018 zeigte nur im Westen sowie
allgemein im Mittelgebirgsraum normale bis überdurchschnittliche
Regensummen. Besonders der Norden und Nordosten trocknete dagegen
weiter aus. Im Gesamtbild wurden bezüglich des vieljährigen Mittels
nur 76% an Niederschlag registriert. Während der Norden und Osten
überwiegend von Hochdruckeinfluss geprägt waren, konnte sich im
Westen und Süden zwischenzeitlich auch mal tiefer Luftdruck
durchsetzen. Vor allem der Westen lag zu Monatsmitte häufiger auf der
Vorderseite eines kräftigen hochreichenden Tiefdruckwirbels über
Westeuropa. Dabei strömte warme bis heiße, aber auch feuchte Luft aus
Süden ein, die wiederholt kräftige Schauer und Gewitter brachten.

In diesem Jahr war bisher Tiefdruckeinfluss Trumpf. Die
Hochdruckgebiete verharrten meist über West- oder Nordeuropa.
Entweder konnte sich resultierend ein Tief mitten über Deutschland
legen und dort herum wirbeln, wie es derzeit Tief "Alex" praktiziert
(vgl. Graphik 1), oder aber das Land lag zwischen hohem Luftdruck im
Westen und tiefen Luftdruck im Nordosten in einer nördlichen bis
nordwestlichen Strömung, die ebenfalls feuchte Meeresluft nach
Deutschland steuerte und das Wetter unbeständig gestaltete. Die
größten Regensummen sind aber unbestritten auf Tief "Axel"
zurückzuführen. Seine Ausläufer drehen sich um das Tief herum und
sorgten und sorgen hierzulande für kräftige, teils länger anhaltende
Niederschläge. Vor allem in der Mitte und im Süden regnete es wie aus
Kübeln. Im zentralen Mittelgebirgsraum wurden vielerorts 30 bis 100
Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Den Spitzenwert der letzten 24
Stunden lieferten dort am heutigen Morgen (21.05.19) die Stationen
Hessisch-Lichtenau und Schlüchtern (beide Hessen) mit jeweils 95
l/m², gefolgt von Birx (HE) mit 93 l/m² und Schotten (HE) mit 91
l/m². Im Süden regnete es teilweise noch ergiebiger. In Jachenau (BY)
wurden 135 l/m² registriert, in Balderschwang (BY) waren es noch 112
l/m² (vgl. Graphik 2). Betrachtet man die letzten 48 Stunden, sind
bevorzugt im Süden noch deutlich höhere Regensummen zu verzeichnen.
Jachenau kam dabei schon auf 173 l/m² und Balderschwang auf 129 l/m².
Auch Regionen im Schwarzwaldumfeld kommen dann in den Fokus.
Beispielsweise meldete Baiersbronn (BW) 117 l/m². Auch im Thüringer
Wald fielen über 48 Stunden teils über 100 l/m² (Martinroda, 107
l/m²). In den ersten beiden Monatsdekaden sind demnach schon
vielerorts über 100% des vieljährigen Monatsniederschlages gefallen.
Deutlich zu trocken bleib es bisher nur im Norden sowie in Teilen
Ostdeutschlands. In der Alpenregion ist bezüglich der des
Referenzzeitraums 1961 bis 1990 mit mehr als der doppelten Regenmenge
zu rechnen.

Nach einer kurzen Wetterberuhigung von Mittwoch bis Freitag soll
schon ab Samstag von Westen und Nordwesten her erneut eine
unbeständige, zu Schauern und Gewittern neigende Witterungsperiode
folgen.

Der diesjährige Mai zeigt sich daher bezüglich der Temperatur und der
Sonnenausbeute nicht als Wonnemonat, dafür lieferte er für
Pflanzenwelt den wichtigen Regen.


Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.05.2019

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