DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
17-03-2019 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 17.03.2019 um 10.30 UTC
Zunächst ruhiges Frühlingswetter, ab Freitag wahrscheinlich wieder unbeständiger
und kühler.
__________________________________________________________
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 24.03.2019
Am Mittwoch zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums gelangt Deutschland
zunehmend in den Einflussbereich eines kräftigen Rückens, der sich vom
Ostatlantik über Frankreich und die Britischen Inseln hinweg bis in den Westen
Polens schiebt. Mit diesem Vorstoß wird der Abschnürungsprozess des
Langwellentroges über Osteuropa weiter vorangetrieben, sodass sich über dem
westlichen Mittelmeer sowie Nordafrika ein Cut-Off bildet, dessen Kern am
Mittwoch etwa an der Küste Algerien liegt. Am Boden korreliert der Höhenrücken
mit einer Bodenhochdruckzone, die sich vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer
erstreckt und ein Zentrum an der Westküste Frankreichs aufweist. Deutschland
liegt dabei in einer westlichen bis nordwestlichen Bodenströmung, mit der
zunehmend milde Meeresluft ins Land transportiert wird. Vor allem im Norden, im
Hochrandbereich, können mit durchziehenden Tiefausläufern noch leichte
Niederschläge fallen.
Am Donnerstag stärkt sich der Rücken weiter, indem er seine Ausdehnung insgesamt
vergrößert. Die Achse verläuft dabei direkt über Deutschland hinweg. Am Boden
verlagert sich der Schwerpunkt des Bodenhochs zwar leicht ostwärts, Deutschland
verbleibt aber noch auf der Vorderseite. Dabei ist im Norden und der Mitte
weiter eine westliche Grundströmung aktiv, während im Süden eine östliche
Windkomponente einsetzt.
Zum Freitag verlagert sich der großräumige und kräftige Rücken nach Süden,
sodass in der Höhe bei weiter antizyklonalen Verhältnissen eine nordwestliche
Strömung über Deutschland wirksam wird. Im Bodenniveau ist in die Höhenströmung
eine Kaltfront eingebettet, die das Land von Nord nach Süd überquert. Zwar
werden die Hebungsprozesse durch die Höhenstrukturen gedämpft, dennoch können im
Frontalbereich leichte Niederschläge auftreten. Gleichzeitig sinken die
Temperaturen im 850 hPa Niveau vor allem im Osten von 2 bis 5 Grad am Donnerstag
auf -3 bis 2 Grad am Freitag ab.
Zum Samstag schwächelt der Rücken auf seiner Nord- bzw. Nordostflanke weiter.
Während er seinen Einflussbereich über nahezu das gesamte Südwesteuropa
ausdehnen kann, können ausgehend von einem Höhentief über dem Nordmeer
kurzwellige Anteile mit der nordwestlichen Höhenströmung auch über Deutschland
hinwegschwenken. Das Bodenhoch zieht sich entsprechend der Höhenprozesse
ebenfalls aus Mitteleuropa zurück und ist mit Zentrum auf dem Ostatlantik zu
finden. Der Kurzwellentrog korreliert am Boden mit einem Frontensystem, das
Deutschland südostwärts überquert. Rückseitig der Kaltfront wird demnach
Polarluft nach Deutschland geführt, die das gesamte Land flutet und die
Temperaturen auf 850 hPa auf Werte zwischen +4 am Alpenrand und -6 Grad im
Norden purzeln lässt.
Am Sonntag liegt Deutschland nach Leseart des det. Modells des IFS auf der
Vorderseite einer hochreichenden Antizyklone mit Schwerpunkt an der
Nordwestküste Frankreichs. Unter Zufuhr der polaren Luftmasse in einem
nordwestlichen Strömungsmuster liegen die 850 hPa Temperaturen landesweit nur
noch zwischen 0 und -7 Grad. Sowohl höhenkalte Luft in der Nacht zum Sonntag als
auch schwache kurzwellige Anteile induzieren Hebung, sodass leichte Schauer zu
erwarten sind.
__________________________________________________________
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des aktuellen 0 UTC Laufes des EZ ist bis einschließlich Freitag
als gut bis sehr gut zu bezeichnen. Ab Samstag zeigen der gestrige 12 UTC sowie
der aktuelle 0 UTC Lauf signifikante Unterschiede zum gestrigen 0 UTC Lauf.
Während das IFS vor 24 Stunden noch bis Sonntag hochreichenden Hochdruckeinfluss
simulierte, lassen die letzten beiden det. Modellläufe schon ab Freitagabend in
der Höhe von Nordwesten einen kurzwelligen Anteil über Deutschland
hinwegschwenken, der am Boden mit einer Kaltfront korreliert. Entsprechend sind
in den neusten Interpretationen des IFS ab der Nacht zum Samstag mit
Kaltfrontpassage geringe Niederschläge prognostiziert.
__________________________________________________________
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis einschließlich Donnerstag zeigen die Globalmodelle führender Wetterdienste
(ICON, IFS, GFS, GEM, UKMO) ähnliche großskalige Strukturen. Erste Abweichungen
gibt es vorwiegend beim Timing und Ausprägung von Kurzwellentrögen nördlich der
Hochdruckbrücke, die alle Modelle vom Atlantik über Deutschland und den
Alpenraum bis nach Südosteuropa zeigen.
Ab Freitag geben die Interpretationen der Globalmodelle untereinander größere
Abweichungen wieder, die vor allem im Bodenniveau ausgeprägt sind. In der Höhe
wird von ICON, GFS und IFS noch mehr oder weniger intensiv der Rücken simuliert,
wobei die Rückenachse beim IFS schneller als beim GFS und ICON südwärts
vorankommt. Während dementsprechend bei ICON und GFS durchweg weiter
antizyklonale Verhältnisse vorliegen, wird die Strömung beim IFS Richtung
Nordostdeutschland schon stark geglättet. Auch am Boden spiegeln sich die
Abweichungen zwischen GFS und ICON zu IFS wieder. Beim ICON und dem GFS ist in
Mitteleuropa auch am Freitag ein großräumiges Hoch wetterbestimmend. Beim IFS
verschiebt sich der Schwerpunkt dagegen schon nach Westen, sodass Deutschland
allmählich auf die Vorderseite der Antizyklone gerät. Von Norden her können
damit einhergehend Tröge ihren Einflussbereich bis nach Mitteleuropa ausweiten.
Am Samstag nehmen auch die Unterschiede zwischen GFS und ICON zu, wobei beide
Modelle über das Wochenende hinweg weiterhin antizyklonale Strukturen in der
Höhe aufweisen. Vor allem das GFS zeigt über dem Alpenraum ein kräftiges
Höhenhoch. Da das Bodenhoch den Schwerpunkt über Polen hat, würde Deutschland
nach Leseart des GFS sogar in einer südlichen Strömung liegen. Allerdings wird
vom amerikanischen Modell ein zweites Hoch über Irland simuliert, welches im
weiteren Verlauf die Kontrolle übernimmt. Der Norden des Landes kommt dabei
vorübergehend in den Einflussbereich eines Bodentroges. Auch beim ICON, wo das
Bodenhoch etwas schwächer prognostiziert ist, wären bei einem Schwerpunkt
östlich von Deutschland zunächst eher südliche bis südwestliche Winde zu
erwarten, bevor dessen Schwerpunkt sich ebenfalls Richtung Großbritannien
verlagert. Vor allem am Freitag und Samstag zeigt das IFS ganz andere
Strukturen. Es vollzieht den Übergang zu einer hochreichenden Antizyklone über
Westeuropa deutlich rascher und intensiver. Einhergehend würde wie schon
beschrieben die Luftmasse polaren Ursprungs mit einer nordwestlichen Strömung
wesentlich frühe in Deutschland eintreffen. Während beim IFS die Temperaturen in
850 hPa am Samstag schon landesweit zwischen +5 und -5 Grad liegen, sind es beim
GFS noch +4 bis +8 Grad und beim ICON sogar +5 bis +12 Grad. Auch potenzielle
Niederschläge gibt es nur bei der Simulation des IFS in Deutschland, GFS und
ICON lassen es über das Wochenende hinweg trocken. Das GEM zeigt eine zum GFS
sehr ähnliche Entwicklung, das UKMO liegt bevorzugt auf der ICON-Linie. Das IFS
stellt somit am heutigen Sonntag eine Einzellösung dar.
__________________________________________________________
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Auswertung der Rauchfahnen verschiedener Städte zeigt, dass abgesehen von
einzelnen Ausreißern die Mehrheit der Member bis Freitag einen ähnlichen
Temperatur- und Geopotentialverlauf zeigen. Entsprechend kann von einer recht
hohen Vorhersagegüte ausgegangen werden, wobei die Unsicherheiten im Norden
etwas größer ausfallen als nach Süden zu. Ab Freitag nimmt der Spread der 850
hPa Temperatur, ab Samstag auch der Spread des 500 hPa Geopotentials signifikant
zu. Alle Modellläufe simulieren zwar einen Übergang zu tieferem Geopotential mit
gleichzeitigem Temperaturrückgang, was wiederum zu den Interpretationen passt,
wo Deutschland auf die Vorderseite des Hochs in eine nordwestliche Strömung
gelangt. Abweichungen zwischen den Membern bestehen vor allem beim Timing.
Insgesamt gibt es eine Variabilität von bis zu zwei Tagen von Freitag bis
Sonntag. Somit sind auch die Lösungen vom ICON und UKMO im ENS des EZ enthalten.
Die Varianten des GFS und des GEM werden jedoch nur bedingt im Ensemble des
ECMWF abgebildet. Die Meteogramme des EZ bilden aufgrund großer Boxplots ab
Freitag ebenfalls die Unsicherheiten ab.
Die Clusteranalyse beschreibt die Variabilität der Geopotential- und
Luftdruckmuster im Zeitraum +72 bis +96h mit fünf Cluster. Während die Cluster
1, 2 und 4 im gesamten Zeitraum ein Blocking zeigen, entsprechen die Strukturen
der Cluster 3 und 5 eher einer positiven NAO. Die großskaligen Geopotential- und
Luftdruckverteilungen werden allerdings von allen Interpretationen vergleichbar
dargestellt. Die Cluster 3 und 5 beschreiben dabei eine besonders stark
ausgeprägte zonale Strömung, die im Verlauf vom Atlantik teils bis nach
Mitteleuropa reicht (Cluster 5). Die Unterschiede zwischen den Clustern 1 und 2
sowie 4 beziehen sich überwiegend auf die Lage und die Ausprägung des Troges
über Osteuropa bzw. des Cut-Offs über dem westlichen Mittelmeer. Die stärkste
blockierende Wirkung wird von Cluster 4 wiedergegeben, in dem sich das Höhenhoch
stabil über den gesamten Zeitraum etwa über den Beneluxstaaten und der südlichen
Nordsee einnistet. Sowohl der Haupt- als auch der Kontrolllauf befinden sich in
Cluster 2, mit insgesamt 12 Membern. Cluster 1 verfügt insgesamt über 17
Repräsentanten.
Im Zeitraum +120 bis 168h werden die Geopotential- und Luftdruckmuster des ENS
in 4 Cluster eingeordnet, die zunächst alle das Schema einer positiven NAO
repräsentieren. Zum Ende des Zeitraums beschreiben Cluster 1 und 2 zunehmend das
großräumige Schema eines atlantischen Rückens, während Cluster 3 an der
positiven NAO festhält und Cluster 4 wieder zum Blocking umschwenkt. Im
Vergleich zu den ersten drei Clustern, die etwa gleichwertig verteilt sind und
insgesamt über 43 Member des ENS verfügen, hat Cluster 4 kaum Gewicht. Kontroll-
und Hauptlauf sind in Cluster 1 zu finden, welches analog zum det. Lauf schon ab
Freitag den Übergang der Wetterlage zeigt. Bei Cluster 2 würde zunächst nur der
Norden in den Frontalbereich rücken. In diesem Cluster wäre der Übergang zu
einer Nordwestwetterlage erst zum Sonntag in vollem Gange, dafür aber sogar
stärker ausgeprägt als bei Cluster 1. Bei Cluster 3 ist der Übergang selbst am
Sonntag nicht vollständig abgeschlossen. Stattdessen schwenkt lediglich ein
schwacher Trog über Deutschland hinweg.
In der erweiterten Mittelfrist im Zeitraum von +192 bis +240h repräsentieren
sechs Cluster die Abweichungen der Member bei der Geopotential- und
Luftdruckverteilung. Die überwiegende Mehrheit der ENS-Lösungen (33 Member der
Cluster 1-3) präferiert mit hohem Geopotential über den Britischen Inseln eine
Nordwest- bis Nordlage, bei der kalte Polarluft weit nach Süden vordringen
würde. Cluster 4 mit 7 Member kommt mit einer Troglage über Mitteleuropa um die
Ecke und Cluster 5 zonalisiert die Strömung wieder. Cluster 6 würde uns ein
kräftiges Frühlingshoch bescheren, allerdings wird diese Variante nur von 4
Membern gestützt.
_________________________________________________________
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Vom EFI werden bezüglich der Modellklimatologie keine warnwürdigen
Witterungsbedingungen erwartet. Geringe Hinweise für markante Böen gibt es im
Ostseeumfeld vom C-Leps am Donnerstag und vom EZ-EPS am Samstag mit Werten
zwischen 10 und 20%. Am Sonntag werden vom EZ-EPS im gesamten Norden und Osten
Wahrscheinlichkeiten von 10 bis 50% für Böen der Stärke 8 bis 9 gezeigt. Am
Sonntag gibt es zudem am Alpenrand ein Signal für Schneefall, der im Stau auch
markant ausfallen könnte. Gestützt wird dies vom EZ-EPS mit Wahrscheinlichkeiten
zwischen 10 und 30% allerdings auf Österreicher Seite.
________________________________________________________
Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, ICON-EPS
________________________________________________________
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel