Thema des Tages

17-03-2019 08:50

Numerische Wettervorhersage - Wetteranalyse als Basis einer jeden
Wetterprognose

Um die physikalischen Abläufe, die für das Wetter verantwortlich
sind, mathematisch beschreiben und vorhersagen zu können, verwendet
man komplexe Computerprogramme, die sogenannten numerische
Wettervorhersagemodelle. Bevor mit diesen Modellen überhaupt das
Wetter für die Zukunft vorhergesagt werden kann, muss man zu
allererst wissen, wie das Wetter - oder besser gesagt der Zustand der
Atmosphäre - zum aktuellen Zeitpunkt aussieht. Was auf den ersten
Blick ganz banal erscheinen mag, ist in der Realität gar nicht so
leicht zu erfassen. Für eine exakte Wetteranalyse würde man rund um
den Globus zu Land wie zu Wasser unendlich viele Wetterstationen
benötigen, die nicht nur Wind, Temperatur, Luftdruck, Feuchte und
Niederschlag am Boden, sondern auch in unterschiedlichen
Atmosphärenhöhen messen müssten. Außerdem müssten diese Messungen
unendlich genau sein. Beides ist völlig utopisch.


Am Boden hat man zumindest auf dem Festland noch "ganz gute Karten".
Wetterstationen messen nach weltweit einheitlichen Standards alle
wichtigen Wetterparameter. Allerdings sind diese Stationen von Staat
zu Staat räumlich sehr unterschiedlich verteilt. Mit insgesamt über
500 hauptamtlichen und automatischen Wetterstationen und 931
Niederschlagsstationen (Stand: Juli 2017) besitzt der Deutsche
Wetterdienst in Deutschland eines der dichtesten Messnetze weltweit.
Aber selbst dieses reicht bei Weitem nicht aus, um die Atmosphäre in
Bodennähe exakt beschreiben zu können. Gerade kleinräumige Phänomene
wie Gewitter mit Sturmböen, Platzregen oder Hagel ziehen nicht selten
an Wetterstationen vorbei und werden so nicht erfasst. Noch
problematischer wird es, wenn man die Kontinente verlässt. Auf den
Ozeanen, die flächenmäßig den größten Teil unserer Erde ausmachen,
sind noch deutlich weniger Wetterinformationen verfügbar. Lediglich
einige Bojen an der Meeresoberfläche und Schiffe senden Wetterdaten
ins globale Messnetz.


Aber es sind nicht nur die bodennahen Messdaten von Bedeutung. Für
die Wetterprognose mindestens genauso wichtig ist der der Zustand der
Atmosphäre in der Höhe. Klassisch bestimmt man diesen mit sogenannten
Radiosonden. Diese mit Helium gefüllten Wetterballons lässt man mit
Messgeräten bestückt mehrmals am Tag in atmosphärische Höhen bis etwa
35 km aufsteigen. Entlang ihrer Flugbahn liefern sie Informationen
darüber, wie sich zum Beispiel Temperatur und Feuchte mit zunehmender
Höhe verändern. Jedoch ist die Anzahl an Radiosondenaufstiegen viel
geringer als Bodenmessstationen und diese allein würden für eine
adäquate Wetteranalyse nicht ausreichen. In Deutschland gibt es
insgesamt 11 Standorte, an denen regelmäßig Ballonaufstiege
stattfinden. Zusätzlich zeichnen auch Flugzeuge Wetterdaten auf.


Aber welche Möglichkeiten gibt es noch, um an die für Wettermodelle
notwendigen dreidimensionalen Informationen zu kommen? Allen voran
sind hier Wettersatelliten zu nennen. Diese bieten viele Vorteile.
Sie können großräumige Wettersysteme genauso erfassen wie
kleinräumige Unwetter. Zudem überblicken sie die riesigen
meteorologischen Datenwüsten der Erde. Die geostationären Satelliten
durchleuchten aus einer Höhe von knapp 35800 km die Atmosphäre im
sichtbaren und infraroten Bereich. Während man im sichtbaren Kanal
die Verteilung der Wolken von oben sehen kann, liefert uns die
Infrarotstrahlung Informationen zur Verteilung von Temperatur und
Wasserdampf in der Atmosphäre. Durch aufwändige Nachbearbeitung
dieser Satelliteninformationen erhalten wir Meteorologen so ein
dreidimensionales Bild der globalen Wetterküche, inklusive
Temperatur, Feuchte, Niederschlag, Windgeschwindigkeit und
Windrichtung. Der einzige Haken an der Sache ist, dass diese
Informationen zwar räumlich lückenlos, aber recht ungenau sind - also
genau das Gegenteil von erdgebundenen Messstationen, die zwar
ziemlich präzise messen, aber nur punktuell vorhanden sind.


Kommen wir nun zurück zur Wettervorhersage. Bevor mit der Berechnung
des zukünftigen Wetters begonnen werden kann, wird eine sogenannte
Modellanalyse erstellt. Dazu nimmt man als grobe Abschätzung die
Vorhersage der vorherigen Modellberechnung für den aktuellen
Zeitpunkt und korrigiert diese mit den oben genannten Messungen.
Dieser Prozess wird Datenassimilation genannt. Dadurch erhält man ein
bestmögliches Abbild der Atmosphäre, das als Startpunkt für die
numerische Wetterprognose dient. Da dieses Abbild aber nie exakt
bestimmbar ist, versteht es sich von selbst, dass auch keine
Vorhersage exakt sein kann. Dass dazu auch noch zahlreiche
Vereinfachungen bei den eigentlichen Modellberechnungen selbst
hinzukommen, wurde bereits in vorherigen Themen des Tages erklärt
(siehe unten angefügte Links). Das Wetter wird also auch in Zukunft
immer für Überraschungen gut sein.


Dr. rer. nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.03.2019

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