DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
10-03-2019 12:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 10.03.2019 um 10.30 UTC
Weiterhin Großwetterlagentypus Wz (West zyklonal) mit Wind/Sturm und
wiederholten, teils gewittrigen Niederschlägen bei schwankender
Schneefallgrenze.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 17.03.2019
Schon der flüchtige und am Sonntagmorgen vielleicht etwas trüber als gewohnt
ausfallende Blick auf die 16er-Blätter des IFS (ECMF) von heute 00 UTC
(16er-Blätter sind übrigens auf Papier ausgedruckte kleine
Vorhersage-Wetterkarten (16 Stück pro Seite) mit verschiedenen meteorologischen
Parametern wie Geopotenzial 500 hPa, Luftdruck, Temperatur 850 hPa, rel. Feuchte
700 hPa) zeigt uns ziemlich eindrucksvoll, dass die aktuell andauernde zyklonale
Westwetterlage in die Verlängerung und - um in der Fußballersprache zu bleiben -
wohl auch noch ins Elfmeterschießen geht. Oder mit anderen Worten, über den
gesamten Mittelfristzeitraum hinweg werden uns kräftige atlantische
Tiefdruckgebiete abwechselnd mit milderen und kälteren, aber meist feuchten
Luftmassen versorgen, in denen es wiederholt zu teils gewittrigen Niederschlägen
mit schwankender Schneefallgrenze kommt. Begleitet wird das Ganze von einem
lebhaften, teils stürmischen westlichen Wind, der vielleicht nicht mehr ganz so
heftig ausfällt wie in weiten Teilen Deutschlands am heutigen Sonntag (Vorsicht,
Überraschungen jederzeit möglich), auf der anderen Seite aber auch nicht
wirklich zur Ruhe kommt.
Nun kann man Westwetterlagen mögen oder auch nicht - immerhin bedeuten sie für
die Vorhersagemeteorologen ´ne Menge Arbeit -, wir sollten aber wohlwollend zur
Kenntnis nehmen, dass es sie überhaupt noch gibt. Ohne die Chroniken an dieser
Stelle aufzuschlagen ist doch in den letzten Jahren der allgemeine Eindruck
entstanden, dass Westwetterlagen eher rar geworden sind und solch lang
andauernde wie diese schon gar. Genießen wir also - zumindest aus rein
synoptischen Gesichtspunkten - auch in den nächsten Tagen das wechselhafte und
dynamische Naturschauspiel mit nur geringem Einschlafpotenzial.
Die Details:
Am kommenden Mittwoch, zu Beginn des offiziellen mittelfristigen
Prognosezeitraums, befindet sich Deutschland unter der Ägide eines
hochreichenden Sturmtiefs, das im Laufe des Tages von Schottland her via Jütland
den Kattegat ansteuert. Der Startwert im Kernbereich liegt bei stattlichen 970
hPa, bevor sich das Tief bis Tagesende auf rund 990 hPa auffüllt. Das ändert
aber nichts an der Tatsache, dass das Tief weiterhin über ausreichend Power
verfügt, uns den ganzen Tag über zu unterhalten. Unter dem Strich bedeutet das
ein frischer bis stürmischer Südwest- bis Westwind sowie - im Zusammenspiel mit
einem von Westen übergreifenden Höhentrog und der damit einfließenden, labil
geschichteten subpolaren Meeresluft (T850 -5 bis -2°C, 500 hPa knapp unter
-30°C) - eine rege Schaueraktivität (außer im Südosten) mit kurzen Gewittern und
sinkender Schneefallgrenze auf etwa 600 bis 400 m. Wo letztlich wie viel Schnee
liegenbleibt und ob es auch mal weiter runter schneit (am ehesten in der Nacht),
ist z.Zt. noch unsicher.
Am Donnerstag löst sich das Bodentief irgendwo zwischen Schweden und Finnland
auf, während der Höhentrog langsam aber sicher nach Osten schwenkt. Ihm folgt
ein flacher Rücken, der zwar von Westen her auf den Vorhersageraum übergreift,
dem es aber nicht gelingt, die Gemüter bei uns zu beruhigen. Zum einen bleibt
zwischen dem etwas nach Osten verschobenen Azorenhoch und einem neuerlichen
Sturmtief südlich Islands eine stramme, sich zum Abend und in der Nacht wieder
verstärkende westliche Grundströmung erhalten. Zum anderen wird der Rücken von
kräftiger WLA überlaufen, die auf der einen Seite zwar eine Stabilisierung der
Schichtung bringt, auf der anderen Seite aber auch alsbald neuen (skaligen)
Regen generiert, der von Westen her Deutschland erfasst.
Die WLA kündigt zudem die Annäherung einer Warmfront an, die zum o.e. neuen Tief
südlich von Island gehört. Während die Front den Vorhersageraum in der Nacht zum
und am Freitag mit teils kräftigen Regenfällen ostwärts überquert, zieht das
Tief mit einem Kerndruck von unter 965 hPa über die Färöers hinweg in Richtung
südnorwegische Westküste. Vorübergehend gelangt wieder ein Schwall milderer
Meeresluft zu uns, in der die 850-hPa-Temperatur auf 0 bis +2°C und die
Schneefallgrenze auf etwa 1000 m oder etwas darüber steigt.
Am Nachmittag und Abend macht sich dann die Kaltfront des gesamten
Frontensystems von der Nordsee her auf den Weg nach Süden bzw. Südosten, wo sie
zunehmend auf "ungünstiges", weil strömungsparalleles "Gelände" trifft, in dem
ein Weiterkommen in Richtung Alpen erheblich erschwert ist. Hinzu kommt die
Tatsache, dass sich über dem nahen Ostatlantik eine flache Welle andeutet, die
in der Nacht zum Samstag die Biscaya erreicht und tagsüber dann knapp nördlich
des Alpenhauptkamms rasch ostwärts ziehen soll. Diese Welle fungiert als
zusätzlicher Bremsklotz für die Kaltfront, da die Strömung schon weit im Vorfeld
geringfügig rückdreht.
Wie auch immer, Tatsache ist, dass besagtes Sturmtief am Samstag das
skandinavische Festland erreicht, wo es sich auffüllt, aber nicht auflöst.
Vielmehr nimmt es eine zunehmend meridionale Stellung ein, wobei sich mehrere
Teilkerne bilden. Südlich davon wird im Laufe des Wochenendes (vor allem am
Sonntag) nun wieder etwas kältere Meeresluft nach Deutschland gesteuert (T850 am
Sonntagabend -1 bis -5°C), die uns die Fortdauer des wechselhaften Wetters
garantiert. Allerdings hält sich die Labilität zunächst noch in Grenzen, da
höhenkalte Luft nebst neuem Potenzialtrog (beides mit stark positiv geneigter
Achse ausgestattet) wohl erst im Laufe des Sonntags und in der Nacht zum Montag
von Westen bzw. Nordwesten auf den Vorhersagerum übergreifen.
Zu Beginn der neuen Woche (erweiterte Mittelfrist) schwenken Potenzial- und
thermischer Trog durch, rückseitig bleibt die Wetterlage aber auf West- bis
Nordwest zyklonal gepolt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Nach Sichtung des neuesten Modelllaufs von IFS (ECMF) und anderer Globalmodelle
(ICON, GFS) von heute 00 UTC ist unstrittig, dass der gesamte
Mittelfristzeitraum weiterhin im Zeichen einer sehr aktiven Westwetterlage
steht. Die bei solchen Großwetterlagen naturgemäß auftretenden Unschärfen in der
Modellkonsistenz (hervorgerufen vor allem durch Phasen- und Timingunterschiede
der beteiligten kurzen Wellen) sind gar nicht mal so groß. Zwar werden der
Niederschlag am kommenden Freitag etwas intensiver und der am kommenden
Wochenende vom Atlantik übergreifende Höhentrog etwas langsamer simuliert, was
aber alles im Rahmen liegt und keine substanzielle Änderung des bisherigen
Vorhersagekonzepts erfordert.
Somit dauert der stark wechselhafte, häufig windige bis stürmische
Witterungscharakter mit wiederholten Niederschlägen (plus einzelner Gewitter)
und schwankender Schneefallgrenze bis auf Weiteres an.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Wie zuvor bereits angedeutet, ziehen die gängigen Globalmodelle an einem Strang.
Das gilt auch für die bis hierher noch nicht erwähnten "Kanadier" (GEM) und
"Briten" (UKMO). Dass die Diskrepanzen nach hinten raus (vor allem am
Wochenende) allgemein zunehmen, ist menschlich, sofern man das bei
(menschgemachten) Computermodellen sagen kann (betrifft z.B. die o.e. flache
Welle, die nach IFS am Samstag über Süddeutschland ziehen soll, in anderen
Modellen aber nicht so richtig auftaucht). Eine gänzlich andere Großwetterlage
ergibt sich aus diesem Tatbestand aber nicht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen ähnlich wie
gestern den klassischen Verlauf einer Westwetterlage, der von stark
oszillierenden Kurvenverläufen der Temperatur (850 hPa) und des Geopotenzials
(500 hPa) mit täglich wiederkehrenden Niederschlagspeaks geprägt ist. Dabei hält
sich die Streuung etwa bis Freitag in Grenzen, bevor das Ganze im Laufe des
nächsten Wochenendes etwas auffächert. Gleichwohl lässt sich auch dann noch ein
eindeutiger Trend ablesen mit einer bis Montag andauernden Abkühlung und einem
bis Sonntag währenden Potenzialrückgang. Die EPS-Rauchfahnen von GFS verlaufen
übrigens ähnlich, allerdings beginnt die Streuung (vor allem bei T850) schon
früher als bei GFS, was für gewisse Timingprobleme spricht.
Schaut man sich die Clusteranalyse von IFS-EPS an, kommt man für den Zeitraum
T+120...168h (Freitag bis Sonntag) auf drei Lösungen, die sich für unseren Raum
sehr ähneln. Demnach greift am Sonntag der o.e. Höhentrog von Nordwesten her auf
Deutschland über. Ab Montag (T+192...240h) verringert sich die Clusterzahl auf
zwei, beide eingebettet im Klimaregime "Positive NAO". 39 Lösungen und der
Kontrolllauf tendieren nach hinten raus eher in Richtung "leicht antizyklonal",
während die restlichen 12 Mitglieder plus Hauptlauf sich auf die zyklonale Seite
schlagen.
FAZIT: Sowohl deterministisch als auch probabilistisch spricht trotz der
üblichen Unschärfen alles für die Fortdauer der aktiven Westlage.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Bei der mittelfristig apostrophierten Wetterlage stehen einmal mehr Wind/Sturm
und Niederschlag/Gewitter als die meteorologischen Parameter im Fokus, die es zu
beachten gilt. Dabei gilt es beim Niederschlag nicht nur die Intensität sondern
bei stark schwankender Schneefallgrenze auch die Phase im Auge zu behalten.
Scannt man die probabilistischen Vorhersagetools auf mögliche
Überschreitungswahrscheinlichkeiten von Warnschwellen ab, findet man keine
klaren Signale. Gleichwohl lässt sich nicht ausschließen, dass in den Hochlagen
der Mittelgebirge sowie an den Alpen mal mehr als 10 cm Neuschnee innert 12 h
zusammenkommen. Eine mögliche markante Dauerregenlage in den Staulagen einiger
Mittelgebirge wäre nach heutigem Stand am ehesten am Freitag gegeben (starke WLA
plus Stau), wenn auch mit nicht allzu hoher Wahrscheinlichkeit.
Kurze Gewitter (evtl. mit Graupel und/oder (schweren) Sturmböen) sind immer dann
ins Kalkül zu ziehen, wenn höhenkalte Luft im Spiel ist, also vor allem am
Mittwoch und bedingt auch noch am Donnerstag.
Beim Wind zeichnet sich weiterhin reichlich Bewegung ab, allerdings wohl nicht
in dem Maße wie heute, wo ja das kleine Wellentief EBERHARD über die Mitte
Deutschlands ostwärts zieht. Gleichwohl ist man bei Westlagen nie vor
kurzfristigen Überraschungen gefeit und die Prognose für heute ausgehend von den
vergangenen Tagen hat ja eindrucksvoll gezeigt, wie schwer und unsicher manchmal
die Prognose solch kurzwelliger Strukturen ist.
Stand jetzt dürften der Mittwoch und evtl. auch noch der Freitag die Tage sein,
wo windtechnisch am meisten los ist. Am Mittwoch kommt zu dem veritabel
gerechneten Gradienten auch noch die Labilität der einströmenden subpolaren
Luftmasse dazu, was die Böigkeit forciert. Es muss verbreitet mit Böen 8-9 Bft,
auf den Bergen bis zu 12 Bft gerechnet werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modell-Mix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann