Thema des Tages
23-02-2019 09:20
Die Bora schlägt wieder mit Macht zu!
Das Zusammenspiel von Tief "Xaver" mit Kern über dem Mittelmeer
zwischen Sizilien und Griechenland und dem kräftigen Hoch "Frauke"
über Polen führt in der Balkanregion zu beachtlichen
Luftdruckgegensätzen, die schließlich einen strammen Nordostwind
generieren (vgl. Graphik 1). Zudem konnten auf der Ostseite von
"Frauke" sehr kalte polare Luftmassen weit nach Süden vordringen. Die
Geburtsstunde der sogenannten "Bora", einem kalten trockenen Fallwind
an der istrischen und dalmatinischen Küste. Der Name stammt dabei aus
dem griechischen und wird im deutschen als "kalter Windstoß"
übersetzt.
Am heutigen frühen Samstagmorgen erreichte die Bora an der Adriaküste
Kroatiens Windspitzen von 191 km/h an der Station Makarska (Koatien),
in Split (Kroatien) waren es gleichzeitig noch 176 km/h. Im deutlich
weiter südlich gelegenen Bar (Montenegro) wurden immerhin noch 119
km/h registriert (vgl. Graphik 2). Die hohen Windgeschwindigkeiten
gehen dabei noch mit Temperaturen einher, die im Küstenbereich um den
Gefrierpunkt, im Binnenland bei mäßigen Frostgraden lagen (vgl.
Graphik 3). Der Windchill führte schließlich dazu, dass dort gefühlte
Werte zwischen -9 bis -15, im Bergland teils bis -21 Grad erreicht
worden sind.
Die Voraussetzung für die Entstehung von Bora-Winden ist ein weit
nach Süden vorangegangener Kaltluftausbruch. Passt dann noch die
Verteilung von Hoch- und Tiefdruckgebieten und somit der
vorherrschenden Windrichtung kann die kalte schwere Festlandsluft vom
höher gelegenen Binnenland zur Adriaküste hinab schießen. Trifft der
Wind auf die vielen Schluchten zwischen den Gebirgsketten, wird er
zusätzlich düsenartig verstärkt. Daher treten diese kalten Fallwinde
auch hauptsächlich im Winter auf. Bei vergleichbaren
Rahmenbedingungen können Bora ähnliche Wind neben der Ostküste der
Adria noch an der russischen Schwarzmeerküste bei Noworossijsk, auf
Nowaja Semlja, in Skandinavien und in der Kanto Ebene Japans
vorkommen.
Die Bora kann insgesamt als regional begrenzter, sehr stürmischer und
stark böiger Fallwind bezeichnet werden. In Einzelfällen sind dabei
durchaus Spitzenwindgeschwindigkeiten bis zu 250 km/h möglich. Im
Winter kann die Bora je nach Wetterlage bis zu 14 Tage anhalten,
während die deutlich schwächere Schwester im Sommer meist nur wenige
Stunden anhält.
Die meist starken Ereignissen im Winter beeinflussen natürlich auch
das Leben in den betrachteten Regionen. Vor allem die Infrastruktur
ist von den starken Windböen betroffen! Die wichtigste Autobahn des
Landes, die das Inland mit den Küstenregionen verbindet, kreuzt einen
der Hauptzüge der dinarischen Alpen, das Velebit. Dort, wo sie sich
in Serpentinen den Berg hoch schlängelt, muss sie regelmäßig voll
gesperrt werden, da selbst schwerbeladene LKWs nicht vor der Bora
sicher sind und umgeweht werden. Aber auch im Flugverkehr und in der
Industrie sind deutliche Einschränkungen zu verzeichnen.
Schon Karl Marx beschrieb im Jahre 1856 ein überwiegend zutreffendes
Bild des kalten Fallwindes:
"Der Bora, der große Störenfried dieses Meeres, erhebt sich stets
ohne das kleinste Warnungszeichen; mit der Gewalt eines Tornados
überfällt sie die Seeleute und gestattet nur dem Kühnsten, auf Deck
zu bleiben. Manchmal tobt sie wochenlang und am heftigsten zwischen
der Bucht von Cattaro und dem Südende von Istrien. Der Dalmatiner
aber ist von Kindheit an gewöhnt, ihr zu trotzen, er wird hart unter
ihrem Atem und verachtet die armseligen Winde anderer Meere."
[Der Seehandel Österreichs. In: Marx-Engels-Werke. Band 12. Dietz,
Berlin (Ost) 1961, S. 88-94]
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.02.2019
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