DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
21-02-2019 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 21.02.2019 um 10.30 UTC
Erneut Großwetterlage HM (Hoch Mitteleuropa) mit großen Tagesgängen der
Temperatur (tagsüber mild bis ungewöhnlich mild, nachts teils frostig), dabei
allgemein trocken.
__________________________________________________________
Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 28.02.2019
Ob es einem passt oder nicht, die mittelfristige Wetterprognose hat bis weit in
die kommende Woche bei uns in Deutschland nicht besonders viel Abwechslung zu
bieten. Offensichtlich hat die Atmosphäre Gefallen an durchaus ästhetischen und
künstlerisch wertvollen (in der Betrachtung der Potenzialkarten wohlbemerkt)
gefunden, die jetzt möglicherweise den ganzen Frühling und Sommer über bis in
den Herbst andauern - okay, kleiner Scherz, aber wer weiß. Tatsache ist, dass
weite Teile West- und Mitteleuropas und damit auch Deutschland weiterhin im
Zentrum des Omegas liegen und somit stark antizyklonal geprägt sind. Die
Details:
Am kommenden Sonntag reicht ein breiter Höhenrücken von Nordwestafrika bis hoch
in den fennoskandischen Raum. Zwar wird der Rücken auf seiner Nordflanke durch
einen über Skandinavien ost-südostwärts ablaufenden KW-Trog vorübergehend etwas
"abgehobelt", die Regeneration respektive Neuaufwölbung des Rückens erfolgt aber
stante pede etwas weiter westlich, sprich von UK/Irland bis hoch nach
Ostgrönland (12 UTC) bzw. zum Europäischen Nordmeer (24 UTC; da sieht man mal,
was man mit einer vernünftigen "Rückenschule" alles erreichen kann). Für
Deutschland sind die genannten Prozesse ohnehin nur von mittelbarem Interesse,
liegen wir doch genau unter dem Rücken respektive im Bereich des korrespondieren
umfangreichen Bodenhochs. Zwar verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt (knapp über
1040 hPa) etwas nach Südosten in Richtung nördlichen Balkan, sein Wirkungsradius
mit dem dazugehörigen Absinken reicht aber weiterhin weit nach Nordwesten und
somit auch zu uns. Folgerichtig steht einem überwiegend sonnigen Sonntag nichts
im Wege, auch wenn vielleicht mal ein paar hohe Wolken den Weg über die
nördlichen und östlichen Landesteile des Bundesgebietes finden. Nachdem am
Samstag vorübergehend etwas kältere Luft vor allem in den Osten und Südosten
eingeflossen ist, geht es nun wieder bergauf. Das permanente Absinken lässt die
850-hPa-Temperatur bis Tagesende auf Werte zwischen 3°C in Ostbayern und bis zu
7°C an der Grenze zu Benelux steigen, was sich freilich auch auf die
2m-Temperatur niederschlägt. Die höchsten Tageswerte dürften mit 14 oder 15°C
zwischen Kölle und Kalkar registriert werden, wohingegen es im Südosten mit rund
5/6°C thermisch noch etwas holprig zur Sache geht.
Im weiteren Verlauf der Woche tut sich wie bereits angedeutet zunächst relativ
wenig. Der Rücken verstärkt sich sogar noch etwas, was vorübergehend in die
Bildung eines eigenständigen Höhenhochs mündet (Dienstag, 00 UTC mit Zentrum
über den Ostfriesischen Inseln, bevor es wieder verschwindet). Gleichzeitig wird
das Bodenhoch retrograd, es liegt quasi bis einschließlich Mittwoch mit etwas
über 1030, anfangs sogar über 1035 hPa mitten über Deutschland. Dabei wird es in
850 hPa noch etwas wärmer und auch dort, wo sich die Menschen üblicherweise
aufhalten (grob zwischen Erdboden und 2 m Höhe, bei Dirk Nowitzki und ähnlich
gebauten Gesellen auch noch darüber), geht die Temperatur tagsüber nach oben,
auch wenn es vielleicht nicht ganz so warm wird wie in der vergangenen Woche. In
der relativ trockenen Luft gibt es einmal mehr große Tagesgänge mit verbreitet
zweistelligen Tageshöchstwerten (abzüglich dem äußersten Norden und Teilen
Südostdeutschlands, wo es häufiger auch mal nicht für 10°C oder mehr reicht) auf
der einen, aber auch kühlen bis kalten und vor allem im Süden bzw. in der Mitte
frostigen Nächten auf der anderen Seite. Bei aller Lobhudelei auf das Hoch und
seinen schönen Rücken soll nicht unerwähnt bleiben, dass es auch kleine
Schwachstellen im System gibt. So können insbesondere über den Norden und den
Osten, die ein wenig am Rande des antizyklonalen Speckgürtels liegen, zeitweise
mal mehr oder weniger dichte Wolkenfelder hinwegziehen, für Niederschlag wird es
aber nicht reichen.
Interessant könnte es ab Donnerstag werden, wenn wir uns Richtung erweiterte
Mittelfrist bewegen. In den Blickpunkt des bis dato extrem trägen
atmosphärischen Geschehens rückt ein kurzwelliger Höhentrog, der sich vom nahen
Ostatlantik dem europäischen Kontinent nähert. Zwar deutet sich im aktuellen
Lauf ein vorzeitiges Abtropfen irgendwo im Bereich der Biscaya an, trotzdem ist
das nördliche Residuum gewillt, dem Höhenrücken nicht unerhebliche
Potenzialverluste zuzufügen. Zwar flackert der Rücken am Freitag vorübergehend
noch mal etwas auf, zum Wochenende hin drückt dann eine weitere, diesmal aber
sehr breit angelegte Austrogung über dem nahen Ostatlantik und Westeuropa die
Frontalzone weit nach Süden, was am Sonntag zum GWL-Muster Ws (südliche
Westlage) führt. Na dann, schauen mer mal...
__________________________________________________________
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der aktuelle 00-UTC-Lauf von IFS (ECMF) bleibt der Linie seiner
Vorgängerversionen bis weit in die neue Woche treu. Demzufolge gibt es keinen
Grund, die hochdrucklastige Wettervorhersage der Vortage substanziell zu ändern.
Erst ab Donnerstag, wenn es in den sogenannten erweiterten Mittelfristzeitraum
geht, nehmen die Unterschiede zu. Wurde gestern noch von einer Fortdauer der
Hochdrucklage ausgegangen, zeigt der neueste Lauf deutliche Anzeichen für einen
Übergang zu einer eher zyklonal geprägten Großwetterlage (=> wechselhafter,
zeitweiliger Niederschlag). Was diese Lösung tatsächlich wert ist, muss man
abwarten.
__________________________________________________________
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Es entspricht der Erfahrung, dass sich die verschiedenen Modelle bei ähnlich
gelagerten Großwetterlagen wenig intuitiv zeigen, sprich, keine abweichenden
Ideen entwickeln und stattdessen alle an einem Strang ziehen. So ein Verhalten
ist für den Vorhersagemeteorologen zwar wünschenswert, setzt es doch die
Belastbarkeit seiner Prognose deutlich nach oben, trotzdem hätte sich der
Verfasser aus persönlichen Gründen über ein paar abweichende Szenarien gefreut.
Nun gut, was nicht ist, ist nicht, und so gilt es zu konstatieren, dass auch die
anderen etablierten Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) unzweifelhaft auf
Hochdruckeinfluss setzen. Zwar lassen sich im Detail ein paar Unschärfen
ausmachen, an der Grundausrichtung ändert das aber wenig bis nix. So lassen z.B.
GFS und in abgeschwächter Form auch ICON und GEM zu Beginn der neuen Woche ein
kleines Höhentief um den Rücken bzw. das sich etablierende Höhenhoch kreiseln,
der von der Nordsee her vorübergehend auch mal über deutsches Hoheitsgebiet
zieht. Allerdings handelt es sich bei dem Tief um einen zahnlosen Tiger, der
höchstens für ein paar Wolkenfelder (auch im Westen und Süden) gut ist, für mehr
aber nicht.
Bemerkenswert ist allerdings die Tatsache, dass die Modelle mit einem
Prognosehorizont > 168 h, nämlich GFS und GEM, zum nächsten Wochenende hin
ebenfalls am Abbau des omnipräsenten Höhenrückens interessiert sind. Beide
simulieren den Übergang zu einer Südwestlage, die bei GFS antizyklonaler
ausfällt als beim kanadischen Bruder GEM.
FAZIT: Die mittelfristige Prognose steht auf sehr soliden deterministischen
Füßen, erst ab Donnerstag nehmen die Unsicherheiten zu.
__________________________________________________________
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bei der Betrachtung der EPS-Rauchfahnen fällt zunächst mal auf, dass sich die
Kurvenscharen von IFS und GFS sehr ähnlich sehen. Danach liegt bis nächsten
Dienstag, mit Abstrichen auch noch am Mittwoch eine relativ enge Bündelung der
Temperatur- (850 hPa) und Potenzial- (500 hPa) Kurven vor (bei Pot500 ist die
Bündelung sogar extrem). Trotzdem fallen zwei Dinge auf: am Montag gibt ein bis
drei minimale Ausreißer nach unten, die für die o.e. GFS-Lösung mit dem kleinen
Höhentief von der Nordsee sprechen. Dabei wird - egal ob in Nord, Ost, Süd, West
oder Mitte - sogar geringfügiger Niederschlag gerechnet, was sogar über die
deterministische Lösung hinausgeht. Als zweites wäre zu erwähnen, dass eine gute
Handvoll Ensemblemitglieder bereits am Mittwoch beginnen, mit der Temperatur
z.T. deutlich, beim Potenzial weniger markant, nach unten auszuscheren. Danach
nimmt die Streuung dann deutlicher zu, trotzdem ist der Trend relativ eindeutig:
Temperatur- und Potenzialrückgang bei gleichzeitig zunehmender
Niederschlagsdichte.
Bei der Clusterung von IFS-EPS ergeben sich für den Zeitraum T+72...96 h (Sonntag
auf Montag) drei Cluster (20 Fälle, 17, 14 + HL/KL), die sich aber stark ähneln.
Ein von der Nordsee auf den Vorhersageraum übergreifendes Höhentief ist in allen
drei Fällen nicht wirklich zu erkennen (zum Verständnis, es handelt sich bei der
Darstellung der Cluster grundsätzlich um repräsentative Mitglieder der
jeweiligen Clustergruppe und nicht um gemittelte Muster).
Drei Cluster werden auch für Dienstag bis Donnerstag (T+120...168 h) feilgeboten,
die alle mit dem o.e. Höhenrücken starten. Bei CL 1 (21 Fälle + HL/KL) wird der
zyklonale Druck am Ende von Westen her am größten. CL 2 und 3 (jeweils 15 Fälle)
zeigen sich diesbezüglich etwas zögerlicher, wobei in CL 3 der Nordosten von
einem Randtrog und etwas kälterer Luft gestreift wird. Ab Freitag (T+192...240 h)
stehen dann nur noch zwei Cluster zur Verfügung (34 + HL/KL, 17 Fälle): CL 1
arbeitet an einem Übergang in eine Südwestlage, die mit dem bloßen Auge aber
noch als antizyklonal deklariert werden kann. Immerhin wird CL 1 dem Klimaregime
"NAO positiv" zugeordnet. Anders sieht es bei CL 2 aus, der weiter auf Omega
setzt mit einem Rücken über Mitteleuropa (Klimaregime "Blocking").
FAZIT: Bis Mitte nächster Woche wird die Prognose auch von der Probabilistik mit
nur minimalen Einschränkungen gestützt. Danach deutet der Trend mehrheitlich auf
eine Änderung hin, ohne dass aber gleich die ganz großen zyklonalen Hauer aktiv
werden.
_________________________________________________________
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Es dürfte keinen auch nur halbwegs geschulten Wetterinteressierten (nicht
despektierlich gemeint) wundern, dass aus dieser Lage signifikante
Wettererscheinungen auch beim allerbesten Willen nicht herauszuholen sind. Sogar
die anfangs im Hochschwarzwald noch auftretenden Sturmböen (8-9 Bft) aus Ost
(Bise) knicken im Laufe des Sonntags ein.
________________________________________________________
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.
________________________________________________________
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann