DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
06-02-2019 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.02.2019 um 10.30 UTC
Wechselhaft und windig, Sonntag wahrscheinlich Orkan über Teilen Deutschlands,
eher mild. Kommende Woche allmählich Wetterberuhigung und wieder kälter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 13.02.2019
Im mittelfristigen Vorhersagezeitraum dominiert anfangs eine zyklonale und eher
milde Westlage, die im Laufe der kommenden Woche allmählich in eine teils
antizyklonale Nordlage überführt wird. Dann fließt auch wieder kältere Luft ein.
Am Samstag befindet sich Deutschland noch im Bereich eines recht kurzwelligen
Troges, der im Tagesverlauf allmählich ostwärts abzieht. Das korrespondierende
Bodentief, das für einen recht kräftigen Gradienten vor allem in den nördlichen
Landeteilen sorgt, befindet sich mit seinem Zentrum über der nördlichen Nordsee.
Das Frontensystem hat Deutschland weitestgehend überquert, wird aber über dem
äußersten Süden bereits rückläufig in die Warmfront des nachfolgenden
Wellentiefs. Dieses befindet sich über dem Atlantik bereits in den Startlöchern.
Über Deutschland herrscht reges Schauerwetter, vor allem in der Mitte und im
Norden weht der Wind stürmisch. Die Luftmasse ist nicht sonderlich kalt und der
Wind sorgt für gute Durchmischung, so dass Schnee eigentlich kein Thema ist. Im
späteren Tagesverlauf beruhigt sich das Wetter in punkto Schauer und auch Wind
im Bereich eines wenig markanten, flachen Rückens etwas. Allerdings steht ja
bereits der nachfolgende Trog samt sich zunehmend intensivierendem Wellentief am
Eingang des Ärmelkanals/im Bereich Cornwall vor der Haustür und die Warmfront
greift mit Niederschlägen in der Nacht zum Sonntag von West/Südwest auf
Deutschland über.
Im Verlauf des Sonntags intensiviert sich das angesprochene Wellentief deutlich
zu einem veritablen Orkantief. Es liegt entwicklungsgünstig auf der Vorderseite
eines südwärts ausgreifenden Höhentroges und verlagert sich vom Ärmelkanal bis
Mittag zur Nordsee und weiter Richtung Südskandinavien. Auf der Vorderseite wird
sehr milde Luft herangeführt. Der Wind lebt im Westen allmählich auf. Die
Warmfrontniederschläge erreichen bald den Norden und Nordosten und von
Nordwesten greift dann ab den Mittagsstunden auch die Kaltfront über. Markanter
als die Niederschläge ist aber die Windentwicklung auf der Rückseite der
Kaltfront. Für "grob gesprochen" die Nordwesthälfte deuten sich vom späteren
Vormittag/Mittag bis in die Nacht zum Montag verbreitet schwere Sturmböen, zeit-
und gebietsweise Orkanböen an. Hinter der Kaltfront beginnt mit einfließender
Kaltluft die Schneefallgrenze allmählich zu sinken. An der Kaltfront bildet sich
im Tagesverlauf im Bereich der Trogspitze über Frankreich ein weiteres Randtief,
dadurch wird die Kaltfront nach Süden hin langsamer und bleibt über den
südlichen Landesteilen "hängen". Im höheren Bergland fällt wieder häufiger
Schnee.
Am Montag verlagert sich der weit nach Süden reichende, im Südteil allerdings
nach Westen zurückhängende Trog, ostwärts. Die zurückhängende Kaltfront bzw. das
Wellentief sorgen im Süden und vor allem im Alpenraum für weitere Niederschläge,
im Bergland teils auch mäßiger Schneefall. Über dem Atlantik dehnt sich der
nachfolgende Rücken weit nach Norden aus. Zwischen Trog und Rücken stellt sich
eine nördliche Strömung ein. Die über die Nordsee angefeuchtete und leicht
erwärmte Kaltluft strömt von Norden her nach Deutschland und sorgt für
zeitweilige Niederschläge, die aber nur im höheren Bergland als Schnee fallen.
Zum Dienstag steigt der Druck über Westeuropa noch etwas, über Mitteleuropa und
damit auch Deutschland will der Trog aber noch nicht weichen. Über Deutschland
bleibt der Zustrom von Kaltluft über die Nordsee bestehen. Gebietsweise kommt es
demnach zu Niederschlägen, im Bergland fällt Schnee, in Nordstaulagen der
Mittelgebirge kann auch etwas mehr fallen.
Am Mittwoch rückt das Trog-Keil-Muster etwas weiter nach Osten, so dass die
Niederschlagsneigung etwas zurückgeht. Die leichte Stausituation vor allem im
östlichen Mittelgebirgsraum bzw. am Alpenrand bleibt noch erhalten.
In der erweiterten Mittelfrist bleibt abzuwarten, wo sich der Schwerpunkt des
zunächst westeuropäischen Hochdruckgebietes hin verlagert. Nach aktuellem
Vorhersagestand deutet sich eine High-over-Low-Situation an. Danach tropft der
osteuropäische Trog Richtung Balkan ab und macht Platz für das Hoch, das sich
dann mit seinem Schwerpunkt zur Ostsee hin verlagert. Danach würde sich eine
Ostströmung einstellen, in der in der unteren Troposphäre kalte Festlandsluft
herangeführt wird. Kaltes und häufig ruhiges Winterwetter wären dann an der
Tagesordnung. Im Süden und Südosten Deutschland wären dann mit Hilfe des
abgetropften, südosteuropäischen Höhentiefs allerdings auch Schneefälle zu
erwarten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Wetterentwicklung in der Mittelfrist ist insoweit konsistent, dass zunächst
ein westwindgeprägter, wechselhafter Witterungsabschnitt zu erwarten ist.
Allerdings haben sich im Laufe der letzten Modellläufe im Detail deutlich
markantere Entwicklungen ergeben, so dass die Konsistenz als eher mäßig
eingeschätzt wird.
In den beiden aktuelleren Modellläufen wird ein zwar schon im gestrigen
Modellauf vorhandenes Wellentief deutlich stärker entwickelt. Danach wird für
Sonntag ein Orkantief prognostiziert, das sich vom Ärmelkanal/Cornwall (Nacht
zum Sonntag/Sonntag früh) her zur Nordsee (Sonntagabend) und relativ rasch
weiter über Südskandinavien in Richtung Finnland/Baltiukum (Montagfrüh)
verlagert. Auf der Vorderseite wird vorübergehend recht milde Luft von Südwesten
herangeführt. Nach dieser Lösung steht uns vor allem am Sonntag eine markante
Orkanlage in Teilen Deutschlands ins Haus.
Nachfolgend steigt von Westen her der Druck, über Westeuropa etabliert sich zur
Wochenmitte ein Hochdruckgebiet und es stellt sich eine Nordströmung ein, in der
wieder kältere Luft einströmt. Es bleibt aber noch abzuwarten, wo der
Hochschwerpunkt zum Liegen kommt und wie antizyklonal geprägt demnach das Wetter
zur Wochenmitte und dann auch in der erweiterten Mittelfrist ausfällt. Auch eine
High-over-Low-Situation mit Kaltluft von Osten und von Südosten hereindriftenden
Schneefällen im Alpenraum ist möglich.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Vom Grundtenor einer zyklonalen Westlage mit Wind und Regen, die kommende Woche
in eine zunehmend antizyklonale geprägte Wetterlage übergeht, ist auch in den
anderen Modellen, namentlich ICON und GFS, zu finden. Es gibt allerdings bzgl.
der Orkantiefentwicklung zum Sonntag Differenzen:
ICON hat ebenfalls ein Orkantief im Programm, das sich allerdings noch schneller
verlagert und eine etwas südlichere Zugbahn aufweist. GFS hat zeigt im aktuellen
Lauf dagegen lediglich ein Randtief mit Ähnlichkeiten zum gestrigen EZMW Lauf
von 00 UTC. Durch die relative Einigkeit von EZMW und ICON ist die mögliche
Orkantiefentwicklung also nicht von der Hand zu weisen.
Im weiteren Verlauf der Mittelfrist ähneln sich die Modelle wieder deutlicher:
Von Westen kräftigt sich ein Rücken, der weit nach Norden ausgreift und
allmählich ostwärts wandert. Sowohl ICON als auch GFS lassen den davon östlich
gelegenen Trog schneller abtropfen als EZMW, so dass sich dann das Hoch deutlich
besser über Zentraleuropa positionieren kann. Die Details der antizyklonalen
Ausprägung bleiben also noch abzuwarten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
In der Clusteranalyse des EZMW-EPS für den ersten Zeitraum (Sa/So, +72 bis +96h)
gibt es nur einen Cluster. Dies verdeutlicht, dass es an der Entwicklung zum
Wochenende inkl. Orkantief zum Sonntag zumindest aktuell nur wenig Zweifel gibt.
Im Folgezeitraum von Montag bis Mittwoch (+120 bis + 168h) sind es dann 5
Cluster mit 14, 13 (inkl. Haupt- und Kontrolllauf), 12, 8 und 4 Membern. Auch
hier wird klar, dass bzgl. des Umbaus der Wetterlage von West zyklonal auf mehr
oder weniger antizyklonal noch einige Unsicherheiten bestehen. 4 von den 5
Clustern liefern zum Mittwoch ein Blocking, wobei eben der blockierende Rücken
mehr oder weniger Einfluss auf unser Wetter hat. In der erweiterten Mittelfrist
(Do-Sa) stehen die Zeichen mit 4 von 5 Clustern (alle außer 6 Member) weiter auf
Blocking, wobei der Schwerpunkt hohen Geopotenzials unterschiedlich ausfällt.
Die Rauchfahnen (bspw. Offenbach) untermauern mit einem recht geringen Spread
bei 850 hPa-Temperatur und 500 hPa-Geopotenzial die relative Sicherheit der
Prognosen bis einschließlich Sonntag. Nachfolgend wird der Spread recht groß.
Beim Geopotenzial lässt sich ein leichter Trend nach oben erahnen, bei den
Temperaturen wird ein winterliches Niveau im Bereich von -5 bis -10 Grad in 850
hPa leicht favorisiert.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Samstag und Sonntag zeigt der EFI und die Ensembleverfahren deutliche Signale
für markante Windentwicklungen, insbesondere am Sonntag sind im Zusammenhang mit
dem avisierten Orkantief sind verbreitet Sturmböen, im Bergland bis Orkanstärke
wahrscheinlich, in der Nordwesthälfte sind bis in tiefe Lagen schwere Sturmböen
wahrscheinlich, zeitweise Gefahr von Orkanböen. Davon weitestgehend ausgenommen
ist der Südosten Deutschlands.
Am Sonntag EPS-Signale im Schwarzwald für andauernder Regen mit Dauerregengefahr
(nur im höchsten Bergland Schnee). Der EFI springt bzgl. Niederschlag am Sonntag
insgesamt für die Nordwesthälfte an.
Bei absinkender Schneefallgrenze im Bergland wieder Schnee, am Alpenrand durch
aufkommende Nordstaukomponente am Montag und Dienstag mäßiger Schneefall
wahrscheinlich (EZMW-EPS). Mäßiger Schneefall in anderen Nordstaulagen der
Mittelgebirge, z.B. am Erzgebirge, nicht ausgeschlossen. Die entsprechenden
EFI-Signale beschränken sich auf den Alpenraum am Montag.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-EPS, EZMW, EZ-MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger