Thema des Tages
05-02-2019 09:20
Atmosphärische Zirkulation - Stationäre Witterungsregime prägen das
Leben auf der Erde!
Verantwortlich für die regional unterschiedlichen Witterungen auf der
Erde ist die allgemeine atmosphärische Zirkulation. Diese basiert auf
der unterschiedlichen Einstrahlung der Sonne auf die Erde.
Durch die Neigung der Erde und ihrer Zugbahn um die Sonne wird den
äquatornahen Regionen sehr viel Energie in Form von Sonnenstrahlung
zugeführt. Dadurch können sich die bodennahen Schichten stark
aufheizen. Die warme und leichte Luft steigt auf und es entsteht
somit die sogenannte Innertropische Tiefdruckrinne
(Inter-Tropical-Convergence Zone, ITCZ). Am Boden strömt Luft nach,
die aufgrund der Erddrehung auf der Nordhalbkugel (s.u.) nach rechts
sowie auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt wird. Die
entstehenden Winde sind auch als Passatwinde oder im englischen als
"Trade Winds"(Handelswinde) bekannt. Diese Bezeichnung beruht auf den
Zeiten, als sich die Segelschiffe auf dem Weg nach Amerika dieses
Phänomen zunutze machten.
In der Höhe stellt sich gleichzeitig eine Ausgleichsströmung zur
Bodenströmung ein. Vom Äquator weg strömt dort die Luft in Richtung
Pole. Sie wird jedoch spätestens bei 30° nördlicher bzw. südlicher
Breite gezwungen, wieder abzusinken. Am Boden entstehen dabei
Hochdruckgebiete, die schließlich den sogenannten subtropischen
Hochdruckgürtel bilden. Durch das Absinken der Luft können sich keine
Wolken bilden, sodass dort die Sonne meist ungehindert scheinen kann.
Durch fehlende Niederschläge breiten sich in diesen Regionen Wüsten
aus. Die beschriebene sehr stabile Zirkulation, die sich sowohl auf
der Nordhalbkugel als auch auf der Südhalbkugel finden lässt, wird
als Hadley-Zelle bezeichnet. Wäre die Rotationsgeschwindigkeit der
Erde um ihre Drehachse wesentlich langsamer, so wäre die
Corioliskraft (Rechtsablenkung der Luft auf der Nordhalbkugel)
geringer und die Hadley-Zellen würden sich vom Äquator bis zu den
Polen erstrecken. Die tatsächliche Rotationsgeschwindigkeit der Erde
bewirkt aber die Ausbildung zweier weiterer meridionaler (in
Süd-Nord-Richtung) Zirkulationszellen!
Die sogenannte Polarzelle beschreibt dabei ein der Hadleyzelle
entgegengesetztes Phänomen. Durch die Abflachung der Pole und der
resultierenden sehr geringen Sonneneinstrahlung kühlt es an den Polen
stark aus. Da kalte Luft schwer ist, sinkt sie ab. Am Boden entsteht
daher ein polares Hochdruckgebiet. Die absinkende Luft strömt dort in
Richtung Äquator auseinander. Durch die Erdrotation werden diese
Winde auf der Nordhalbkugel (NHK) nach rechts abgelenkt
(Corioliskraft) und wehen nach Westen. Haben sich die polaren
Ostwinde ausreichend erwärmt, steigt die Luft wieder auf, um dann in
der Höhe wieder zu den Polen zurückzufließen.
Zwischen diesen beiden genannten Zellen stellt sich schließlich eine
dritte indirekte und gegenläufige Zelle ein, die unter dem Namen
Ferrel-Zelle bekannt ist. In dieser weht der Wind am Boden aus der
subtropischen Hochdruckzone kommend nach Nordosten (NHK). Die Zone
heißt daher auch Westwindzone oder Westwinddrift der gemäßigten
Breiten. Die Ferrel-Zelle ist im Vergleich zur Polar- oder
Hadley-Zelle wesentlich instabiler, da bei ca. 60° bis 70°
geographischer Breite die feuchtwarmen Westwinde auf kalte polare
Ostwinde treffen. Dabei entsteht die Polarfront, die beide Luftmassen
voneinander trennt. An dieser Front steigt die Luft auf und es
entstehen am Boden Tiefdruckgebiete, die auch unser Wetter in
Deutschland mit bestimmen. In der Höhe strömt die Luft schließlich
wieder nach Süden.
Alle drei atmosphärischen Zellen (vgl. Graphik) sind beim Wärme- und
Energietransport zwischen den Tropen und den Polen von wesentlicher
Bedeutung. Ohne diesen Mechanismus würde es an den Polen immer kälter
und in den Tropen gleichzeitig immer wärmer werden. Da im Nordwinter
insbesondere die Regionen nördlich des Sonnenwendekreises extrem
auskühlen, muss in diesen Monaten besonders viel Wärme nach Norden
transportiert werden. Daher tritt im Winter im Vergleich zu den
Sommermonaten oftmals eine größere Anzahl an Tiefs auf, die häufig
auch stärker ausfallen. In diesem Fall spricht man auch gerne von
den typischen Herbst- und Winterstürmen. Der Wechsel von Hochdruck-
und Tiefdruckgebieten und deren Verlagerung wird dabei durch
sogenannte Großwetterlagen beschrieben. Eine Großwetterlage bestimmt
den wesentlichen Charakter eines Witterungsabschnittes und ist daher
nachhaltig für die auftretenden Wetterphänomene verantwortlich. Mit
einer Klassifikation dieser wird versucht, ein gewisses Maß an
Systematik bzw. Nachvollziehbarkeit in der Beschreibung des
großräumigen atmosphärischen Zustands zu schaffen.
Nachdem in den letzten Tagen überwiegend ruhiges Hochdruckwetter
vorherrschte, kommt nun wieder Schwung in die Atmosphäre. Noch
stemmt sich das Hoch "Chloe" über Südostdeutschland und Österreich
mit Händen und Füßen gegen die anrauschenden Atlantiktiefs. Doch
setzen die wiederholten Versuche dem Hoch sehr zu, sodass dieses mehr
und mehr dazu neigt, sich nach Osteuropa zu verabschieden. Am
heutigen Dienstag ist es Tief "Rainer" über Schweden, das seine
Fühler in Form von Tiefausläufern bis nach Deutschland ausstreckt.
Allerdings ist "Rainer" von eher harmloser Natur und insgesamt etwas
schwach auf der Brust. Anders sieht es auf dem Atlantik aus, wo sich
ein kräftiger Tiefdruckkomplex aufplustert und nur darauf wartet,
seine Schergen nach Mitteleuropa zu schicken. Das erste Randtief kann
"Chloe" zum Donnerstag noch einigermaßen abblocken, doch ab Freitag
ist es wohl so weit. "Chloe" wird verdrängt und der Weg für
atlantische Tiefs und deren Ausläufer ist frei. Zumindest
vorübergehend kann sich eine kräftige westliche Grundströmung
einstellen.
Mit dem Hoch verabschiedet sich auch die Wetterlage "Trog
Mitteleuropa". Stattdessen werden die Wetterlagen Südwest zyklonal
und West zyklonal vorübergehend dominieren, die eigentlich typisch
für die mittleren Breiten sind, in der Vergangenheit jedoch kaum noch
präsent waren.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.02.2019
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