Thema des Tages

21-06-2016 14:40

Astronomischer Sommeranfang

Als Meteorologe darf man am heutigen 21.6. eigentlich nicht allzu
laut vom Sommeranfang sprechen. Schließlich ist der Meteorologische
Sommeranfang ja immer am ersten Juni und liegt damit - auch wenn man
es vom Wetter her nicht bemerkt haben sollte - schon drei Wochen
zurück.

Astronomisch betrachtet liegt die Ursache für die Jahreszeiten in der
Neigung der Erdachse gegen die Ebene, auf der die Erde ihre Bahn um
die Sonne zieht. Die Neigung beträgt dabei etwa 23,5°, und auf der
Nordhalbkugel ist immer dann Sommeranfang, wenn die Sonne senkrecht
über dem nördlichen Wendekreis steht.

Dummerweise ist dies immer an einem festen Punkt auf der Bahn der
Erde um die Sonne der Fall. Und da die Erde keine 365 Tage braucht,
um einmal um die Sonne zu kreisen, sondern 365,256 Tage, kommt die
Sonne jedes Jahr etwa 6 Stunden später an diesem Bahnpunkt ein. Mit
anderen Worten: Der astronomische Sommeranfang "verspätet" sich, Jahr
für Jahr. Um der Erde Zeit zu geben, ihre Verspätung einzuholen, wird
alle 4 Jahre ein Schaltjahr eingelegt, so wie dieses Jahr. Ohne den
Schalttag wäre der Sommeranfang in diesem Jahr übrigens am 22.6. um
00:34 Uhr MESZ gewesen, mit Schalttag aber in der vergangenen Nacht
um 00:34. Und damit ist jetzt per definitionem Sommer!

Gut und schön, werden all jene sagen, die auf Temperaturen um oder
jenseits der 30-Grad-Marke und auf reichlich Sonne hoffen. Aber hält
das heutige Datum denn auch, was es verspricht? Kommt ER jetzt
(endlich!!!) oder kommt ER nicht?

Und die Antwort ist eindeutig: Er kommt - aber erstmal nur zu einem
Kurzbesuch! Den heutigen Dienstag gilt es noch mit Temperaturen um 24
Grad zu überstehen. Dann geht es, was die Temperaturen angeht, mit
dem Expressaufzug nach oben! Um 30 Grad sollen es am morgigen
Mittwoch sein, um 32 Grad dann am Donnerstag und Freitag, wobei am
Donnerstag im Südwesten, am Freitag im Osten lokal Werte bis 36 Grad
möglich sind.

Aber unser Heißsporn hat leider wenig Ausdauer und verlässt die
Wetterbühne am Freitag in der Westhälfte, am Samstag auch in der
Osthälfte sehr ungestüm und mit lautem (Gewitter-)Poltern.
Aufbrausend haut er uns auch das ein oder andere Unwetter-Gewitter
mit heftigem Starkregen, Hagel und Sturmböen um die Ohren. Und es
folgt ein Dejà-vu: Die Temperaturen pendeln sich am Sonntag und
Montag bei Werten um 25 Grad ein und liegen damit etwa auf dem
heutigen Niveau.

Letztendlich bedeutet das nichts anderes, als dass wir mit dem Sommer
noch etwas Geduld haben müssen. Er hat noch 3 Monate Zeit,
erwachsener, ruhiger und ausgeglichener zu werden. Vielleicht bekommt
er ja auch noch ein sonniges Gemüt, mit dem er dann auch den von Rudi
Carell besungenen Sonnenschein bringen könnte, nicht mehr von Juni,
aber vielleicht von Juli bis September.


Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.06.2016