Thema des Tages
07-01-2019 08:50
Tief BENJAMIN ist auf dem Weg
Die Wetterberuhigung vom heutigen Montag währt nicht lang. Ein neues
Tief namens BENJAMIN macht sich vom Nordatlantik auf in Richtung
Ostsee und Polen. Es wird in der Nacht zum Dienstag von West nach
Ost-Südost über den Skagerrak hinweg in Richtung Polen ziehen und
damit auch bei uns einen sehr windigen Wetterabschnitt einläuten.
Durch die Zugbahn nah an Deutschlands Norden vorbei, baut sich
zwischen Tief BENJAMIN, das einen Kerndruck von etwa 990 hPa hat, und
dem Hoch ANGELA, das sich mit einem Luftdruck von 1030 hPa im Zentrum
zurzeit über der Biskaya befindet, ein starkes Druckgefälle
(Gradient) auf. Die Natur ist immer bestrebt Unterschiede
auszugleichen und so strömt die Luft vom höheren zum niedrigeren
Luftdruck und erfährt durch den hohen Gradienten eine Beschleunigung.
Aufgrund der Erdrotation und anderer physikalischer Effekte weht der
Wind nicht direkt vom Hoch zum Tief, sondern wird abgelenkt und weht
so ab der Nacht zum Dienstag in unserem Land stark bis stürmisch aus
westlicher, später nordwestlicher Richtung.
Da sich das Tief nur langsam von Südskandinavien nach Polen verlagert
und sich dabei noch verstärkt, hält der kräftige Wind bei uns recht
lange an. Erst im Laufe des Mittwochs steigt der Luftdruck im Tief
und der Druckgradient zwischen Hoch ANGELA und Tief BENJAMIN wird
allmählich schwächer. Bis dahin ist verbreitet mit stürmischen Böen
bis zu 70 km/h (Beaufort 8) zu rechnen. In exponierten Lagen sowie
auf den Bergen und im Alpenvorland weht der Wind mit bis zu 90 km/h
(Beaufort 10), auf den Gipfeln der zentralen und östlichen
Mittelgebirge und in den höheren Lagen der Alpen sind Orkanböen mit
bis zu 130 km/h (Beaufort 12) wahrscheinlich. Auch an der Nordsee
weht der Wind mit zum Teil schweren Sturmböen.
Zwar ist es aktuell in weiten Teilen des Landes sehr mild und wenig
winterlich, aber im Süden und in den zentralen und östlichen
Mittelgebirgen haben sich in den letzten Tagen zum Teil erhebliche
Mengen an Neuschnee angesammelt. Bei den hohen Windgeschwindigkeiten
besteht verstärkt die Gefahr von Schneeverwehungen, was erhebliche
Beeinträchtigungen zur Folge haben kann. Auch die inzwischen mit
Schnee bedeckten Bäume stellen bei Sturm eine Gefahr dar: Sie neigen
häufiger zu Schneebruch oder fallen gänzlich unter der Last zusammen.
Mit der Verlagerung des Tiefs in Richtung Polen lässt der Wind zwar
langsam nach, von Norden her setzt sich aber deutlich kältere Luft
durch. Vor allem in der Mitte und im Süden Deutschlands sinkt die
Temperatur in der Nacht zum Mittwoch oft unter den Gefrierpunkt. Die
Schauer, die in der Nacht ins Land ziehen, fallen also zunehmend als
Schnee. Bei stärkeren Schauern sind auch bei leichten Plusgraden
vorübergehend Schneeflocken bis in tiefste Lagen und somit Glätte
möglich. An den Alpen setzt bei einer nördlichen Strömung erneut
länger anhaltender Schneefall ein. Zu den in den letzten Tagen
gefallenen Mengen können dort noch einmal 20 bis 40 cm hinzukommen.
Da der Wind nur langsam nachlässt, kommt zum Schneefall, den
Verwehungen und zum Schneebruch eine weitere Wintergefahr hinzu: die
Leiterseilschwingung. Eine ausführliche Beschreibung des Phänomens
finden Sie in einem früheren Thema des Tages
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/12/11.html) und im
Wetterlexikon des Deutschen Wetterdienstes.
Der starke Wind erhöht in den Berggebieten mit großen
Schneeansammlungen die ohnehin schon hohe Lawinengefahr zusätzlich.
Im gestrigen Thema des Tages
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/1/6.html) wurde
bereits auf die erhöhte Gefahr hingewiesen. Aktuelle Informationen
zur Lawinengefahr erhalten Sie bei den Lawinenwarndiensten.
Zusammengefasst stehen uns also wettertechnisch brisante Stunden bzw.
Tage bevor. Wer kann, sollte lose Gegenstände auf dem Balkon oder im
Garten befestigen oder nach drinnen bringen. Auf die Entsorgung der
Weihnachtsbäume am Straßenrand verzichtet man bis Mittwoch besser. Um
unkontrollierte Verwehungen zu vermeiden, können Ansammlungen von
Schnee abgedeckt oder weggeschafft werden. Besonders stark
eingeschneite Bäume oder Dächer sollten vom Schnee befreit werden,
damit der Wind keine allzu große zusätzliche Belastung darstellen
kann. Eine Prävention gegen Leiterseilschwingungen gibt es leider
nicht. In den am stärksten gefährdeten Gebieten kann man sich nur auf
einen möglichen Stromausfall oder kurzen Stromunterbruch vorbereiten
und Kerzen oder Taschenlampen bereitlegen. Besonders im alpinen Raum
können durch Lawinenabgänge Straßen und Wege vorübergehend gesperrt
werden, dort ist es ratsam, sich vor der Fahrt mit dem Auto nach der
Straßenlage zu erkundigen.
Informationen zur aktuellen Wetter- und Warnlage finden Sie auf den
Seiten des Deutschen Wetterdienstes und in der WarnWetter App. In
jedem Fall ist den Anweisungen der örtlichen Behörden Folge zu
leisten.
Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.01.2019
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst