DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

24-12-2018 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 24.12.2018 um 10.30 UTC



Blockierende Wetterlage - aus Sicht der Winterfans an der falschen Stelle (West-
statt Nordeuropa)
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 31.12.2018


Am kommenden Donnerstag, dem ersten Tag nach den Feiertagen, zeigt sich ein
antizyklonal geprägtes Zirkulationsmuster über Mitteleuropa. Die Keilachse
erstreckt sich dabei in der Höhe vom westlichen Mittelmeerraum über Benelux bis
nach Island und hält atlantische Tiefausläufer weit fern. Auf der
Keilvorderseite wird ein Hoch mit Kerndruck nahe 1030 hPa über
Südwestdeutschland gestützt. Im Bereich schwacher Luftdruckgegensätze sind dort
grenzschichtrelevante Prozesse wetterwirksam (teils Nebel/Hochnebel, teils
sonnig), wohingegen im Norden und Osten an der Schwachstelle des Hochs mit einer
west/nordwestlichen Strömung tiefe Wolken von der Nordsee landeinwärts gesteuert
werden, aus denen es immer mal wieder etwas nieseln kann. Synoptisch-skalige
Hebungsantriebe sind dabei nicht auszumachen, weshalb sich die
Niederschlagsintensitäten in Grenzen halten (kaum mal 1 l/qm binnen 24 Stunden).
Bei geringem Tagesgang schwanken die Temperaturen im Norden und Osten zwischen 5
und 8 Grad. Im Süden und Westen liegen sie tagsüber zwischen 2 und 6 Grad, im
Dauernebel um den Gefrierpunkt. Bei nächtlichen Auflockerungen tritt verbreitet
leichter bis mäßiger Frost, in Alpentälern auch strenger Frost auf.

Am Freitag wölbt sich über dem nahen Ostatlantik ein neuer kräftiger Keil zu den
Britischen Inseln auf, womit sich das hochdrucklastige Wetter über Deutschland
und zumindest temperaturtechnisch nicht gänzlich unwinterliche Wetter im
Südwesten fortsetzt. Ein eingelagertes kleinräumiges Höhentief über der Biskaya
wird im Sinne eines Kaltlufttropfens mit der bodennahen Strömung zum Löwengolf
gesteuert und bleibt damit für unser Wettergeschehen irrelevant. Unterdessen
etabliert sich auf der regenerierten Keilvorderseite ein neues Hochzentrum über
der Biskaya, womit sich im Endeffekt der Hochschwerpunkt retrograd nach Westen
verschiebt. Mit 850 hPa Temperuren zwischen 0 und 4 Grad gelangt weiterhin recht
milde Nordseeluft zu uns, die im Südwesten - wie gehabt - durch das permanente
Absinken stark gealtert, abgetrocknet und somit in eine kontinental geprägte
Luftmasse umgewandelt wurde.

Am Samstag sorgt ein Trogvorstoß über der nördlichen Nordsee für langsam
einsetzenden Potential- bzw. Druckfall über Norddeutschland. Im Tagesverlauf
nähert sich von der Nordsee eine weitgehend okkludierte Front an, die zum
achsensenkrechten Bodentief über der nördlichen Nordsee gehört. Trotz
auffrischenden und vorübergehend auf Südwest rückdrehenden Windes, reicht es
aber wohl kaum für größere Wolkenlücken - zumal sich auch die Hebungsvorgänge an
der Front und damit analog das präfrontale Absinken in Grenzen hält. Somit merkt
man in den betroffenen Gebieten lediglich, dass aus dem gelegentlichen nieseln
und zeitweiliger leichter Regen mit Frontannäherung wird. Der Südwesten merkt
davon noch nichts und verbleibt in der Nebel-/Hochnebel-Lotterie. Oberhalb der
Absinkinversion, die bei rund 600 Metern liegen dürfte, kann man bei herrlicher
Fernsicht und zarten Plusgraden die Sonne genießen.

Am Sonntag setzt auf der Rückseite des Tiefs Kaltluftadvektion ein, womit sich
der Trog nach Südosten bis zum Balkan ausweiten kann. Deutschland liegt damit im
Zusammenspiel mit der weiterhin umfangreichen Antizyklone über dem nahen
Ostatlantik in einer strammen nordwestlichen Strömung. Dabei schwenkt die
Okklusion, die aufgrund der nachströmenden Kaltluft zunehmend Kaltfrontcharakter
über Deutschland annimmt, rasch über Deutschland hinweg - im Westen
voraussichtlich aufgrund der Nähe zum Hoch ohne große Wetterwirksamkeit. Von
Vorpommern bis nach Bayern treten jedoch schauerartig verstärkte Niederschläge
auf, die in der einfließenden subpolaren Meeresluft bei einem Temperaturrückgang
auf -5 Grad in 850 hPa in Lagen oberhalb etwa 500 Meter zunehmend als Schnee
fallen. Signifikante Neuschneemengen von teils mehr als 10 Zentimetern stehen
staubedingt vor allem für das Erzgebirge und das Berchtesgadener Land in
Aussicht. Aufgrund der guten Durchmischung können die Schlitten im Flachland
aber weiterhin im Keller vor sich hin vegetieren. Selbst die Nacht zum Montag
verläuft nördlich der Mittelgebirge nach wie vor weitgehend frost- und
glättefrei.

Am Montag (Silvester) kippt die atlantische Hochachse progressiv nach
Skandinavien ab, weshalb via "downstream development" der mit Höhenkaltluft
angereicherte Trog vom Balkan retrograd nach Italien vorstößt. Negative
Vorticityadvektion bewirkt dabei rasch neuerlichen Druckanstieg von Westen auch
am Boden. Gemäß aktuellem EZ 00 UTC Lauf legt sich dabei ein Hoch mit über 1035
hPa über Deutschland. Letzte Stauniederschläge an Erzgebirge und Alpen (bis ganz
runter als Schnee, aber maximal noch wenige Zentimeter) lassen rasch nach und
vielerorts kann sich die Sonne durchsetzen. Im Thetafeld zeichnet sich über dem
Nordwesten zwar eine (Höhen-)Warmfront ab, die im antizyklonalen Umfeld aber
keine Wetterwirksamkeit entfalten kann.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Großen und Ganzen ist der EZ Lauf konsistent zu seinen Vorgängern.
Signifikante Unterschiede zeigen sich erst zum Ende der Mittelfrist. Anstatt ins
westliche Mittelmeer abzutropfen (gestriger 0z Lauf), bleibt er nun über
Südosteuropa hängen. Am eher antizyklonal geprägten und vor allem in der
Nordhälfte weiter zu milden Witterungscharakter (Ausnahme Sonntag) ändert sich
dadurch nichts.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Samstag bewerten auch die anderen Globalmodelle die Lage
ähnlich. Bei Bildung des Tiefs über der Nordsee ergeben sich dann die Szenarien
eines seichten Umwanderns des Rückens (milde Seite, T850 hPa meist über 0 Grad)
von GEM, verzögerter Kaltluftausbruch wegen Warmfrontwelle und durchgängig
zyklonal zu Silvester von ICON und GFS oder das beschriebene eher antizyklonale
Szenario vom EZ.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen erzählen die Geschichte der Modellunterschiede zwischen den
verschiedenen Globalmodellen weiter - zum Wochenende steigt der Spread doch sehr
deutlich an. Dass selbst die vermeintliche Sicherheit mit hohen T850 hPa
Temperaturen über 5 Grad im Südwesten aufgrund der Grenzschichtproblematik
nichts Gesichertes über den Temperaturverlauf am Boden aussagt, wurde bereits
oben im Text angesprochen. Insofern gestaltet sich die Temperaturentwicklung im
Norden und Osten (mild, keine Nachtfröste, zeitweise leichte Regenfälle) noch am
sichersten. Selbst im Falle einer zeitlich zutreffend Abkühlung zu Silvester
(T850 hPa unter -5 Grad, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit dabei
erneut nur um ein kurzes Intermezzo.

Alle Cluster im Zeitraum +120-168h (Sa-Mo) zeigen hohes Geopotential über UK mit
einem mal mehr oder mal weniger weit nach Süden ausgedehnten Höhentrog über
Osteuropa. Haupt- und Kontrolllauf sind dabei in Cluster 2 zu finden (21 der
insgesamt 51 Member), das große Ähnlichkeit zu Cluster 1 aufweist (25 Member).
Cluster 3 mit nur 5 Membern repräsentiert bis zum Silvestertag nächsten Montag
die GEM Variante mit milderer Westnordwestströmung. In den Clustern der
erweiterten Mittelfrist bleibt das Hoch Mitteleuropa (HM) mit einem
störanfälligen Nordosten Trumpf. Eine möglicherweise nachhaltigere
Wintervariante bis in tiefe Lagen stellt dabei allenfalls Cluster 1 mit 15
Membern dar. Ansonsten kann man bestenfalls auf Hochnebel und 0 Grad hoffen. Vor
allem nach Norden und Osten hin bleibt die Tendenz zu weitgehend frostfreiem
Wetter.

FAZIT:
Bis einschließlich Samstag zweigeteiltes Wetter in Deutschland. Im Norden und
Osten stark bewölkt und zeitweise etwas Nieselregen. Mild bei 5 bis 8 Grad, in
den Nächten kaum darunter. Im Süden und Westen, teils neblig-trüb, teils heiter,
auf den Bergen sonnig. 2 bis 5 Grad, im Dauergrau um 0 Grad. In den Nächten je
nach Auflockerungen leichter bis mäßiger Frost.

Am Sonntag evtl. auch noch Montag an Silvester vorübergehend wechselhafter. Vor
allem in der Osthälfte mit zeitweiligen Niederschlägen, Schneefallgrenze auf
etwa 500 Meter absinkend. In den Nächten im Norden und Osten weiterhin
weitgehend frostfrei, zudem zeitweise sehr windig. Auch zum Jahreswechsel kein
nachhaltiges Winterwetter in Sicht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bis auf einzelne Sturmböen in höheren Lagen der (östlichen) Mittelgebirge
fördert die antizyklonal geprägte Wetterlage keine signifikanten
Wettererscheinungen zu Tage.

Mit geringer Wahrscheinlichkeit (laut EZ-EPS 10%, Berchtesgaden bis 30%) kann es
staubedingt je nach zyklonaler Ausprägung zum Sonntag und Montag hin am
Erzgebirge und östlichen Alpenrand nennenswerte Schneefälle mit Mengen über 10cm
binnen 12 Stunden geben.

Positiv Randaspekt: Nach den heftigen Regenfällen zuletzt in Süddeutschland mit
örtlichen kleineren Ausuferungen und Überflutungen steht eine niederschlagsarme
letzte Woche im Jahre 2018 bevor.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen