DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-11-2018 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.11.2018 um 10.30 UTC



Zyklonale Westlage: Teils nass, meist mild und zeitweise windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 04.12.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am Freitag befindet sich
Deutschland mitten im sich als eher langwierig herausstellenden Prozess der
Umstellung von einem antizyklonal-kontinental zu einem zyklonal-maritim
geprägten Wetterregime. Die beiden Hauptdarsteller sind dabei ein umfangreiches
blockierendes Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über Westrussland und ein
Höhentrog über Nordwest- und Westeuropa. Der Trog korrespondiert am Boden mit
einem Tiefdruckkomplex mit mehreren Kernen über dem europäischen Nordmeer, von
wo aus sich eine okkludierte Front finden lässt, die die Nordwesthälfte
Deutschlands mit etwas Regen bereits erreicht hat. Das Muster erweist sich als
leicht progressiv, denn über dem Nordatlantik vollzieht sich zunehmend eine
Zonalisierung der Grundströmung. Der Jet stößt Richtung Westeuropa vor und
forciert ein Abtropfprozess des Troges über dem westlichen Mittelmeer. Somit
kann das Trogresiduum unter Verkürzung der Wellenlänge und fortwährendem
Konturverlust bis Samstagfrüh über Deutschland hinwegschwenken - genauso wie
auch die Okklusion. Obwohl sich mitteltroposphärisch überall schon milde
Luftmassen durchgesetzt haben (fast durchweg positive Temperaturen in 850-hPa),
hält sich im Osten und Südosten bodennah mitunter nach Kaltluft, auch die Böden
sind wohl teilweise noch gefroren. Die Niederschläge, die meist als Regen
fallen, können somit gefrieren und örtlich zu Glatteis führen. Der Gradient
fächert im Vergleich zum Vortag zwar wieder auf, insbesondere über der See und
in Teilen Sachsens (Böhmischer Wind) könnten aber noch einzelne Sturmböen
auftreten.

Am Samstag und Sonntag setzt sich nach vorübergehendem Zwischenhocheinfluss auch
über Mitteleuropa die ziemlich zonal ausgerichtete westliche Höhenströmung
durch, womit der Prozess der Wetterumstellung endgültig abgeschlossen ist. Auf
den ersten Blick scheint das Geopotentialfeld recht glatt konturiert, es ist
aber sicherlich davon auszugehen, dass flache Kurzwellentröge darin eingebettet
sind. Diese induzierten im Bodenfeld kleinräumige, aber recht wetteraktive
Störungen entlang der sich immer besser formierenden Frontalzone. Eines dieser
Wellentiefs zieht am Samstag über Irland und England zur Nordsee, wobei die
Warmfront mit meist leichten Regenfällen bevorzugt den Norden und Westen
erfasst. Am Sonntag folgt schließlich eine Warmfrontwelle auf wohl etwas nach
Süden verschobener Zugbahn. Entsprechend regnet es dann deutlich verbreiteter
und besonders in Weststaulagen der Mittelgebirge auch länger anhaltend. Die
recht stramme südwestliche Strömung führt zumindest in die Südwesthälfte nochmal
verschärft sehr milde Meeresluft zu uns, sodass dort - auch begünstigt durch die
gute Durchmischung (es treten vor allem im Bergland starke, exponiert stürmische
Böen oder Sturmböen auf) - immer häufiger die zweistelligen Höchsttemperaturen
erreicht werden sollten. Nach Nordosten zu liegt das Temperaturniveau tiefer,
auch weil - je nach Zugbahn der Wellentiefs - der Wind bodennah zeitweise eine
östliche Komponente aufweisen kann.

Am Montag und Dienstag beginnt die Höhenströmung großräumig betrachtet wieder
etwas stärker zu mäandrieren. Über dem mittleren Nordatlantik ereignet sich eine
stärkere Austrogung, die im Sinne des "Downstream Development" zu einer
Aufwölbung eines Rückens führt. Dessen Achse ist am Montag etwa von der
Iberischen Halbinsel Richtung Irland gerichtet, schwenkt nachfolgend aber rasch
ostwärts und im Laufe des Dienstags schließlich über Deutschland hinweg. Dieser
Rücken führt aber mitnichten zu einer Wetterberuhigung. Erst wird auf der
Vorderseite des Rückens in der dann eher nordwestlichen Höhenströmung ein
weiterer Kurzwellentrog südostwärts gesteuert, am Dienstag sorgt schließlich den
Rücken überlaufende Warmluftadvektion für Hebungsantrieb. Es verwundert daher
nicht, dass auch Boden zyklonale Verhältnisse bis einschließlich Dienstag
vorherrschend bleiben, zumal sich die Frontalzone über Mitteleuropa so richtig
"wohlfühlt". Somit werden fortwährend Regengebiete über Deutschland
hinweggesteuert, nass wird es überall mal. Wie nass bleibt allerdings die Frage.
Akkumuliert man die Niederschlagsmengen von Sonntag bis Dienstag auf, sollten -
mit Ausnahme des Ostens - verbreitet 15 bis 30 mm fallen. In Staulagen der
westlichen und südwestlichen Mittelgebirge könnten bei Mengen von mitunter 30
bis 40 mm, wenn es ganz "blöd" läuft auch bis knapp 50 mm, der Dauerregen in den
Fokus des Warnmanagements kommen. Aber das dürfte wohl von den meisten eher als
Segen als als Fluch wahrgenommen werden. Sollte es mit dem Dauerregen nicht
klappen, bleibt für die Warnmeteorologen noch der Wind. Der weht nämlich zeit-
und gebietsweise stark böig, bevorzugt im Bergland kommt es zu Sturmböen.
Hinsichtlich der Temperatur bleibt das Südwest-Nordost-Gefälle bestehen - von
sehr mild im Südwesten bis eher durchschnittlich temperiert im Nordosten.
Winterliche Warnparameter stehen wohl nicht auf der Agenda, die Schneephase
fällt allenfalls kurz aus und beschränkt sich auf Kammlagen des Berglandes.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS-Modells ist in der Mittelfrist bis Montag als gut zu
bezeichnen. Der neuste IFS-Lauf simuliert die Entwicklung der Großwetterlage und
deren Einfluss auf das Wetter in Deutschland sehr ähnlich wie seine Vorgänger,
sodass das gestern skizzierte Mittelfristkonzept ohne nennenswerte Anpassungen
fortgeführt werden kann.

Erst nachfolgend geht der neuste IFS-Lauf einen anderen Weg als seine beiden
Vorgänger. Während der gestrige 00z- und 12Z-Lauf den Trogvorstoß zu
Wochenbeginn in eine kühlere Nordwestlage haben übergehen lassen, berechnet der
aktuelle "Run" ein etwas progressiveres Muster mit einem von Westen her über
Deutschland hinwegschwenkenden Rücken. Auf die Niederschlagsentwicklung hat es
im Hinblick auf die zu erwartenden Mengen aber keinen großen Einfluss, denn
unbeständig bleibt es so oder so. Allerdings wird die Zufuhr sehr milder
Luftmassen im Gegensatz zu den vergangenen Berechnungen aufrechthalten, anstatt
dass von Nordwesten vorübergehend kühlere Luft einfließt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis Sonntag unterscheidet sich die skizzierte IFS-Lösung nur unwesentlich von
den anderen Modellsimulationen. Ab Montag, insbesondere aber Richtung
erweiterter Mittelfrist, divergieren die Lösungen dann stärker. Im Fokus steht
die Frage, ob sich zu Wochenbeginn vorübergehend eine kühlere Trog-/Nordwestlage
einstellt oder ob das Trog-Rücken-Muster stärker progressiv bleibt und sich die
insgesamt eher milde West- bzw. Winkelwestlage fortsetzt. ICON beispielsweise
bedient im neusten Lauf die "Trogschiene", wodurch Deutschland zum Dienstag in
den Genuss einer nordwestlichen Strömung kommt, in der kühle Meeresluft polaren
Ursprungs herangeführt wird. GFS dagegen schlägt sich eher auf die Seite von
IFS, auch wenn das Trog-Keil-Muster leicht phasenverschoben scheint. Da auch die
etwas "exotischeren" Modelle (NAVGEM z. B.) mehrheitlich eher das IFS-Szenario
favorisieren, wurde eben dieses auch als Grundlage für das skizzierte
Vorhersagekonzept verwendet.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Offenbacher Rauchfahnen des IFS-EPS für 850-hPa-Temperatur und Geopotenzial
verlaufen bis Montag recht gebündelt. Danach nimmt der Spread stark zu. Während
einige EPS-Member dem deterministischen Lauf und dem Kontrolllauf folgen und das
für eine zyklonale Westlage typische "Auf und Ab" der Temperatur und des
Geopotenzials auf hohem Niveau fortsetzen, gibt es auch Member, die beginnend ab
Montag temperaturtechnisch etwas länger "Tauchstation" gehen.
Zwischen Samstag und Sonntag weist das EPS sehr deutliche Niedeschlagssignale
auf, was den Trend zu niederschlagsreicherer Witterung nochmal unterstreicht.

Für den Zeitraum +72-96h werden 6 Clustern angeboten - alle mit dem Label
"positive NAO". Die Zonalisierung und der Übergang zu einer (Winkel-)Westlage
ist ziemlich "safe". Der Zeitraum +120-168h wartet mit nur einem Cluster auf,
während für +192-240h wieder 5 am Start sind. 3 der 5 Cluster wollen ein
neuerliches Blocking-Regime mit einer Austrogung über dem östlichen Mitteleuropa
(das "Trog-/Nordwestlage-Szenario"). Nur 2 Cluster eine Fortsetzung der
zyklonalen Westlage. Im Gegensatz zur deterministischen Modellwelt scheint in
der probabilitsischen eine zumindest vorübergehende kühle Troglage etwas
wahrscheinlicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GLATTEIS: Am Freitag bis in die Nacht zum Samstag ist bevorzugt im Osten und
Südosten gefrierender Regen nicht ausgeschlossen.

STURM: Mit Übergang zu einer zyklonalen Westlage stehen wieder etwas windigere
Zeiten an. Zwar scheint ein ausgeprägter Sturm erst mal nicht ins Haus zu
stehen, Sturmböen sind aber über den gesamten Mittelfristzeitraum zumindest im
höheren Bergland und an der See wahrscheinlich.

DAUERREGEN: Insbesondere im Zeitraum von Sonntag bis Dienstag treten wiederholt
Regenfälle auf. Das Überschreiten von Dauerregenwarnschwellen ist vornehmlich in
Westtaulagen der westlichen und südwestlichen Mittelgebirge nicht
auszuschließen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-EZMW, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser