DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-11-2018 09:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 12.11.2018 um 10.30 UTC



Blockade ohne Ende; ruhiges, zu Nebel/Hochnebel neigendes und trockenes
Hochdruckwetter. Von Osten her allmählich kälter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 19.11.2018


Dem geneigten Leser dieser Übersichten mag nicht entgangen sein, dass sich die
Überschriften der gestrigen und heutigen Version ziemlich ähneln. Das ist nicht
nur der Tatsache geschuldet, dass es sich bei dem Verfasser der beiden
Übersichten um ein und dieselbe Person handelt, sondern fasst im Prinzip auch
schon die Wetterentwicklung im Mittelfristzeitraum ganz gut zusammen: Es tut
sich - mal abgesehen, dass es von Osten her sukzessive kälter wird - so gut wie
gar nichts.
Bereits zu Beginn der Mittelfrist - am Donnerstag - erstreckt sich ein
umfangreicher und breit angelegter Höhenrücken vom zentralen Mittelmeerraum über
Mitteleuropa hinweg nordwärts bis nach Skandinavien, wobei sich über Deutschland
um 12 UTC ein eigenständiges, in sich abgeschlossenes Höhenhoch befindet.
Flankiert wird dieses Gebilde von einem Höhentrog über Osteuropa und einem in
Richtung Kanaren austropfenden Trog über dem nahen Ostatlantik. Zu dieser Zeit
hat sich der Cut-Off-Prozess bereits vollzogen und das nördliche Trogresiduum
verlagert sich als Kurzwellentrog bis Freitagmittag rasch Richtung Lofoten.
Trogrückseitig wölbt sich ein Höhenrücken über die Britischen Inseln hinweg
nordwärts bis nach Island auf und regeneriert die Höhenantizyklone über
Mitteleuropa, die ihren Schwerpunkt ein wenig nach Westen verlagert.
Im Bodenfeld erstreckt sich am Donnerstag ein Keil des kräftigen Russlandhochs
bis nach Mitteleuropa und kann sich bis Freitagmittag noch verstärken sowie auch
nach Westen ausweiten. Nördlich davon wird mit der westsüdwestlichen
Höhenströmung ein Frontensystem über Nord- und Mittelskandinavien hinweg
ostwärts geführt, die Warmfront steift am Donnerstag anfangs noch den äußersten
Nordosten des Landes mit dichteren Wolkenfeldern, die bis zum Nachmittag aber
ostwärts abziehen.
Ansonsten ist im Vorhersagegebiet bei anhaltendem Hochdruckeinfluss und sehr
schwachem Bodengradienten Nebellotterie angesagt. Vor allem in den Flusstälern
Süd- und Südwestdeutschlands kann sich der Nebel wohl gebietsweise ganztätig
halten, ansonsten scheint aber oft die Sonne. Niedertroposphärisch werden von
Südsüdosten her nach wie vor sehr milde Luftmassen advehiert mit Temperaturen in
850 hPa um 10 Grad, mit Kippen der Strömung eher auf Südost kühlt es ab Freitag
aber allmählich etwas ab.
Am Wochenende kommt es über dem mittleren Nordatlantik erneut zu einer markanten
Austrogung, die aber etwas weiter westlich als die vorherige stattfindet und
eher zu den Azoren gerichtet ist. Folglich kann sich die Höhenantizyklone durch
trogvorderseitige WLA weiter verstärken und verlagert ihren Schwerpunkt mit
einer großen geschlossenen 584 gpdam-Isohypse zur Nordsee, wobei sie sich weiter
nach Norden bis ins Europäische Nordmeer aufwölbt. Während der Kurzwellentrog
von den Lofoten um den sich aufwölbenden Rücken herum zunächst nach Osten,
später nach Süden geführt wird und am Sonntag die Ukraine erreicht, verlagert
sich der Trog über Südosteuropa bis Sonntagmittag in den westlichen
Mittelmeerraum. Damit stellt sich über dem Vorhersagegebiet eine schwache,
antizyklonal konturierte ostnordöstliche Höhenströmung ein.
Auch im Bodenfeld tut sich tatsächlich was: Das Osteuropahoch wird im Zuge der
dort stattfindenden Austrogung rasch abgebaut, dafür etabliert sich über
Südskandinavien ein kräftiges Hochdruckgebiet (Kerndruck wohl um 1045 hPa). An
dessen Südflanke dreht die Strömung niedertroposphärisch und auch in der
Grundschicht mehr und mehr auf Ost, womit zunächst nur in den unteren 1 bis 2 km
kühlere Festlandsluft ins Vorhersagegebiet advehiert wird, während es
mitteltroposphärisch zunächst noch relativ mild bleibt. Die Folge sind - neben
der kühleren Luftmasse (die Temperatur sinkt in 850 hPa bis Sonntagabend
sukzessive auf Werte zwischen -2 Grad in der Oberlausitz und 7 Grad im Westen)
auch dichtere Wolkenfelder an der Inversion, die zunächst vor allem in den
Norden und Osten des Landes geführt werden, während im Westen und Süden
außerhalb beständiger (Hoch)nebelfelder noch die Sonne scheint. Es bleibt aber
trocken.
Am Montag verlagert das Höhenhoch seinen Schwerpunkt zu den Britischen Inseln,
das Bodenhoch befindet sich abends über der Nordsee. Von Osten her kann sich die
Advektion kühler Festlandsluft noch etwas verstärken und auch die dichten Wolken
weiten sich weiter südwestwärts aus. Da sich die rege Tiefdruckaktivität aber
weitab des Vorhersagegebietes über Südosteuropa abspielt, sollte es aber
weiterhin trocken bleiben.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Sonntag gibt es zwischen dem aktuellen Lauf und seinen beiden Vorgängern so
gut wie keine Differenzen. Alle drei Läufe lassen den Schwerpunkt hohen
Geopotenzials von Mitteleuropa zur Nordsee verlagern, das Bodenhoch nach
Südskandinavien.
Erst zum Montag hin gibt es kleinere Unterschiede, in erster Linie zum gestrigen
00 UTC-Lauf. Nach Lesart des Laufes soll uns der Trog über Südosteuropa etwas
näher auf die Pelle rücken, so dass bereits niedertroposphärisch von Osten her
kältere Luftmassen ins Vorhersagegebiet gelangen könnten. Entsprechend
simulierte der Lauf zum Ende der Mittelfrist, am Dienstag, 00 UTC, vor allem im
Südosten deutlich niedrigere Temperaturen in 850 hPa als der aktuelle (-6 statt
etwa 0 Grad). Einige Ensemblemitglieder des gestrigen 00 UTC-Laufes hatten für
den Dienstag dann sogar leichte Aufgleitschneefälle im Südosten im Programm.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Prognosen aller vorliegenden Globalmodelle stützen im gesamten
Mittelfristzeitraum im Großen und Ganzen die Prognose des IFS. Kleinere
Differenzen sind erst etwa ab Sonntag auszumachen. Diese hängen mit der
unterschiedlich simulierten Austrogung über Osteuropa zusammen. GFS, vor allem
aber GEM und IFS simulieren diese weiter nach Westen reichend als das ICON. Am
Montag, 12 UTC erreicht das Drehzentrum des Südosteuropatrogs bzw. Höhentiefs
nach Lesart des IFS etwa Rumänien, nach GEM bereits Ungarn und nach GFS sogar
den Osten Österreichs, während ICON den Trog Richtung Kasachstan ausweiten lässt
und den Schwerpunkt des Höhenhochs auch am Montag über Südskandinavien belässt.
Die Folge ist eine deutliche Verzögerung der Advektion kalter Festlandsluft ins
Vorhersagegebiet im ICON. Montag, 12 UTC werden über Deutschland 850
hPa-Temperaturen zwischen 2 und 5 Grad simuliert, während sie nach GFS bereits
auf Werte zwischen -11 Grad im Erzgebirge und -1 Grad im äußersten Westen sinken
sollen, also auch noch deutlich unterhalb der IFS-Simulation. GEM bewegt sich
dazwischen. GEM und GFS simulieren an der Westflanke des Höhentiefs sogar
geringe Aufgleitschneefälle im Süden und Osten Deutschlands.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden verteilen sich die 49 Ensemblemitglieder des
ECMWF, der Haupt- und Kontrolllauf auf zwei Cluster, die sich für Mitteleuropa
aber so gut wie gar nicht unterscheiden. Differenzen gibt es bzgl. des
Kurzwellentroges, der bis Freitag zu den Lofoten zieht und in Cluster 1 etwas
markanter simuliert wird als in Cluster 2. Das hat letztendlich auch Einfluss
auf die Austrogung über Osteuropa am Wochenende, woraus wiederum die weiter oben
diskutierten Differenzen zwischen den Globalmodellen ab Beginn kommender Woche
resultieren.
Das sich dieses "Tröglein" als Zünglein an der Waage erweisen könnte, was die
Wetterentwicklung bis in die erweiterte Mittelfrist betrifft, erweisen könnte,
zeigt bereits ein Blick auf die Clusteranalyse im Zeitraum 120 bis 168 Stunden.
Auffällig ist, dass alle 5 Cluster - im Gegensatz zum Hauptlauf - diesen Trog
bereits zum Zeitpunkt Sonntag, 00 UTC über dem Grenzgebiet zu Russland abtropfen
lassen, während sich dieser Prozess im hauptlauf etwa 12 Stunden später
vollzieht. Der Version am nächsten kommt noch Cluster 4, in dem sich auch der
Hauptlauf befindet, der mit 8 Membern aber eher spärlich besetzt ist.
Letztendlich lassen alle Cluster bis Montag das Cut-Off-Tief südwärts Richtung
Balkan (Cluster 1, 4 und 5) oder Richtung Nord- bzw. Mittelitalien (Cluster 2
und 3) ziehen. Den Schwerpunkt des Höhenhochs zeigen allerdings alle Cluster
ähnlich über der Nordsee bzw. den Britischen Inseln. Somit kann vor allem nach
Cluster 2 und 3 (zusammen 25 Member) direkt von Osten her kalte Festlandsluft
ins Vorhersagegebiet gelangen, während die restlichen 3 Cluster (26 Member,
inklusive Hauptlauf) wohl lediglich einen Streifschuss im Südosten auf der Karte
haben. Eine Pattsituation, im gestrigen 00 UTC-Lauf haben noch die "kalten"
Member die Oberhand gehabt.
In der erweiterten Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) tauchen 4 Cluster auf.
Allesamt zeigen nach wie vor zumindest annäherungsweise eine "High over Low"-
Konstellation mit hohem Geopotenzial über der Nordsee oder über
Nordwest-/Nordeuropa und Trögen bzw. Höhentiefs über Ost- und Südeuropa. Somit
ist von einer Andauer der trockenen oder niederschlagsarmen Witterung
auszugehen. Dabei halten sich die kalten (bodennah eher Ost) und milderen
(bodennah Südost) Member in etwa die Waage.
Diese Differenzen treten auch in den Rauchfahnen verschiedener Gitterpunkte im
Vorhersagegebiet zu Tage. Bis Samstag im Osten und gar bis Sonntag im Westen
bewegt sich die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur in einem relativ engen
Spread, der sich um die 5 Grad-Isotherme bündelt. Danach wird der Spread
deutlich größer. Wie weiter oben angedeutet halten sich die kalten und wärmeren
Member in etwa die Waage, sich der Hauptlauf beständig im oberen Bereich bewegt,
während der Kontrolllauf zumindest vorübergehend (Sonntag bis Dienstag) auf
Werte um -5 Grad, teilweise darunter, absackt. Niederschlagssignale zeigen nur
wenige Member, hauptsächlich wohl die kalten in Form leichter
Aufgleitschneefälle.

FAZIT:
Bis Sonntag ändert sich - abgesehen von einem sukzessiven Temperaturrückgang von
Osten her - so gut wie gar nichts an ruhigen Hochdruckwetter. Zu Wochenbeginn
stellt sich dann die Frage, wie weit es noch runtergeht mit den Temperaturen.
Dabei stehen zu Beginn kommender Woche die Extremlösungen: "So weiter wie
bisher, trocken, bei Dauernebel knapp über 0, mit Sonne 3 bis 10 Grad" (ICON)
und "Viele Wolken, Sonne am ehesten im Westen, im Süden und Osten gebietsweise
etwas Schnee, Höchstwerte -2 bis +4 Grad" im Raum. Die (wettermäßig zunehmend
graue) Realität wird sich wohl irgendwo dazwischen abspielen. Typisch November
halt.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bei beständigem Hochdruckeinfluss sind im gesamten Mittelfristzeitraum keine
signifikanten Wettererscheinungen zu erwarten. Das anfangs noch leicht
übernormale Temperaturniveau sinkt bis zum Beginn kommender Woche für die
Jahreszeit übliche Werte, eventuell sogar darunter.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, ECMWF-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff