Thema des Tages
25-10-2018 08:50
Hoch XERXES gibt sich noch nicht geschlagen
Etwa eine Woche ist es her, dass sich der Oktober noch von seiner
?goldenen? und ungewöhnlich warmen Seite zeigte. Zu diesem Zeitpunkt
befand sich Deutschland am Westrand eines kräftigen Hochs mit
Schwerpunkt über Osteuropa. Da Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel
im Uhrzeigersinn umströmt werden, gelangte mit südlichen Winden recht
warme Luft aus dem Süden Europas zu uns. Die Höchsttemperaturen lagen
nahezu deutschlandweit nochmals knapp über 20 Grad, wodurch sogar
noch der ein oder andere neue Rekord für die zweite Dekade (Zeit vom
11. bis zum 20. Oktober) des Monats aufgestellt wurde.
Mittlerweile hat sich die Wetterlage über Europa umgestellt. Zu
Beginn dieser Woche entstand ein kräftiges Hochdruckgebiet mit dem
Namen XERXES und einem Kerndruck teils über 1040 hPa westlich der
Britischen Inseln. Dadurch stellte sich nun auf der Ostflanke dieses
Hochs eine nördliche Strömung ein, mit der kältere Luftmassen zu uns
gelangte. Verstärkt wurde die Strömung durch Tief SIGLINDE, das in
den vergangenen Tagen über Südskandinavien und das Baltikum hinweg
Richtung Westrussland zog und sich dabei zu einem Sturmtief
verstärkte. Damit kam nach langer Abstinenz mal wieder ein
Tiefdruckgebiet zumindest in die Nähe von Deutschland, was durchaus
die Hoffnung aufkommen ließ, dass damit auch der lang ersehnte Regen
fällt. Doch so leicht wollte sich Hoch XERXES von Tief SIGLINDE nicht
geschlagen geben und streckte rasch wieder seine Fühler Richtung
Mitteleuropa aus. Die kühlere Luft und der teils stürmische Wind
fühlten sich zwar herbstlich an, Regen gab es aber nicht überall.
Insbesondere Richtung Westen und Südwesten dominierte weiterhin der
Einfluss von Hoch XERXES und es blieb dort weitgehend trocken.
Nennenswerte Niederschlagsmengen gab es nur im Anstau einiger
Mittelgebirge sowie am östlichen Alpenrand. Am heutigen Donnerstag
folgt zwar ein weiteres Tief (TINA) auf ähnlicher Zugbahn wie Tief
SIGLINDE, aber auch damit sind nur geringe Niederschlagsmengen
verbunden und der Südwesten wird davon erneut nichts abbekommen.
Die Auswirkungen der monatelangen Trockenheit nehmen immer
augenscheinlichere Züge an, nicht nur bei Flora und Fauna, sondern
auch bei der Betrachtung der Flüsse. So gleicht beispielsweise der
Rhein mittlerweile an manchen Stellen zwischen den zum Vorschein
gekommenen Kiesbänken nur noch einem Rinnsal, wodurch auch mancher
versunkener ?Schatz? wieder zutage tritt. Das Einzugsgebiet des
Rheins ist zwar groß und der Fluss wird auch durch Zuflüsse aus der
Schweiz und Frankreich versorgt, die Trockenheit ist aber bei weitem
kein auf Deutschland begrenztes Problem. An vielen Stationen entlang
des Rheins nähern sich die Pegel mittlerweile historischen
Tiefstständen an oder haben diese sogar bereits unterboten. Der Pegel
der Stadt Köln meldete z.B. am Dienstag etwa 67 cm und lag damit noch
unter dem bisher niedrigsten Wert aus dem Jahre 2003. Was sicherlich
für die einen ein faszinierendes Naturschauspiel darstellt, wird für
manche Unternehmen zunehmend zu einem Problem, da beispielsweise
Schiffe aufgrund der relativ flachen Fahrrinne (Tiefe der Fahrrinne
entspricht allerdings nicht dem Pegelstand) nicht mehr voll beladen
werden dürfen. Und natürlich sind auch viele andere Flüsse
Deutschlands schon seit Monaten vom Niedrigwasser betroffen, was
anhand der aktuellen Meldungen der Bundesanstalt für Gewässerkunde
erkennbar ist.
Grund genug also, um sich im Rahmen des ?Thema des Tages? erneut der
Frage zu stellen, ob sich dieser Zustand in absehbarer Zeit ändern
wird. Hoch XERXES zieht sich zwar ein wenig nach Westen zurück, er
fungiert aber weiterhin als mächtiges Bollwerk gegenüber
Tiefdruckgebieten, die vom Atlantik kommen. Allerdings befindet sich
ein umfangreicher Tiefkomplex über Nord- und Nordosteuropa, dessen
Einfluss sich allmählich bis in den westlichen Mittelmeerraum
ausweitet. Dabei wird auch Deutschland von Tiefdruckgebieten
gestreift, die aber zunächst meist nur geringe Regenmengen bringen.
Interessant wird aber eine Tiefdruckentwicklung über Norditalien bzw.
dem westlichen Mittelmeer. Diese hat hierzulande zum einen zur
Auswirkung, dass am Wochenende mit einer nordöstlichen Strömung
kältere Luft aus dem Nordosten Europas angezapft wird. Zum anderen
könnte sich der Einfluss des Tiefs zumindest über den Alpenraum
hinweg bis in die südlichen Landesteile Deutschlands auswirken und
dort für teils länger anhaltenden Regen mit Mengen zwischen 20 und 30
Liter pro Quadratmeter in 48 Stunden, in höheren Lagen sogar für
Schnee sorgen. Dabei sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass
insbesondere über Norditalien teils enorme Regenmengen zu erwarten
sind. Richtung Mitte und Norden Deutschlands fallen die Regenmengen
deutlich geringer aus als in Süddeutschland, wobei im Norden ohnehin
Hochdruckeinfluss (ausgehend von Hoch XERXES) dominiert. Folglich
könnte der Wasserstand einiger Flüsse vorübergehend ansteigen, für
eine nachhaltige Wirkung sind aber weitere länger anhaltende
Niederschläge notwendig.
Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.10.2018
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