Thema des Tages

23-10-2018 07:20

Wieviel Energie steckt eigentlich in einer Wolke?

Viele Menschen haben den Eindruck, Wolken seien schwerelos und
schweben leise über der Erde. Gerade beim Blick aus dem Flugzeug
wirken sie federleicht. Und selbst große Gewitterwolken geben uns
trotz ihres bedrohlichen Aussehens nicht gerade den Eindruck, als
seien sie tausende Tonnen schwer.

Wagen wir uns deshalb an ein kleines Gedankenexperiment und fragen
uns, wie viel eine flauschige "Schönwetterwolke" wohl wiegen könnte.
Schönwetterwolken werden in Fachkreisen auch als Kumuluswolken
(Cumulus humilis oder Cumulus mediocris) bezeichnet. Bei den Kumuli
(Plural von Kumulus) handelt es sich um reine Wasserwolken, die im
tiefsten der drei Wolkenstockwerke in einer Höhe zwischen 600 m und
etwa 2 km zu finden sind. Eiswolken sind im Gegensatz dazu in
deutlich größeren Höhen anzutreffen. Die Temperatur schwankt im
Innern der Wolke etwa zwischen -10 und +10 Grad, die Wolkentröpfchen
können also auch "unterkühlt" (d. h. im flüssigen Aggregatszustand
mit einer Temperatur unter dem Gefrierpunkt) vorliegen.

Gehen wir also davon aus, dass diese Wolke etwa 500 Meter breit, 500
Meter lang und 500 Meter hoch ist und nehmen nun der Einfachheit
halber an, dass Luft bei einer Temperatur von 0 Grad Celsius etwa 5
Gramm Wasser pro Kubikmeter aufnehmen kann. Dann bringt alleine das
Wasser unserer Quellwolke ein unglaubliches Gewicht von 625 Tonnen
(entspricht 625 m³ Wasser) auf die Waage ? das Gewicht der Luft nicht
eingerechnet. Unsere kleine, flauschige Schönwetterwolke wiegt also
genauso viel, wie 125 ausgewachsene, afrikanische Elefanten. Und mit
den Wassermassen könnte man etwa 4200 Badewannen oder ein
quadratisches Schwimmbecken mit einer Tiefe von 2 Metern und einer
Seitenlänge von etwa 18 Metern füllen.

Bei einem gewittrigen Schauer im Sommer können auch schon mal 15 bis
25 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit aus einer Gewitterwolke
fallen. Allerdings zieht die Wolke noch mehrere Kilometer weiter und
regnet dabei immer weiter ab. Entsprechend bringt es die für unseren
Sommer durchschnittliche Gewitterwolke gut und gerne auf über eine
Million Tonnen. In den Tropen können sie sogar noch um ein vielfaches
schwerer sein. Auch wenn Wolken federleicht aussehen, sollte
spätestens jetzt klar sein, dass es sich dabei wohl eher um
?meteorologische Schwergewichte? handelt.

Noch beeindruckender ist übrigens die Energie, die in Form von
Wasserdampf in den Wolken steckt. Um dies zu berechnen, kann man
annehmen, dass es etwa 2500 Kilojoule an Energie benötigt, um 1
Kilogramm flüssiges Wasser mit einer Temperatur von 0 Grad Celsius in
Wasserdampf umzuwandeln. Rechnet man dies auf den Wassergehalt
unserer Wolke hoch, schlagen sagenhafte 1.562.500.000 Kilojoule
(entspricht etwa 1,56 Terajoule ) zu Buche. Konvertiert man diesen
Wert in die allgemein geläufigere Einheit Wattstunde, so stecken gute
434.028 Kilowattstunden (kurz kWh) an Energie in einer solchen Wolke.


Auf Anhieb wird man sich jedoch auch unter der Energiemenge in
Kilowattstunden nur wenig vorstellen können. Anhand einiger Beispiele
wird jedoch schnell klar, dass es sich hierbei um eine gewaltige
Menge handeln muss, die in der harmlos aussehenden Schönwetterwolke
steckt. Denn die 434.028 kWh entsprechen der bei einer Explosion von
etwa 375 Tonnen Trinitrotoluol (kurz: TNT - wohl einer der
bekanntesten Sprengstoffe) frei werdenden Energie und ist damit fast
zehnmal so hoch, wie die Sprengkraft der stärksten konventionellen
Bombe mit dem Namen ?Vater aller Bomben? (kurz: FOAB), die von
Russland erstmals im Jahr 2007 gezündet wurde.

Nimmt man an, dass ein Elektroauto der Mittelklasse einen Verbrauch
von 20 kWh auf 100 Kilometern Strecke aufweist, so kommt man mit der
Energie einer Kumuluswolke stolze 2,2 Millionen Kilometer weit. Das
entspricht ganzen 55 Erdumrundungen entlang des Äquators. Alternativ
könnte man mit der Energie auch einen handelsüblichen Haartrockner
mit 2000 Watt über 25 Jahre hinweg dauerhaft betreiben.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.10.2018

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