DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-09-2018 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 30.09.2018 um 10.30 UTC



Ruhiges, im Süden auch recht mildes Herbstwetter. Zum Wochenende wechselhafter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 07.10.2018


Mit Mittelfristbeginn Mitte der Woche am Tag der Deutschen Einheit präsentiert
sich das Wetter in der Tat recht einheitlich - nämlich wechselhaft und kühl. Das
ist einem abziehenden Sturmtief über dem Baltikum geschuldet, dessen Windfeld
vor allem noch den Norden und Osten des Landes voll erfasst hat und dort
verbreitet für starke bis stürmische Böen sorgt. Im Übergangsbereich zum
kräftigen, nordostwärts verschobenen Azorenhoch mit Zentrum südlich von Irland
beschränkt sich die Labilität allerdings auf die untere Troposphäre (etwa bis 3
km). Aufgrund der niedrigen 0 Grad-Grenze im 850 hPa Niveau langt das aber noch
für einzelne Schauer. In der Nacht zum Donnerstag gelangt die eingeflossene
Meereskaltluft von Westen unter Hochdruckeinfluss, was Wolkenauflösung und
Windabschwächung mit sich zieht. Wo es länger klar bleibt, droht abermals Frost
in Bodennähe, vereinzelt auch in 2m Höhe.

Am Donnerstag wölbt sich im Vorfeld einer Sturmtiefentwicklung bei Island mit
der verbundenen kräftigen WLA auf der Vorderseite ein Rücken auf, dessen Achse
im Tagesverlauf nach Mitteleuropa und Skandinavien schwenkt. Korrespondierend
weitet sich bodennah eine Hochdruckbrücke von Wales bis zum Balkan aus. An
dessen Nordrand erreicht die Warmfront des Islandtiefs die Küstengebiete. Mehr
als ein paar Spritzer sind bei nur schwachem Hebungsantrieb (schwache WLA) unter
antizyklonalem Einfluss aber nicht zu erwarten. Im Rest des Landes freundlich
mit zeitweiligem Sonnenschein. Von Westen schiebt sich allerdings nur sehr
zögernd die 5 Grad Isotherme landeinwärts, so dass in der langsam alternden
Meereskaltluft die Höchstwerte mit 15 bis 19 Grad noch recht gedämpft ausfallen.


Am Freitag schwenkt die Keilachse in der Höhe zwar ostwärts - bei anhaltend
hohem Geopotential verbleibt aber bodennah noch ein Keil über Deutschland, zumal
Druckfall fördernde Prozesse weit nordwestlich des Vorhersagegebietes
verbleiben. Bei weiterer Erwärmung mit der 10 Grad Isotherme über der Mitte des
Landes steht ein weiterer freundlicher und milder Herbsttag ins Haus. Aufgrund
der fortgeschrittenen Jahreszeit und der zu erwartenden starken nächtlichen
Inversion muss man allerdings teils zähe Nebelfelder beispielsweise entlang der
Donau einkalkulieren. Unterdessen amplifiziert sich der Ostatlantiktrog infolge
südwärts gerichteter KLA massiv und tropft...

...am Samstag über Westeuropa ab. Die Details sind noch sehr unsicher,
tendenziell ist aber der Abtropfvorgang in den aktuellen Berechnungen zwar weit
westlich, aber nur schwach, so dass das deutlich stärkere Residuum im Norden
durchschwenkt und eine Sturmtiefentwicklung entfachen könnte. Zuvor darf vor
allem der Osten und Süden des Landes noch länger Altweiberfeeling genießen.
Spätestens zum Sonntag verdichten sich allerdings die Anzeichen, dass
aufkommende Niederschläge und eine deutliche Abkühlung auch den Rest des Landes
erfassen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Freitag zeigt der aktuelle EZ 00z Lauf eine recht gute
Konsistenz zu seinen Vorläufen, so dass es keine wesentlichen prognoserelevanten
Veränderungen gibt. Die Erwärmung von Südwesten ab Donnerstag wurde etwas
verlangsamt, womit sich an der gestrige 0z Lauf den anderen Globalmodellen
angepasst hat.

Bezüglich der weiteren Entwicklung am kommenden Wochenende geht die Tendenz in
den jüngsten 2 Läufen nun dahin, dass sich ein Cut-Off Tief über Frankreich
etabliert und nicht von der Nordsee kommend über Norddeutschland hinweg zieht.
Daraus resultiert auch noch am Samstag freundliches und mildes Wetter in
Deutschland und erst zum Sonntag von Westen Regenfälle und Abkühlung.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


In Sachen gestriger Diskrepanz am Donnerstag zwischen zyklonal geprägtem
Norddeutschland (GFS, ICON) und antizyklonalem Einfluss (EZ) geht EZ in der
Zwischenzeit als Punktsieger hervor. So haben auch die anderen Globalmodelle
einen ordentlichen Satz im Bodendruck von 1015 hPa auf über 1025 hPa vollzogen.
Allerdings war EZ da mit der Erwärmung auch zu forsch, die Umwandlung vollzieht
sich einfach nicht mehr so schnell zu dieser fortgeschrittenen Jahreszeit und
die Advektionsvorgänge sind aufgrund der geringen Windgeschwindigkeiten aus
Südwesten auch zu schwach.

Ansonsten zeigt sich beim Modellvergleich ein ähnliches Bild wie in den
Konsistenzbetrachtungen. Bis Freitag scheint die weitere Entwicklung der
Basisfelder einigermaßen gesichert, danach gibt es noch viel Spielraum.
So favorisiert (übrigens auch konsistent) das amerikanische GFS weiterhin keinen
Abtropfvorgang sondern einen scharfen Trog über der Nordsee, auf dessen
Vorderseite ein markantes Sturmtief am Samstag zum Skagerrak zieht. Die nächste
Unwetterlage mit orkanartigen Böen an der nordfriesischen Küste wäre mit diesem
Szenario vorprogrammiert. Das kanadische GEM, das im Übrigen bei der Erfassung
von Sturmtief Fabienne eine Woche im Voraus hervorragend "performte", simuliert
ein bissiges Sturmtief genau über Norddeutschland. Ein schlechtes Omen?? ICON
schwankt beständig (inkonsistent) zwischen den beschrieben unterschiedlichen
Lösungen.

Unter dem Strich bleibt eine markante Sturmlage am kommenden Wochenende eine
realistische Lösung.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Erstaunlicherweise zeigen sich in den Rauchfahnen der 850 hPa Temperatur schon
ab Donnerstag größere Spreizungen, was der schrittweisen Erwärmung von Südwesten
geschuldet und offensichtlich vom genauen Timing noch nicht gesichert ist. Der
Höhepunkt ist dagegen recht einheitlich in der Nacht von Freitag auf Samstag mit
rund 10 Grad in 850 hPa angesiedelt, um dann in der Mehrheit des EPS am Sonntag
auf knapp unter 0 Grad abzufallen. Je weiter man dabei nach Norden schaut, desto
"wärmer" weichen Haupt- und Kontrolllauf davon ab (wegen der Cut-Off Lösung über
Frankreich). Zugleich liegen die deterministischen Läufe im Südwesten (Beispiel
Trier) um unteren Rand der Geopotentialverteilung und sind dort deutliche
Außenseiter.

Die Cluster im Zeitraum +120-168h (Fr-So) sehen sich allesamt recht ähnlich.
Interessanterweise zeigt selbst das mit 21 Membern am stärksten repräsentierte
Cluster 1, in dem auch Haupt- und Kontrolllauf zu finden sind, einen scharfen
Trogdurchgang am Sonntag über Norddeutschland. Somit ist es wahrscheinlich, dass
nur ein schwaches Abtropfen in die bereits (aufgrund der Vorgeschichte)
vordefinierten Tröge im westlichen Mittelmeerraum respektive bei Madeira
stattfindet. In den übrigen Clustern kann vom Abtropfen über Frankreich auch
keine Rede sein. Die mögliche Sturmlage erhält somit nicht nur von den anderen
Globalmodellen, sondern auch von den Ensembleverfahren weitere Unterstützung. Es
ist davon auszugehen, dass auch einer der nächsten Hauptläufe des EZ mal in
diese Richtung umschwenkt. Nach Abzug des Tiefs setzt sich in den Clustern in
der erweiterten Mittelfrist rasch von Westen wieder Hochdruckeinfluss durch
(SWa).

FAZIT: Am Mittwoch noch leicht unbeständig, dann freundliches und recht mildes
Herbstwetter. Zum Wochenende Wetterumschwung mit möglicher Sturmlage
wahrscheinlich - aber tendenziell nur als Intermezzo.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen betreffen eigentlich nur den Wind am Mittwoch,
wo an der Südwestflanke des Sturmtiefs über dem Baltikum in der hinreichend
labilen Luftmasse potentiell Oberwinde von 30-35 Knoten heruntergemischt werden
können. Ein EFI-Signal mit 0,8 und SOT>0 gibt es insbesondere über Nordpolen und
Vorpommern, wo aus der Nacht heraus auch einzelne schwere Sturmböen bis 100 km/h
auftreten können. Generell sind an der Küste sowie in den Hochlagen des
östlichen Berglandes Sturmböen aufgrund des einheitlich simulierten Gradienten
nahezu sicher. Die Wahrscheinlichkeit für Windböen bis 60 km/h (Bft 7) ist
östlich der Elbe nach COSMO-Leps mit 50-80% stark erhöht, für stürmische Böen
bis 75 km/h (Bft 8) sind in der Fläche mit 10-30% nur gering wahrscheinlich,
aber wie beschrieben in Schauernähe und exponierten Lagen durchaus vorstellbar.

Für die angesprochene mögliche Sturmlage am kommenden Wochenende mangelt es
derzeit noch an Hinweisen aus der Probabilistik.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen