Thema des Tages
30-09-2018 09:20
Dämmerung! Ob nautisch, bürgerlich oder astronomisch ? atemberaubende
Himmelsbilder sind vorprogrammiert.
Derzeit können aufgrund der Wetterverhältnisse sowohl am Morgen als
auch am Abend vielerorts wieder faszinierende Himmelbilder beobachtet
werden. Die untergehende Sonne strahlt mit voller Kraft
vorüberziehende Wolkenfelder an und lässt diese orange oder rot
erscheinen. Mit einer Skyline oder Bergen im Vordergrund werden dabei
einige tolle Postkartenbilder erzeugt. Die Übergangsphase vom Tag zur
Nacht wird somit zu einem eindrucksvollen Himmelsschauspiel.
Allgemein dauern der Übergang vom sonnenhellen Tag zur finsteren
Nacht sowie der umgekehrte Fall mehrere Stunden an. Die Übergangszeit
zwischen Tag und Nacht wird im Sprachgebrauch als "Dämmerung"
(Morgen- bzw. Abenddämmerung) bezeichnet. Physikalisch beschreibt die
Dämmerung den Zeitraum, in dem die Sonne unter dem Horizont steht,
ihr gestreutes Restlicht jedoch am Himmel noch sichtbar ist.
Vermehrte Staub-, Gas- und Eisaerosole in der Atmosphäre (bspw.
Vulkanasche) können die "Dämmerung" dabei enorm verstärken.
In der Astronomie werden bei der "Dämmerung" je nach Dunkelheit drei
unterschiedliche Arten definiert. Man unterscheidet dabei zwischen
"bürgerlicher Dämmerung", "nautischer Dämmerung" und "astronomischer
Dämmerung".
Ausgangspunkt für die Dämmerung ist der Sonnenuntergang, der in
Mitteleuropa etwa 3 bis 4 Minuten vom ersten Kontakt der
Sonnenscheibe mit dem Horizont bis zu ihrem vollständigen
Verschwinden dauert. Danach spricht man zunächst von "bürgerlicher
Dämmerung" bezeichnet, bei der bequem noch ohne künstliches Licht
gelesen werden kann. Die Sonne steht bei der bürgerlichen Dämmerung
entsprechend nicht tiefer als 6° unter dem Horizont, sodass noch
ausreichend gestreutes Sonnenlicht den Beobachter erreicht. Dennoch
sind am Himmel schon helle Planeten wie bspw. die Venus oder der
Jupiter sowie die hellsten Sterne des Sirius zu erkennen. Zeitlich
umfasst diese erste Phase je nach Breitengrad und Jahreszeit eine
Länge zwischen 37 und 51 Minuten und bringt atemberaubende
Erscheinungen wie den Erdschattenbogen (siehe Link 1), das
Purpurlicht (siehe Link 2) sowie das Alpenglühen (siehe Link 3) am
Horizont hervor.
An die "bürgerliche Dämmerung" schließt sich die "nautische
Dämmerung" an. Sie endet sobald die Sonne 12° unter dem Horizont
steht. Bei den meisten Aktivitäten wird nun zusätzliches künstliches
Licht benötigt, da die restlichen gestreuten Sonnenstrahlen die
Umgebung alleine nicht mehr ausreichend aufhellen. Am Himmel sind am
Ende der nautischen Dämmerung schon kleinere Sterne und somit Umrisse
der ersten Sternbilder zu erkennen. Gleichermaßen treten häufiger
Himmelsspektakel wie die "farbigen Horizontalstreifen" - ein farbiger
meist glutroter Streifen oberhalb weiter Bereiche des Horizonts, der
bis zu 180 Grad betragen kann- oder die sogenannte "Blaue Stunde"
-besondere Färbung des Himmels, während die Sonne etwa 4 bis 8 Grad
unter dem Horizont steht- auf.
Der nautischen Dämmerung folgt die astronomische Dämmerung, bei der
sich die Sonne 12 bis 18° unter dem Horizont befindet. Nachfolgend
erreicht das Sonnenlicht auch die höheren Luftschichten nicht mehr,
sodass der Himmel richtig dunkel erscheint. Die beste Zeit für
Sternengucker beginnt. Am Morgen verlaufen die drei Phasen der
Dämmerung in der umgekehrten Reihenfolge, bis die Sonne schließlich
am Horizont aufgeht.
Wie oben schon beschrieben ist die Dauer der Dämmerung stark von der
geographischen Breite abhängig. Je größer der Abstand zum Äquator,
desto länger dauert die Dämmerung. Da die Sonnenbahn am Äquator am
Morgen sehr steil aufsteigt und entsprechend stark am Abend auch
wieder absinkt, verschwindet die Sonne rasch unter den Horizont. Je
näher man jedoch den Erdpolen kommt, umso ausgeprägter wird der
Dämmerungsverlauf zu bestimmten Jahreszeiten.
Wie überall gibt es aber auch bei der Dämmerung gewisse Ausnahmen. Am
Tag der Sommersonnenwende geht die Sonne in den Polarregionen etwa ab
einer geographischen Breite von 65,7° aufgrund der atmosphärischen
Refraktion überhaupt nicht unter, sodass die Dämmerung komplett
entfällt. Zudem gibt es im Sommer auf allen Breitengraden größer als
48,56° Nächte, in denen die Sonne zwar unter den Horizont sinkt, aber
nie tiefer als 18°. In diesen Regionen wird es also nie richtig Nacht
mit völliger Dunkelheit. Stattdessen herrscht eine Art
Dauerdämmerung, die auch unter dem Begriff "Mitternachtsdämmerung"
bekannt ist. Visuell ist diese Dämmerung für das menschliche Auge
teilweise aber nicht zu erkennen. Auf den Breitengraden größer 54,56°
gibt es im Sommer Nächte, in denen die nautische Abenddämmerung
direkt in die nautische Morgendämmerung übergeht. Dies bedeutet
gleichermaßen, dass die Sonne während der ganzen Nacht nicht weniger
als 12° unter dem Horizont steht. Auf den Breitenbereichen größer
60,56°, wo die Sonne dann nicht unter 6° unter den Horizont sinkt,
gilt ähnliches für die "bürgerliche Dämmerung".
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.09.2018
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst