DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-09-2018 13:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 28.09.2018 um 10.30 UTC



Leicht unbeständiger und windiger, an den Küsten sowie zeitweise im Osten
stürmischer Wettercharakter!
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 05.10.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Montag liegt Deutschland nach dem
aktuellen 00 UTC Lauf des EZMW im Bereich eines Langwellentroges, der unter
Verkürzung seiner Wellenlänge die Amplitude weit nach Süden bis in den
westlichen Mittelmeerraum erweitert und im Golf von Genua ein eigenes Höhentief
bildet. Auf dem Atlantik bäumt sich gleichzeitig ein kräftiger Rücken auf,
dessen Achse über Irland und Schottland bis ins nördliche Skandinavien reicht.
Auf der Vorderseite des Rückens wird dabei über die Nordsee und Benelux hinweg
eine stramme nördliche Höhenströmung simuliert. Das Höhentief über dem Golf von
Genua wird auch am Boden durch ein eigenständiges Drehzentrum präsentiert. Zudem
stützt der Höhenrücken ein ausgeprägtes, blockierendes Bodenhoch auf dem
Atlantik. Auf dessen Ostflanke wird mit einer nordwestlichen Strömung kühle Luft
polaren Ursprungs nach Deutschland geführt. Die Kaltfront eines Nordmeertiefs
wird dabei nach Südosten gedrückt und an den Alpen gestaut. In 850 hPa sollen
demnach die Temperaturen nur noch zwischen +2 und -2 Grad liegen.

Am Dienstag setzt über Deutschland ein Abschnürungprozess des sich
intensivierenden Höhentiefs über dem nördlichen Mittelmeer ein. Dadurch kann
sich der Rücken auf dem Atlantik über Westeuropa bis in den Süden Deutschlands
ausdehnen, sodass dessen Achse etwa zwischen Main und Donau verläuft.
Gleichzeitig stellt sich zwischen dem atlantischen Rücken und einem
Höhentiefkomplex über dem Nordmeer eine starke nordwestliche Windkomponente ein,
die in 300 hPa ein Jet mit 160 Knoten aufweist. Bodennah kann sich analog zu den
Entwicklungen in der Höhe vom Hoch über dem Ostatlantik eine Hochdruckbrücke bis
nach Südosteuropa ausbilden. Vor allem die Nordosthälfte des Landes liegt
entsprechend in einer kräftigen Nordströmung. Ausgeprägte WLA und leicht
zyklonaler Einfluss führt jedoch auch im Südwesten für ausreichend Hebung und
somit etwas Niederschlag.

Am Mittwoch bleiben die Strukturen in der Höhe grundsätzlich erhalten. Der
Höhenrücken kann sich im Vergleich zum Vortag etwas weiter nach Osten
verschieben und drückt die Frontalzone nordwärts. Einhergehend gelangt
Deutschland von Westen zunehmend unter leichten antizyklonalen Einfluss. Am
Boden stützt der Rücken eine Hochdruckzone, die sich vom Ostatlantik und
Westfrankreich über den Süden des Landes südostwärts erstreckt. Durch hohen
Luftdruck am Boden und die antizyklonalen Strukturen in der Höhe sollen die
Niederschläge im Westen und Süden nachlassen, während im Norden durchziehende
Tiefausläufer weiter zu einem unbeständigen Wettercharakter sorgen.

Am Donnerstag wird der Rücken aufgrund eines aufziehenden Höhentroges, der
Deutschland bis Freitag überquert und nach Osten abzieht, abgebaut und auf den
Atlantik abgedrängt. Nachfolgend sollen sich nach den Berechnungen des EZMW über
West- und Mitteleuropa zumindest vorübergehend zonale Strukturen einstellen. Auf
der Vorderseite des Troges am Donnerstag wird dabei mit einer hochreichenden
südwestlichen Strömung warme Luft von der Iberischen Halbinsel nordostwärts
geführt, sodass die Temperaturen in Deutschland von Nordwest nach Südost im 850
hPa-Niveau bis auf Werte zwischen 6 und 16 Grad steigen. Rückseitig folgt
schließlich eine Kaltfront, die die Temperaturen bis Freitagabend wieder auf -2
bis 9 Grad purzeln lässt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des heutigen Laufs des EZMW von 00UTC ist bis Donnerstag als
mittelmäßig, ab Donnerstag als schlecht einzustufen. Zwar sind im Vergleich zum
Vortag keine gravierenden Abweichungen des Geopotential- und
Bodenluftdruckfeldes zu verzeichnen, dennoch gibt es auch beim aktuellen Lauf
bezüglich der Phase und auch der Amplitude der Muster weiter signifikante
Unterschiede zu der gestrigen Simulation. In den Vorläufen sollte der
Langwellentrog am Dienstag stärker ausgeprägt sein und somit eine langsame
Verlagerungsgeschwindigkeit aufweisen, beim heutigen 00UTC Lauf ist die
Amplitude geringer, sodass der Trog rasch über den Norden Deutschlands nach
Osten abzieht. Die Unterschiede führen schließlich auch im Bodenfeld für eine
schnellere Verlagerung des Bodentroges. Im weiteren Verlauf potenzieren sich die
die Unterschiede der Amplitude und der Phase weiter auf. Während der aktuelle
Lauf des EZMW bis Freitag eine Abfolge von Rücken/Trog-Kombinationen zeigt und
erst dann zonalere Strukturen aufkommen lässt, simulierte der gestrige Lauf
grundsätzlich schon ab Mittwoch ein zonales Grundmusterm und tendierte zum Ende
des mittelfristigen Zeitraum wieder zu meridionalen Verhältnissen. Nach den
neusten Berechnungen führen in gewissen Abständen, korrelierend zur
Trog-/Rückenabfolge in der Höhe, von Nordwesten auf Deutschland übergreifende
Kaltfronten zwar zu etwas Niederschlag, zwischenzeitlich beruhigt
Hochdruckeinfluss jedoch auch im Norden das Wetter.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am Montag zeigen die Wettermodelle der führenden Wetterdienste (IFS, ICON, GFS,
GEM) ähnliche Grundmuster der Geopotential- und Luftdruckfelder. Im weiteren
Verlauf nehmen die Abweichungen jedoch signifikant zu, sodass keine oder kaum
Modellübergreifende Konsistent vorhanden ist.

Analog zu den Unsicherheiten des IFS des EZMW gibt es auch im Vergleich der
Globalmodelle untereinander bezüglich der Phase und auch der Amplitude der
Muster große Unterschiede. Ähnlichkeiten lassen sich dabei allerdings zwischen
ICON und IFS feststellen. Beide Modelle zeigen ab Dienstag den Abtropfprozess im
nördlichen Mittelmeerraum. Ansonsten simuliert zunächst das IFS den
durchschwenkenden Trog aufgrund geringerer Amplitude etwas schneller. Beim
nachfolgenden System zeigt dagegen ICON eine geringere Amplitude, sodass es die
Phasenunterschiede zum IFS nahezu ausgleicht. Insgesamt sind damit einhergehend
die Strukturen beim ICON schon ab Donnerstag zonaler als beim aktuellen Lauf des
IFS.

Das GFS weicht von den Interpretationen des IFS und ICON signifikant ab. Im
Vergleich zu den beiden zunächst genannten Modellen vollzieht das GFS keinen
abgeschlossenen Abtropfprozess. Stattdessen amplifiziert sich der Trog und
reicht weit in den Mittelmeerraum hinein. Zeitweise weist er dort auch ein
eigenes Höhentief aus. Eine Abkopplung von der Höhenströmung findet aber nicht
statt. Aufgrund der der großen Amplitude des Troges verlagert sich dieser im
Vergleich etwas langsamer ostwärts. Gleichzeitig kann sich vom westlichen
Mittelmeer ausgehend ein Rücken bis nach Frankreich aufbäumen. Insgesamt
überwiegt somit beim GFS die Meridionalkomponente. Lediglich von den Britischen
Inseln bis zur Ostsee kann sich die Strömung am Freitag zeitweise zonalisieren.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen ausgewählter Orte in Deutschland zeigen bis einschließlich
Montag eine hohe Vorhersagegüte. Ab Dienstag nimmt der Spread bei den 850
hPa-Temperaturen sowie auch beim Geopotential und somit auch die Unsicherheiten
zu. Während die Vorhersagegüte bezüglich des Geopotentials bis einschließlich
Mittwoch vor allem im Süden und der Mitte noch als relativ gut zu bezeichnen
ist, lässt eine Spread von 10 bis 15 Kelvin bei der Temperatur schon viel
Interpretationsspielraum. Ab Donnerstag spreizen sich die Rauchfahnen weiter
auf. Bei der Temperatur lassen sich auch Schwerpunkte nur noch schwierig
ausmachen. Beim Niederschlag ist fast alles möglich.

Im Zeitraum von +72 bis +96h beschreiben insgesamt drei Cluster die Variabilität
der Geopotential- und Luftdruckmuster. Alle Cluster werden dabei in das
klimatische Regime "Atlantischer rücken" eingeordnet. Sowohl der Haupt- als auch
der Kontrolllauf befinden sich in Cluster 1. Allgemein weisen die drei
Clusterinterpretationen nur geringe Abweichungen auf. Sichtbare Unterschiede
gibt es vor allem bei der Amplifizierung des Troges die am Dienstag zum
Abtropfungsprozess führt.

Im Zeitraum von +120 bis +168h werden die aufgeführten drei Cluster weiter
nahezu komplett in das Regime "Atlantischer Rücken eingeordnet. Unterschiede
untereinander sind vor allem bei der Lage und Ausdehnung des Rückens über
Ostatlantik zu verzeichnen. Während Cluster 1 und Cluster 3 im betrachteten
Zeitraum zunehmend eine Zonalisierung zeigen, bleibt Cluster 2 bei einer
Trog/Rücken/Trog Abfolge, die ostwärts durchschwenkt. Während sich der
Kontrolllauf im Cluster 1 befindet, wird der deterministische Lauf dem Cluster 2
zugeordnet. Der gestrige Hauptlauf wäre ebenfalls im Cluster angesiedelt,
welches mit 23 Membern mit Abstand größte Anzahl an Läufen umfasst. Zählt man
die Läufe von Cluster 3 hinzu, das sich nur geringfügig von Cluster 1
unterscheidet, würden insgesamt 36 Mitglieder für eine Zonalisierung schon ab
Mittwoch stehen.

Im Zeitraum der erweiterten Mittelfrist von +192 bis +240h stellen vier Cluster
die Unsicherheiten des Ensembles dar. Dabei werden die Cluster zunehmend in das
klimatische Regime "Positive NAO" eingeordnet. Diese beschreibt überwiegend
zonale Verhältnisse über dem Atlantik, die sich teilweise bis nach Mitteleuropa
ausdehnen. Lediglich Cluster 2 weicht von dieser Interpretation signifikant ab
und zeigt einen erneuten Übergang zu einem meridionalen Zirkulationsmuster.

Die Meteorgramme stützen die Aussage der Rauchfahnen. Gleichermaßen werden die
deutlich zunehmenden Unsicherheiten in der Vorhersage mit einem großen Spread
bei nahezu allen Parametern angegeben.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Von Montag bis Freitag an den Küsten sowie in den Kammlagen von Harz und
Erzgebirge stürmische, exponiert auch Sturmböen wahrscheinlich. In der Nacht zum
Mittwoch und Mittwoch zeitweise auch im Osten in Böen stürmisch auffrischender
Wind. Das C-LEPS stützt die stürmischen Böen in Küstennähe mit
Wahrscheinlichkeiten zwischen 40 und 80%. Für Sturmböen (Bft 9) sprechen Werte
zwischen 10 und 50%. Im EZ-EPS sind geringfügig niedrigere Wahrscheinlichkeiten
wiedergegeben.

An den Alpen am Montag und Mittwoch Dauerregen gering wahrscheinlich. Vor allem
EZ-EPs zeigt diesbezüglich Wahrscheinlichkeiten zwischen 5 und 25%, bei C-LEPS
sind es um 5%


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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, ICON-EPS, bedingt MOSMIS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel