DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-09-2018 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.09.2018 um 10.30 UTC



Umstellung der Wetterlage mit Sturmtiefpassage von Sonntag zu Montag, genaue
Zugbahn noch unsicher. Dahinter vorübergehend merkliche Abkühlung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 27.09.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag - übrigens
dem Beginn des kalendarischen Herbstes - ist alles angerichtet für das erste
Herbstspektakel des Jahres 2018. Die Frage ist nur, wo genau die Bühne stehen
wird, auf dem das Naturschauspiel stattfinden wird.
Als Protagonist tritt ein Tief auf, das um 00 UTC zunächst noch relativ
unscheinbar (etwas unter 1005 hPa), aber äußerst entwicklungsgünstig (rechter
Jeteingang bzw. vorderseitig eines markanten KW-Troges) knapp westlich von
Irland liegt. Nach Lesart von IFS (ECMF) von heute, 00 UTC zieht das Tief im
Tagesverlauf über England hinweg zur Nordsee, von wo aus es in der Nacht zu
Montag Jütland passiert. Dabei entwickelt es sich zu einem veritablen Sturmtief,
das nicht nur auf einen Kerndruck von nahe 980 hPa kommt, sondern auch einige
Merkmale einer Shapiro-Keyser-Zyklone aufweist.
Auf der Vorderseite des Tiefs wird am Sonntag noch mal eine Portion Warmluft
angesaugt (T850 10 bis 14°C, im Süden mit leichtem Föhn sogar bis zu 17°C), die
dann aber in der Nacht zum Montag mit einer Kaltfrontpassage knallhart
weggeräumt wird (T850 am Montagmorgen nur noch 0 bis 5°C). Dabei kommt es
bereits im Vorfeld zu (möglicherweise gewittrigen) Regenfällen, außerdem frischt
der Wind (erst südliche Richtungen, dann auf West bis Nordwest drehend) merklich
und z.T. stürmisch auf. Auf Details wird an dieser Stelle noch bewusst
verzichtet, die Gründe dafür findet man in den nächsten Kapiteln.
Zu Beginn der neuen Woche zieht das Sturmtief weiter in Richtung Baltikum,
während der Luftdruck über dem nahen Ostatlantik mächtig steigt. Dort b(r)aut
sich ein dickes fettes Hoch auf, dessen Zentrum am Tagesende mit etwas über 1040
hPa über Irland positioniert ist. Zwischen den beiden Druckgebilden stellt sich
bei uns eine hochreichende und sehr lebhafte Nordwestströmung ein, in der ein
Jetmaximum zur Mittagszeit mitten über den Vorhersageraum verläuft. Zudem wird
das ganze Land mit frischer maritimer Polarluft geflutet (T850 -2 bis 0°C), so
dass Deutschland einen wechselhaften und sehr windigen bis stürmischen Montag
erleben dürfte, an dem die Schneefallgrenze in den Alpen auf rund 1500 m sinkt.
Im weiteren Verlauf der Woche setzt sich die zuvor begonnene Meridionalisierung
der großräumigen Strömung eindrucksvoll fort. Auf der einen Seite (östlich von
uns) mutiert der der o.e. markante KW-Trog zu einem substanziellen LW-Trog, der
zum Donnerstag über dem Balkan in Richtung Italien abtropfen soll. Auf der
anderen Seite etabliert sich über Westeuropa bzw. dem nahen Ostallantik ein
breiter Höhenrücken, von dem aus sich ein keil bis nach Fennoskandien erstreckt.
Wir verbleiben zwischen den Stühlen, wobei die Höhenströmung von anfänglich
Nordwest über Nord auf Nordost dreht. Obwohl das Bodenhoch seine Fühler bis nach
Mitteleuropa respektive Deutschland ausstreckt, bleibt die Witterung bei
nachlassendem, meist aus nördlichen Richtungen kommendem Wind leicht wechselhaft
und kühl (T850 mit nur geringem Anstieg gegenüber Montag).
Im erweiterten Mittelfristzeitraum ab Freitag wandert der angesprochene
Höhenkeil nach Norddeutschland, während der Süden in den Randbereich des
westwärts driftenden Cut-Off-Tiefs gelangt. Am Wochenende deutet sich dann der
nächste Kaltluftvorstoß von Norden her an, der mit einer Austrogung in der Höhe
einhergeht.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Schaut man sich die jüngsten Modellprognosen von IFS (ECMF) an, kommt man etwas
ins Grübeln, wenn es darum geht, die Konsistenz zu beurteilen. Auf einen Seite
ist die Konsistenz gut, auf der anderen Seite weniger gut. Warum dieser
(scheinbare) Widerspruch?
Gut ist die Konsistenz dahingehend, dass die bevorstehende Umstellung der
Wetterlage weg von spätsommerlich hin zu frühherbstlich beständig simuliert
wird. Gut ist auch, dass die Umstellung (die bereits am morgigen Freitag
eingeleitet wird, ihren Hauptschritt aber erst von Sonntag zu Montag tätigt) auf
Sturmtiefs zurückgeht, die bei uns vorübergehend eine Starkwind- respektive
Sturmlage bringen.
Weniger gut allerdings ist die Tatsache, dass insbesondere die Zugbahn, aber
auch die Intensität und das Timing der jeweiligen Tiefs von Lauf zu Lauf recht
stark voneinander abweichen. Die rückseitige Polarluft bringen uns ab Montag
alle Tiefs, egal, auf welcher Bahn sie ziehen. Ab wann, wo und wie stark es aber
am stürmischsten wird, und wann, wo es wie viel regnet, kann heute noch nicht
abschließend beantwortet werden.
Unsicher ist derzeit auch noch, ob wir im Laufe der nächsten Woche eher am Rande
des kräftigen, sich bei UK/Irland etablierenden Hochs verbleiben (=> dauerhaft
kühl) oder ob sich dieses Hoch in Richtung Mitteleuropa verlagert (=>
allmähliche Erwärmung).
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wie zu befürchten war, zeigt auch der übliche Vergleich unter den Globalmodellen
eine gewisse Streuung hinsichtlich der Sturmtiefentwicklung sowie der Zugbahn
des Tiefs. Dabei ergibt es wenig Sinn, an dieser Stelle Modell für Modell
durchzugehen und die jeweilige Entwicklung zu beschreiben. Betrachtet man die
diversen Modelle aber als Ensemble, so deutet sich mehrheitlich eine Zugbahn an,
die nördlich der Mittelgebirgsschwelle irgendwo über Nord- und
Nordostdeutschland verläuft. IFS zeichnet also einen recht weit nördlich
verlaufenden Kurs und hinkt dabei zeitlich den meisten anderen Modellen etwas
hinterher. ICON wiederum steht für den südlichen Rand potenzieller Zugbahnen,
auch wenn der 06-UTC-Lauf gegenüber 00 UTC (dort knapp südlich der Mainlinie)
etwas nach Norden gerückt ist. So oder so, der Entwicklungshöhepunkt des Tiefs
scheint erst östlich von uns erreicht zu werden, was aber keinesfalls die
mögliche Brisanz der Lage schmälern soll.
Der rückseitige Kaltlufteinbruch zu Wochenbeginn ist modellübergreifend
unstrittig, die nachfolgende Entwicklung noch nicht ganz. Die Mehrheit der
etablierten Modelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) lässt im Gegensatz zu IFS das Hoch
von Westen her Mitteleuropa übergreifen, was mit einer allmählichen Erwärmung
einhergehen würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen von IFS- und GFS-EPS zeigen bis incl. Dienstag einen eng
gebündelten Verlauf der Parameter T50 und Pot500 mit einem eindeutigen RR-Peak
am Sonntag bzw. zu Beginn des Montags. Trotz dieser guten Übereinstimmung bringt
die Clusterung für den Zeitraum Sonntag bis Montag (T+72...96h) zwei Cluster auf´s
Parkett, die sich im Wesentlichen in einem Punkt unterscheiden - der Zugbahn des
Tiefs. CL 1 (34 Fälle) und der Kontrolllauf favorisieren die auch von den
meisten Modellen bevorzugte "norddeutsche" Variante, während CL 2 (17 Fälle)
sehr nahe am Hauptlauf liegt.
Ab Dienstag nimmt dann die Streuung deutlich zu, was sich auch in der Anzahl der
Cluster widerspiegelt. Gleich sechs Stück werden für die Zeit von Dienstag bis
Donnerstag (T+120...168h) angeboten (13+KL, 10, 9+HL, 8, 6, 5), wobei die einzige
für uns relevante Frage ist, was mit dem Hoch passiert. CL 2 und 3 setzen auf
eine (kühle) Randlage, die anderen schieben den Schwerpunkt auf den Kontinent
(=> allmählich milder), was einem Verhältnis von 19:32 entspricht. Ob sich die
Natur am Ende auch an demokratische Mehrheitsverhältnisse hallten wird, bleibt
abzuwarten. Als Fazit aus deterministischer und probabilistischer Sicht lässt
sich aber konstatieren, dass der Hauptlauf von IFS zwar keine krasse, aber doch
eine leichte Außenseiterstellung einnimmt, besonders hinsichtlich der Zugbahn
des Sturmtiefs und dem Verhalten des nachfolgenden Hochs.
Der Chronistenpflicht halber sei noch erwähnt, dass die Clusterzahl ab Freitag
(T+192...240h) mit fünf hoch bleibt, wobei alle Optionen (wechselhaft und
herbstlich kühl bis beständig und spätsommerlich mild) möglich erscheinen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Über die Sturmtiefpassage und ihre Unwägbarkeiten von Sonntag zu Montag wurde ja
nun schon viel geschrieben. Tatsache ist, dass die Wetterlage - vorsichtig
ausgedrückt - nicht uninteressant wird. Oder mit anderen Worten, dass Teilen
Deutschlands eine Sturmlage bevorsteht, scheint sicher, weniger hingegen die
Details wie Intensität, räumliche Verteilung und Timing. Im offiziellen Bulletin
("Wochenvorhersage Wettergefahren) hat sich der Verfasser weitgehend an der
Probabilistik orientiert, die am Sonntag und in der Nacht zum Montag sturmmäßig
vor allem den Westen, die Mitte und den Süden vorne sehen (bis 10 Bft,
exponieret Hochlagen bis 12 Bft), am Montag dann den Norden und Osten (bis 9
Bft, Nordsee und Hochlagen bis 10 Bft).

Der meiste Regen dürfte eher auf der Nordseite des Tiefs fallen, was vor allem
den Norden, vielleicht auch noch Teile der Mitte betreffen würde (von Sonntag
bis Montag gebietsweise 30-50 mm innert 24 h).
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS- und GFS-EPS mit GFS und in Teilen MOS-Mix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann