Thema des Tages

09-06-2018 08:50

Sturzfluten: Von Null auf Hochwasser

Die Gewitter wollen einfach nicht weichen. Auch über das Wochenende
hinweg besteht in Deutschland erhöhte Unwettergefahr, insbesondere
aufgrund von lokalem, heftigem Starkregen. Schon in den vergangenen
Tagen und Wochen und auch heute wird wieder darauf hingewiesen werden
müssen, dass die Starkregenfälle mitunter zu einer hohen
Sturzflutgefahr führen. Doch was versteht man darunter? Wo und wann
treten Sturzfluten bevorzugt auf?

Eine Sturzflut ist eine plötzlich auftretende Überschwemmung von
relativ zur Umgebung tief gelegenem Terrain, beispielsweise von
Flusstälern oder Muldenlagen, als Folge heftiger Starkregenfälle.
Auch Schmelzwasser kann Sturzfluten verursachen, vor allem in
Verbindung mit Starkregen. Sturzfluten treten also bevorzugt in
bergigen oder hügeligen Regionen auf, wie zum Beispiel im Bereich der
deutschen Mittelgebirge oder in den Alpen. Sind die Böden sehr
trocken oder bereits wassergesättigt, fließen gerade bei
Starkregenereignissen große Wassermassen oberflächlich ab und in
tiefer gelegenem Terrain zusammen. Das ist auch der Grund, warum
Sturzfluten häufig nicht dort auftreten, wo das Gewitter am stärksten
tobt, sondern ?talwärts? oder auch stromab eines Baches. Von einer
Sturzflut spricht man allerdings erst dann, wenn zwischen
verantwortlichem Niederschlagsereignis und hereinbrechender Flut
weniger als sechs Stunden vergehen.

Die Frage, ab welchen Niederschlagsmengen Sturzfluten auftreten oder
zumindest zu befürchten sind, lässt sich allerdings nicht so einfach
beantworten. Denn verschiedenste geomorphologische und hydrologische
Eigenschaften sowie die Bodenbeschaffenheit legen letztendlich fest,
wie "verwundbar" eine bestimmte Region gegenüber Sturzfluten ist. Die
Schwere der Auswirkungen von Starkregenfällen ähnlicher Intensität
kann je nach "Verwundbarkeit" demnach stark variieren.

Da sich die amtlichen Warnungen des Deutschen Wetterdienstes und
deren Einteilung in die vier Warnstufen in erster Linie aber nach
meteorologischen Größen wie beispielsweise Niederschlagsmengen
richtet und nicht nach dem zu erwartenden "Impact", sind die
folgenschweren Sturzfluten nicht ausschließlich an extreme
Unwetterwarnungen gebunden. Auch wenn eine Unwetterwarnung oder
Warnung vor markantem Wetter herausgegeben wurde, sind Sturzfluten
nicht auszuschließen.

Was Sturzfluten so gefährlich macht, sind ihr plötzliches Auftreten
und das rasch sehr hoch steigende, extrem schnell fließende Wasser.
Die ungeheure Kraft, die dabei binnen weniger Sekunden entfaltet
wird, reicht aus, um massive Gegenstände wie beispielsweise Mauern
oder Brücken einfach mitzureißen. Auch im Auto sind Sie nicht sicher!
Vermeiden Sie daher, mit Ihrem Fahrzeug durch die Flut
hindurchzufahren, selbst wenn das Wasser vermeintlich flach über
Straßen und Wege fließt. Untersuchungen in den USA haben ergeben,
dass eine Wasserhöhe von einem guten halben Meter bereits ausreicht,
um selbst schwergewichtige SUVs wegzuschwemmen. Drehen Sie bei einer
nahenden Flutwelle also unbedingt um und flüchten Sie in höher
gelegenes Terrain!

Um sich möglichst frühzeitig auf eine solche Gefahrenlage
vorzubereiten, verfolgen Sie die Wetter- und Warnlage auf www.dwd.de
oder in der WarnWetter-App, insbesondere dann, wenn Sie in einer
Region wohnen, für die eine "Vorabinformation Unwetter vor schwerem
Gewitter" gültig ist.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.06.2018

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