Thema des Tages

01-06-2016 14:40

Gewitter ohne Ende?

Seit mittlerweile 7 Tagen dominieren in weiten Teilen Deutschland die
Gewitter. Auch am heutigen Mittwoch wird das nicht anders sein, und
selbst in den nächsten Tagen ist vorerst kein Ende der Gewitterserie
in Sicht. Ziemlich häufig kam es dabei nach den Warnkriterien des
Deutschen Wetterdienstes auch zu Unwettern, sodass bereits seit 6
Tagen seitens des DWD im Rahmen von Youtube Unwetterclips für die
Öffentlichkeit produziert und verbreitet werden. Unwetter gab es
insbesondere wegen Starkregen, Hagel und Hagelansammlungen, mit
teilweise drastischen Auswirkungen bis hin zu leider zu beklagenden
Todesopfern.

Für den ersten Teil der Gewitterserie bis zum gestrigen Dienstag
zeichnete sich Tief "Elvira" verantwortlich, das sich, begünstigt
durch ein auch in mittleren und höheren Atmosphärenschichten
vorhandenes, fast stationäres Tief, seit Tagen kaum fortbewegt und
uns damit in Deutschland jeden Tag immer wieder mit Blitz und Donner
samt unerwünschten Begleiterscheinungen behelligt hat.

Endlich ist "Elvira" nun aber mit westlicher Verlagerung nach
Frankreich weitergezogen und löst sich dort allmählich auf. Ein Grund
zum Aufatmen ist das für uns aber nicht, denn in ihre Fußstapfen
tritt Tief "Friederike". Es verlagert sich heute von Polen her nach
Deutschland und bringt die zuvor nach Nordosten abgedrängten
feuchtwarmen Luftmassen wieder in die meisten Bereiche Deutschlands
zurück. Gleichzeitig wird die derzeit sehr beständige Großwetterlage
"Tief Mitteleuropa" (TM), die für den Gewittersumpf mit nur schwachen
Luftdruckgegensätzen sorgte und weiterhin sorgt, weiter
aufrechterhalten. Da die Luftmassen immer noch ähnlich beschaffen
sind wie in den letzten Tagen, muss nun erneut mit teils kräftigen
Schauern und Gewittern gerechnet werden, die bei langsamer
Verlagerung insbesondere bezüglich Starkregen, Hagel und
Hagelansammlungen zum Teil auch wieder lokal eng begrenzt
unwetterartig ausfallen dürften (siehe dazu die Grafik der
Gewittergefahren in den nächsten Tagen, zu finden unter
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/6/1.html).

"Friederike" erfährt wie auch schon "Elvira" Unterstützung durch das
darüber liegende Höhentief, das mindestens bis Sonntag weiter Mittel-
und Westeuropas überdecken wird und somit bis mindestens Sonntag die
Gewitterluft bei uns hält. Nach einigen Lösungen der Wettermodelle
kann es sogar in der ganzen nächsten Woche mit der Gewittertätigkeit
weitergehen, andere setzen jedoch eher auf das Prinzip Hoffnung,
verstärken den Hochdruckeinfluss und beenden somit mehr oder weniger
die Tiefdruckvorherrschaft.

Nun erreichen uns Meteorologen natürlich immer wieder Fragen, ob das
der Klimawandel sei? Dazu ist zu sagen, dass man an solchen
Einzelereignissen wie diese mehrtägige Gewitterlage den Klimawandel
nicht festmachen kann. Für Aussagen zum Klimawandel werden längere
Zeiträume analysiert, häufig z.B. 10-Jahres- oder
30-Jahres-Zeiträume. Allerdings gibt es auch Studien, die besagen,
dass die Großwetterlage "Tief Mitteleuropa", mit der wir es aktuell
ja zu tun haben, als Folge des Klimawandels 15 bis 20 % häufiger als
früher auftreten soll und es damit zu einer Zunahme von
Starkregenereignissen kommen könnte. Insofern kann diese gerade
auftretende Großwetterlage durchaus ein Hinweis, aber kein Beweis (!)
für den Klimawandel sein.

Stellt sich noch die Frage, ob nun der ganze Sommer so wird? Die
aktuelle Großwetterlage lässt leider keine direkten Rückschlüsse auf
das Wetter der nächsten Wochen oder gar Monate zu. Genauso gut, wie
die jetzige Wetterlage sich z.B. in der kommenden Woche ändern kann,
ist es auch möglich, dass sie in dem diesjährigen, übrigens heute
beginnenden, meteorologischen Sommer immer wieder zurückkehrt und
tatsächlich einen "Gewittersommer" einläutet.

Der amerikanische Wetterdienst "National Weather Service" (NWS) der
"National Oceanic and Atmospheric Administration" (NOAA) geht in
seiner Langzeitvorhersage für den Juni noch von nasseren, im Juli und
August jedoch von eher trockeneren Verhältnissen in Deutschland
relativ zu dem 30-Jahres-Zeitraum 1981-2010 aus. Würde diese
Vorhersage eintreffen, könnte es einen "Gewitter-Juni" geben, während
der Restsommer eher vom Hochdruckeinfluss dominiert wird und die
Gewitter nicht so zahlreich auftreten. Wichtig hierbei ist zu wissen,
dass Langzeitvorhersagen keine Wettervorhersagen sind, sondern nur
Wahrscheinlichkeiten z.B. für trockenere oder nassere (bzw. auch
wärmere oder kältere) Verhältnisse angeben, so dass hierbei
sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.06.2016

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