DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
25-04-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 25.04.2018 um 10.30 UTC
Am Wochenende sehr mild und warm, zum Sonntag hin zunehmende Gewitterneigung. Am
Montag wahrscheinlich Kaltfrontpassage mit teils kräftigen Gewittern.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 02.05.2018
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag befindet
sich über dem nahen Ostatlantik ein langwelliger Trog mit positiver
Achsstellung, auf dessen Vorderseite sich eine langgestreckte, leicht flatternde
Südwestströmung aufgebaut hat, unter der auch Deutschland liegt. Im Tagesverlauf
schwenkt der Südteil des Troges zur Iberischen Halbinsel, wodurch die
Höhenströmung bei uns aufsteilt und dabei eine antizyklonale Krümmung annimmt.
Bodennah befinden wir uns in dieser Zeit im Bereich einer gradientschwachen,
sich von SW-Europa nordostwärts erstreckenden Tiefdruckrinne, in die eine sich
verstärkende Luftmassengrenze eingebettet ist. Sie trennt zunehmend potenziell
instabil geschichtete Warmluft im Süden und Südosten von kühlerer und stabilerer
Luft weiter nordwestlich. Bis zum Tagesende baut sich ein veritabler
Temperaturgradient in 850 hPa auf mit rund 12°C im Süden und nur wenig über 0°C
im äußersten Norden. Dabei kann es im NW zeitweise etwas regnen, während im SO
einzelne Gewitter möglich sind.
Am Sonntag richtet sich der LW-Trog über West- und Südwesteuropa bzw. dem nahen
Ostatlantik sowie auf, dass seine Achse komplett längengradparallel verläuft.
Ein über Frankreich nach Norden ablaufender Sekundärtrog lässt dort den
Luftdruck fallen, so dass sich innerhalb der o.e. Rinne ein eigenständiges Tief
entwickelt, das unter Intensivierung zur südwestlichen Nordsee zieht. Wir
verbleiben auf der Vorderseite des Tiefs in einem weiterhin zyklonal konturieren
Druckfeld, während die süd-südwestlich Höhenströmung weitgehend antizyklonal
aufgestellt ist. Einzig der äußerste Westen und Nordwesten wird von
Hebungsprozessen des weiter westlich ablaufenden Sekundärtroges gestreift.
Darüber hinaus schwenkt die Luftmassengrenze als Warmfront nordwestwärts,
wodurch die sich weiter labilisierende Warmluft ebenfalls Boden nach Norden und
Westen hin gut macht. Am Abend liegt T850 in weiten Teilen Süddeutschlands um
15°C, die 10°C-Isotherme verläuft etwa vom Oberrheingraben nordwärts über das
Rheinland hinweg bis nach Ostfriesland, wo sie nach Osten abbiegt, um letztlich
bei der Odermündung rauszukommen. Die Zone der größten potenziellen Instabilität
reicht vom Schwarzwald über die Mitte bis nach MV, was aber keinesfalls heißt,
dass es dort überall "knallen" muss. Vor allem im Südosten deutet sich eine
gewisse Abtrocknung der Luftmasse respektive Deckelung an.
Zu Wochenanfang dellt sich der LW-Trog ein Stück weit nach Osten aus, was der
weiterhin süd-südwestlichen Höhenströmung einen deutlich zyklonaleren Anstrich
gibt. Das Bodentief zieht weiter zur Doggerbank, wobei es vorübergehend einen
Kerndruck von etwas unter 975 hPa annimmt, bevor es sich im Laufe des Dienstags
immer weiter auffüllt und als Resttrog die Südwestspitze Norwegens ansteuert.
Fakt ist, dass die Luftmassengrenze als Kaltfront wieder zurückkommt und bis
Montagabend den Vorhersageraum ostwärts überquert. Rückseitig gelangt ein
Schwall subpolarer Meeresluft zu uns, in der die 850-hPa-Temperatur auf rund
-3°C im Nordwesten und ca. +5°C an der Grenze zu Polen zurückgeht. Besonders im
Süden und Osten können sich präfrontal teils kräftige Gewitter bis in den
Unwetterbereich entwickeln.
Ab Dienstag steigt der Luftdruck etwas an und wir gelangen in eine brückenartige
Konstellation zwischen dem nach Westen verschobenen Azorenhoch und einem Hoch
mit Zentrum über dem Norden Finnlands. Dabei kann sich die eingeflossene
Meeresluft allmählich erwärme. Trotz des leichten Hochdruckeinflusses am Boden
gestaltet sich der Wetterablauf weiterhin leicht wechselhaft, weil die
südwestliche Höhenströmung vorderseitig des mittlerweile abgetropften LW-Troges
zyklonal konturiert bleibt und durch nach Nordosten ablaufende kurzwellige
Anteile immer mal wieder etwas Hebung generiert wird.
In der erweiterten Mittelfrist bis Samstag zeichnet sich eine vorübergehende
Kräftigung der Hochdruckbrücke ab, bevor es zum Ende hin sowohl von Süden her
(durch das o.e. Abtropftief) als auch von der Nordsee her (neuer Höhentrog)
wieder zyklonaler wird.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz von IFS (ECMF) kann trotz einiger "Ungereimtheiten" in der Summe
noch als recht gut betitelt werden. So zeigt sich - wie beschrieben - in der
aktuellen 00-UTC-Version ab Sonntag ein sich entwickelndes kleines Sturmtief,
das von den jüngsten Modellvorläufern in dieser Form nicht simuliert wurde.
Erstaunlicherweise hat diese Entwicklung aber wenig Einfluss auf die Basisfelder
über dem Vorhersageraum, die sich weitgehend kongruent darstellen. Unterschiede
ergeben sich am ehesten in der Niederschlags- respektive Gewittervorhersage, was
aber normal ist. Von daher muss am grundlegenden Prognosekonzept nichts
Substanzielles geändert werden.
Zum Ende der Mittelfrist - sprich am Mittwoch - nehmen die Unterschiede der
einzelnen Modellläufe dann etwas stärker zu, was auch für den Trend in der
erweiterten Mittelfrist (Donnerstag bis Samstag) gilt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Was die Potenzialverteilung angeht, zeigen die Modelle zwar kein gänzlich
deckungsgleiches (was zu erwarten auch vermessen wäre), letztlich aber doch sehr
ähnliches Bild. Schwierigkeiten bereitet der Numerik offensichtlich die
Bodendruckentwicklung ab dem kommenden Wochenende. Während das kanadische GEM
eine der IFS-Version nahezu eineiig zwillingshaft aussehende Lösung anbietet,
entwickelt ICON das Haupttief über Deutschland, von wo aus es zur Ostsee zeiht.
GFS wiederum bietet eine dipolare Tiefdruckzone an mit einem etwas kräftigeren,
quasistationären Tief über der Biscaya und einem etwas schwächeren Kern, der
über Deutschland zu Ostsee zieht. In diesem Fall wäre der Kaltfrontdurchgang
bzw. die rückseitige Zufuhr kühlerer Meeresluft um Einiges schwächer als bei IFS
und GEM, während ICON eine Zwitterstellung einnimmt.
FAZIT: Aus deterministischer Sicht nehmen die Unsicherheiten ab Wochenanfang zu,
sowohl in Bezug auf die Niederschläge/Gewitter als auch auf die Temperatur.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis einschließlich
Sonntag einen recht eng gebündelten Kurvenverlauf. Danach nimmt die Streuung
zwar zu, auf Basis der Ensembles scheint es aber unstrittig, dass im Laufe des
Montags, spätestens in der Nacht zum Dienstag (Osten) ein deutlicher
Temperaturrückgang erfolgt - mal früher, mal später. Danach zeigt der Trend
sowohl bei T850m als auch bei Pot500 wieder nach oben, allerdings begleitet von
täglich wiederkehrenden Niederschlagssignalen. Die GFS-EPS-Rauchfahnen
simulieren den Kaltfrontdurchgang insgesamt mit einem größeren Spread, wobei
auch kältere Lösungen a la IFS dabei sind. Tendenziell erfolgt die Passage aber
etwas später. Der Trend im weiteren Wochenverlauf zeigt sich im Gegensatz zu
IFS-EPS uneinheitlich.
Für den Zeitraum T+120...168h (Montag bis Mittwoch) liegen lediglich zwei Cluster
vor (26, 25 Fälle; HL/KL in CL 1), die sich für unseren Raum kaum unterscheiden.
Danach greift der Höhentrog von Westen her zwar auf unseren Raum über, seine
Hauptachse verbleibt aber westlich von uns. Bemerkenswert: in beiden Clustern
taucht das kleine, zur Nordsee ziehende Sturmtief auf. Für Donnerstag bis
Samstag (T+192...240h) erhöht sich Anzahl der Cluster auf fünf, die verschiedene
Potenzial- und Luftdruckmuster anbieten. Dabei sind ohne klare Präferenzen
sowohl zyklonale als auch antizyklonale Szenarien am Start, eine substanzielle
Analyse erscheint daher an dieser Stelle obsolet.
FAZIT: IFS-EPS überzeugt bis nächsten Mittwoch mit relativ klaren Strukturen,
was dieses Verfahren zur Basis für die heutige Prognose werden lässt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Zwar sind die Hinweise der Numerik, sei es deterministisch, sei es
probabilistisch, auf signifikante Wettererscheinungen im heutigen 00-UTC-Lauf
sehr gering, ganz koscher ist die Großwetterlage aber dennoch nicht. Am Samstag
hält sich die Gewitterneigung noch in Grenzen (am ehesten über dem süddeutschen
Bergland einzelne Überentwicklungen), do bereits am Sonntag könnte, die Betonung
liegt auf könnte, sich das Blatt wenden. Zum einen nimmt die potenzielle
Instabilität in der sich flächenmäßig ausbreitenden Warmluft zu, zum anderen
sind die Strömungsbedingungen zumindest in einigen Regionen durchaus
hebungsfördernd. So sind besonders im Westen und Südwesten im Bereich der dort
wahrscheinlich liegenden Luftmassengrenze stärkere Gewitter oder auch gewittrige
Starkregenfälle denkbar. Nach Osten und Südosten dürfte das Ganze noch zu stark
gedeckelt sein.
Das könnte sich am Montag ändern, wenn tatsächlich die Luftmassengrenze als
Kaltfront zurückkommt und besonders im Osten und Süden für präfrontale Hebung
sorgt. Vor allem dann sind auch unwetterartige Gewitter möglich, im Falle guter
Scherungsbedingungen und schleifender Front aber auch (gewittrige)
Starkregenfälle. Zugegeben, noch viel Konjunktiv auf der Karte, mal sehen, was
die nächsten Läufe so anbieten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit MOS-IFS und IFS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann