DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
27-05-2016 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.05.2016 um 10.30 UTC
Anfangs GWL TM (Tief Mitteleuropa) mit schauerartigen Regenfällen und Gewittern.
Auch im weiteren Verlauf der Woche unbeständig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 03.06.2016
Zu Beginn der neuen Woche befindet sich Deutschland unter einem großräumigen
Höhentief, das große Teile West- und Mitteleuropas überdeckt. Korrespondierend
dazu findet man ein ausgeprägtes Bodentief, das laut ECMF am Montagmittag mit
etwas unter 1005 hPa im Bereich der deutsch-niederländischen Grenze positioniert
ist. Auf seiner Südflanke steuert das Tief mäßig warme (T850 um 8°C) und leicht
labil geschichtete Meeresluft in die südlichen Landesteile, während es nach
Norden hin warme und potenziell instabil geschichtete Subtropikluft von Osten
her ansaugt und teilweise um den Kern herumführt. Dabei kommt es - nach heutigem
Stand knapp westlich von uns - zu hebungsgünstigen Aufgleit- respektive
Scherungsprozessen (abgehobene Warmluft über bodennah einfließender kühler
Luft), die über Belgien und Nordfrankreich zu ergiebigen Regenfällen mit z.T.
mehr als 50 mm innert 24 h führen.
Am Dienstag schwächt sich das Bodentief bei geringer Verlagerung in Richtung
Ärmelkanal etwas ab, gleichzeitig steigen Luftdruck und Potenzial über dem
Nordmeer sowie im fennoskandischen Raum, so dass das großräumige Strömungsmuster
eine High-over-Low-Konstellation mit dem GWL-Typus TM (Tief Mitteleuropa)
annimmt. Bei uns bleibt der zyklonale Einschlag bestehen, wobei die höchste
Niederschlagswahrscheinlichkeit im Norden und Nordosten im Bereich der
(abgehobenen) Warmluftschliere gegeben ist, was aber nicht heißen soll, dass es
nicht anderswo auch schauern oder gewittern kann.
Im weiteren Verlauf der Woche schwächt sich das Bodentief weiter ab, bevor es
spätestens bis zum Freitag ganz von der Wetterkarte verschwindet. Das zugehörige
Höhentief allerdings bleibt über Frankreich liegen, auch wenn es etwas
schwächelt. Für Deutschland gilt zu konstatieren, dass sich zwischen dem sich
abschwächenden Tief im Westen und einer neuen Tiefentwicklung im Raum
Polen/Ukraine eine breite und gradientschwache Rinne etabliert, in der sich die
thermischen Verhältnisse mit niedertroposphärisch etwas wärmerer Luft im Norden
und Nordosten und kühlerer Luft sonst nur wenig verändern. Erst zum Freitag hin
deutet sich eine leichte Verschiebung der Warmluftzunge nebst Rinne nach Süden
bzw. Südwesten hin an, während der Luftdruck im Nordosten etwas steigt. Ob
daraus bis zum Montag (erweiterte Mittelfrist) tatsächlich großflächiger
Hochdruckeinfluss erwächst, wie vom operationellen Lauf simuliert, muss freilich
abgewartet werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Auch nach Sichtung des jüngsten ECMF-Modelllaufs von heute, 00 UTC ist es
unstrittig, dass die nächste Woche weitgehend zyklonal (also
tiefdruckbeeinflusst) vonstattengeht. Dahingehend ist die Konsistenz des
"europäischen" Modells durchaus als gut zu bezeichnen. Unsicher ist noch, ob
sich im Laufe der zweiten Wochenhälfte - immerhin die ersten Tage des
meteorologischen Sommers - von Norden her gaaanz allmählich Hochdruckeinfluss
durchsetzt. Diesbezüglich haben die einzelnen Modellläufe noch nicht das
richtige Taktmaß gefunden, will heißen, mal wird dieses Szenario (mit
unterschiedlichem Timing) simuliert, mal nicht.
Unterschiede gibt es - man kann sagen naturgemäß - auch noch in der
Positionierung und Quantifizierung der häufig konvektiv geprägten oder zumindest
konvektiv verstärken Niederschläge. Diese sind im Kurzfristzeitraum für das
kommende Wochenende schon schwer in den Griff zu kriegen, geschweige denn erst
mittelfristig. Es spricht aber Einiges dafür, dass von heute bis zum nächsten
Freitag akkumuliert gebietsweise größere Regenmengen zusammenkommen, die
durchaus die Größenordnung eines Monatssolls (grob 40 bis 80 mm) ausmachen
können.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Grundsätzlich bieten die einschlägig in dieser Rubrik begutachteten Modelle
keine wirklich abweichende Lösung von der oben geschilderten an. Als besonders
ECMF-affin entpuppt sich heute das deutsche ICON, das sehr dicht an den
"Europäern" liegt, auch bei der Niederschlagsverteilung, was keinesfalls
selbstverständlich ist. GFS und GEM hingegen unterscheiden sich beim
Niederschlag vor allem zu Beginn der Mittelfrist von ECMF/ICON. GEM sieht den
Regenschwerpunkt am Montag weiter südlich über Frankreich, GFS weiter westlich
und deutlich schwächer. Im Verlauf der Woche passen sich die Modelle dann aber
einigermaßen an.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen T850 und Pot500 verschiedener deutscher Städte zeigen einen
vergleichsweise gutmütigen Verlauf mit überschaubarer Streuung, auch wenn diese
- man möchte sagen logischerweise - zum Ende hin etwas zunimmt. Während die
Temperatur in Hamburg (als Platzhalter für den Norden) bis Montag stetig zulegt,
um danach moderat abzufallen, läuft es in München (Süden) genau andersherum. Von
Sonntag auf Montag "stürzt" die 850-hPa-Temperatur von 15 auf 8°C (Median), um
danach ganz seicht anzusteigen. Dabei werden nach einem kleinen Maximum am
Sonntag täglich moderate Niederschlagspeaks angezeigt. In HH fallen diese
allerdings noch markanter aus und werden erst am Donnerstag schwächer. In
Offenbach (Mitte) wiederum sind die Peaks am Sonntag/Montag am ausgeprägtesten,
bevor ein deutlicher Abfall erkennbar ist, der auf längere trockene Phasen
hindeutet.
Kurzum, die Ensembles stützen recht gut die Prognose des operationellen Laufs.
Bekräftigt wird das Ganze dadurch, dass für den Zeitraum T+120...168h (Mittwoch
bis Freitag) nur ein einziges Cluster angeboten wird. Erst danach erhöht sich
die Anzahl auf drei Cluster, die alle zunehmenden Hochdruckeinfluss andeuten,
den Schwerpunkt des Hochs aber nordwestlich über der Nordsee belassen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Bereits am Wochenende besteht die Gefahr kräftiger GEWITTER bis in den
Unwetterbereich, vor allem durch Starkregen und/oder Hagel.
Auch in den Tagen danach sind weiterhin kräftige GEWITTER mit Starkregen und
Hagel wahrscheinlich, vor allem nach Nordosten hin in der Warmluft. In den
EPS-Prognosen sind die Signale aber nicht besonders deutlich und auch räumlich
eher diffus. Dadurch kommt die für konvektive Lagen typische Unsicherheit zum
Ausdruck.
Abseite der Gewitter besteht an der Küste am Montag die Gefahr STÜRMISCHER BÖEN
8 Bft aus östlichen Richtungen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMF, ECMF-EPS, MOS-Mix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann