Thema des Tages
09-03-2018 08:50
Viele Hunde sind des Hasen Tod
Obwohl vor einigen Tagen schon der meteorologische Frühling begonnen
hat, lohnt es sich trotzdem nochmal, einen winterlichen Parameter
näher zu beleuchten. Bei der Analyse der aktuellen Schneehöhe zeigt
sich die für die Jahreszeit zu erwartende Schneedeckenverteilung. In
den höheren Lagen der Mittelgebirge liegt aktuell zwischen etwa 10
und rund 100 cm Schnee. Die Wasserkuppe in der Rhön bildet dabei mit
12 cm eher den unteren Bereich ab, der Fichtelberg im Erzgebirge hat
dagegen mit 102 cm Schnee schon mehr zu bieten. Ausreißer sind der
Brocken und der Feldberg im Schwarzwald, auf denen aktuell eine
Schneehöhe von 155 bzw. 158 cm gemessen wird. Auch in den Tälern der
Alpen gibt es noch durchaus akzeptable Wintersportbedingungen
(beispielsweise Reit im Winkl 60 cm, Garmisch-Partenkirchen 23 cm,
Flintsbach/Inn 22 cm, Oberstdorf 7 cm). Die dortigen höheren alpinen
Lagen sind normalerweise im März sowieso schneesicher und laden zum
Frühlingsskilauf ein.
Wenn man genau hinschaut, findet man aber auch im Tiefland noch ein
paar Messstellen, die aktuell eine Schneehöhe von mehr als 1 cm
melden. Erwähnenswert (Auswahl) sind die gemessenen 7 cm in
Greifswald, an der Nachbarstation in Zemitz gibt es eine 5 cm
mächtige Schneedecke. In Schleswig-Holstein meldet Satrup 11 cm,
Lübeck-Blankensee 3 cm und Schönhagen 2 cm. Dies sind noch die Reste
der Schneefälle von Ende Februar und Anfang März. In den übrigen
Flachlandregionen sucht man eine Schneedecke dagegen meist
vergeblich, selbst im Alpenvorland melden die meisten Messstellen
maximal Schneeflecken.
Vor allem im Flachland, aber auch in den Mittelgebirgen und in den
Alpentälern stehen der noch vorhandenen Schneedecke harte Zeiten
bevor. Zum Ersten strömt in den nächsten Tagen deutlich wärmere Luft
nach Mitteleuropa. Während heute im Südwesten bereits Höchstwerte
zwischen 12 und 16 Grad erwartet werden, steigt die Temperatur am
Sonntag fast bundesweit über die 15 Grad-Marke. Nur ganz im Norden
wird es mit 9 bis 14 Grad etwas weniger mild. Zum Zweiten gereicht
mittlerweile auch der Sonnenstand der Schneedecke zum Nachteil.
Dieser erreicht aktuell immerhin ein Niveau, das etwa auch Anfang
Oktober auftritt. Für die Bestrahlungsstärke einer Oberfläche gilt
dabei eine einfache Regel: Je steiler der Einfallswinkel der
Sonnenstrahlen, desto höher ist die Bestrahlungsstärke einer
horizontalen Oberfläche (bekannt als "Cosinusgesetz").
Drittens bekommt die Schneedecke durch den Schmelzprozess nun häufig
Löcher und die darunter liegende Oberfläche kommt zum Vorschein.
Diese hat aber meist eine deutlich dunklere Färbung und kann sich
daher stärker erwärmen als eine weiße Schneeoberfläche. Dieser Effekt
kann mit der sogenannten "Albedo" quantifiziert werden, die als
dimensionslose Zahl das Verhältnis von einfallender und reflektierter
Strahlung beschreibt. Je höher der Wert, desto mehr Strahlung wird
reflektiert, je kleiner die Albedo, desto mehr Energie kann
absorbiert (das heißt von der Oberfläche aufgenommen) werden. Der
Schmelzprozess beschleunigt sich daher im Allgemeinen, sobald die
Schneedecke Lücken aufweist.
Viertens kommt regional auch noch der Regen dazu, der der Schneedecke
weitere Wärme zuführt. Zudem muss zum Fünften für den Alpenrand auch
der als "Schneefresser" bekannte Föhn erwähnt werden. Dieser treibt
die Temperaturen am Alpenrand am Sonntag eventuell örtlich bis nahe
20 Grad. Die beständige warme und trockene Luftzirkulation des Föhns
sorgt dafür, dass das Schmelzen besonders stark vonstattengehen kann.
Sie sehen also, das Zusammenspiel der Prozesse macht es der
vorhandenen Schneedecke in den nächsten Tagen nicht leicht. Mit
höchster Wahrscheinlichkeit bleiben nur noch in den höheren
Mittelgebirgslagen sowie in den Alpen relevante Schneehöhen übrig. Um
es sprichwörtlich zu sagen: "Viele Hunde sind es Hasen Tod". Dies
schließt aber ein spätes Comeback des Winters natürlich nicht aus.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.03.2018
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