DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-02-2018 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.02.2018 um 10.30 UTC



Zunächst sehr kalt und nur selten Schneefälle, zum Wochenende hin Übergang zu
wechselhafterem und deutlich milderem Wetter möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 04.03.2018


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Mittwoch zeigt der aktuelle
EZMW-Lauf von 00 UTC vom heutigen Sonntag immer noch den mächtigen
Langwellentrog über weiten Teilen West-, Mittel- und Südosteuropas. Mittlerweile
hat ein Abtropfprozess eingesetzt, wobei sich zwei Drehzentren ausbilden. Ein
Schwerpunkt liegt dabei über den Britischen Inseln, ein weiterer etwa im Bereich
Weißrussland/Ukraine. Der Langwellentrog (bzw. die neuen Höhentiefs) sind mit
prägnanter Kaltluft über alle Troposphärenschichten hinweg angefüllt. In 850 hPa
liegen die Temperaturen meist zwischen -10 und -20 Grad, in Deutschland zwischen
-15 und -18 Grad. Weiter nördlich etwa bei Island liegt ein Höhenhoch, dessen
zonale Achse bis nach Skandinavien reicht und dort ein kräftiges Bodenhoch mit
einem Kerndruck von noch knapp 1050 hPa stützt. Deutschland liegt am Südrand des
Hochs, sodass Tiefdruckgebiete noch fern gehalten werden.

Bis zum Freitag verlagert sich das Höhentief über den Britischen Inseln
retrograd auf den Atlantik hinaus und weist dabei selber zwei oder drei
Drehzentren auf. Das östliche Höhentief dagegen wird quasi in die Länge gezogen.
Am Freitagmittag reicht die Achse mit drei Drehzentren von der nördlichen
Nordsee über Südnorwegen bis zum Baltikum und zum Kaukasus. Das Höhenhoch bei
Island wird immer mehr in Richtung Grönland abgedrängt. Infolgedessen schwächt
sich auch das Bodenhoch über Skandinavien ab. Ausläufer von Tiefdruckgebieten
können somit langsam von Südwesten her nach Deutschland vordringen, womit milde
Luft einsickert. Am Mittag liegt dann bereits die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa
über Deutschland. Freilich wird es bodennah länger dauern, bis die kalte Luft
ausgeräumt wird. So ist mit den dann aufkommenden Niederschlägen nicht nur
Schneefall, sondern auch gefrierender Regen ein möglicher Warnparameter.

Bis zum Sonntag schließt sich das lang gestreckte "Höhentiefband" nördlich von
Deutschland der weiter nördlich gelegenen Höhenströmung an, und auch das
Höhentief über den Atlantik koppelt sich an diese an. Es wird jedoch auch durch
Randtröge regeneriert. Am Boden bildet sich dadurch ein Tiefdruckkomplex bei
Schottland, auf dessen Vorderseite wir mehr und mehr in eine südwestliche
Strömung geraten. Daher kann sich die milde Luft überall in Deutschland
durchsetzen, in 850 hPa werden im Süden sogar schon fast 10 Grad erreicht.
Etwaige Niederschläge gehen damit insbesondere in den Niederungen häufig in
Regen über. Es sei aber bereits an dieser Stelle erwähnt, dass dieses Szenario
einen völligen Richtungswechsel zur gestrigen kalten Prognose darstellt, und
daher Zweifel erlaubt sind.

In der erweiterten Mittelfrist ab Montag schwenkt der Höhentrog vom Atlantik
über die Britischen Inseln hinweg und erreicht am Dienstagabend auch
Deutschland. Das zugehörige Bodentief zieht nach Mitteleuropa weiter, sodass die
Strömung auf Nordwest dreht und wieder etwas kühlere Luft mit Temperaturen knapp
unter 0 Grad in 850 hPa einfließen kann.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen 00 UTC-Laufs des EZMW zu seinen Vorläufen ist
zunächst ganz gut, nach hinten heraus jedoch schlecht bis sehr schlecht. So sind
die Unterschiede bis zum Mittwoch noch nicht so groß, dann aber setzt sich über
Deutschland eine südwestliche Strömung auf der Vorderseite eines hochreichenden
Tiefdruckkomplexes durch, die milde Luft zu uns bringt. Im gestrigen 00 UTC-Lauf
wurde noch eine Art Luftmassengrenze über den äußersten Süden des Landes
simuliert, wobei der Trog über der Nordsee und Norddeutschland zu finden war.
Die Temperaturunterschiede betragen dabei in 850 hPa am Sonntagmittag zum Teil
über 20 Kelvin! In der erweiterten Mittelfrist wird es zwar wieder etwas kühler,
das sehr kalte Szenario des gestrigen 00 UTC-Laufs scheint aber vom Tisch zu
sein. Auch der gestrige 12-UTC-Lauf setzte bereits auf das Durchbrechen der
milderen Luft. Allen drei Läufen gemein ist, dass Tiefdruckeinfluss vorherrscht
und es zeitweise zu Niederschlägen kommt. Die zeitlich-räumliche Zuordnung
ändert sich jedoch, vor allem dürfte die flüssige Phase nun eine deutlich
prominentere Rolle spielen. Bei Übergang zum milderen Wetter muss bei Ausräumen
der kalten Luft anfangs also vermehrt mit gefrierenden Regen auf den dann noch
kalten Böden gerechnet werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON folgt zunächst der EZMW-Darstellung, ab Freitag kommt dann aber zusätzlich
ein kleines Höhentief über Frankreich ins Spiel, das nach Mitteleuropa weiter
zieht. Am Sonntag resultiert daraus eine zum Baltikum gerichtete
Trogkonfiguration über Mittel- und Nordeuropa. Am Boden herrscht damit tiefer
Druck über der Nordsee und Skandinavien und etwas kühlere Luft als beim EZMW
wird wirksam (T850 hPa -6 bis 3 Grad). GFS ist dem EZMW näher als ICON, zum
kommenden Wochenende hin liegt der Trog aber weiter östlich als beim EZMW über
den Britischen Inseln und der Nordsee. Die zu uns strömende Luftmasse kommt
daher eher vom Atlantik und die Temperaturen steigen nicht so rasant wie beim
EZMW, sondern erreichen nur -5 bis 2 Grad. GEM und mit leichten Abstrichen auch
CMA sind im Wesentlichen dem EZMW sehr ähnlich. Beim NAVGEN wiederum verbleibt
das westliche Höhentief über den Britischen Inseln und Mitteleuropa, sodass wir
dauerhaft unter Zustrom kalter Luftmassen aus Ost bis Nordost bleiben. Sogar
Dauerfrost und Schneefälle bis in die Niederungen wären damit weiterhin ein
Thema. __________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser Orte in Deutschland weisen bis zum Mittwoch allgemein
einen ziemlich niedrigen Spread auf. Ab Donnerstag öffnen sich die Streuungen
immer mehr. Es fällt auf, dass sowohl bei der Temperatur in 850 hPa als auch
beim Geopotenzial in 500 hPa Haupt- und Kontrolllauf häufig am oberen Rand der
Streuung liegen. Damit wird bestätigt, dass mögliche kältere Lösungen (bzw. auch
Trogeinfluss statt Trogvorderseite) noch keinesfalls aus dem Spiel sind.

Die Clusteranalyse liefert für Freitag bis Sonntag 3 Cluster. Dabei wird das
westliche Höhentief in allen drei Clustern westlich der Britischen Inseln
simuliert und das zugehörige Bodentief leicht variiert. Während C1 und C2 den
Durchbruch milderen Wetters bringen (mit 21 und 17 Mitgliedern), bleibt bei C3
(17 Mitglieder) eine südöstliche Bodenströmung bestehen. Damit wäre es deutlich
kälter als bei C1 und C2. Von Montag bis Mittwoch gibt es nur noch einen
Cluster, der den gemäß oben beschriebenen Ablauf auf Deutschland schwenkenden
Trog simuliert.

Als Fazit kann geschrieben werden, dass die Vorhersage bis zum Mittwoch sicher
ist und es bis dahin sehr kalt mit Dauerfrost und höchstens geringen
Schneefällen bleibt. Auch der Donnerstag scheint noch einigermaßen
vorhersagesicher, wobei der Dauerfrost sich zwar etwas abschwächt, aber noch
erhalten bleibt und im Südwesten erste Schneefälle aufkommen. Ab Freitag nimmt
die Unsicherheit zu. Der deterministische Lauf des EZMW setzt auf den Durchbruch
milden Wetters unter Tiefdruckeinfluss, einige Modellergebnisse schließen sich
dieser Variante zum Teil in abgeschwächter Form an. Allerdings gibt es auch
einige kältere Lösungen, sodass diese immer noch ins Kalkül gezogen werden
müssen, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit dafür allmählich geringer wird.
Andererseits ist bekannt, dass die Modelle Schwierigkeiten haben, wenn es gilt,
die kalte Luft auszuräumen. Das letzte Wort scheint also noch nicht gesprochen
zu sein.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI reagiert mit hohen Wahrscheinlichkeiten und Werten bis 1.0 für niedrige
Temperaturen am Mittwoch und teilweise auch noch am Donnerstag auf die zu
erwartende Kälte mit Dauerfrost und strengen oder sehr strengen Nachtfrösten.
Zudem zeigt SOT Auffälligkeiten, sodass es bezogen auf die Jahreszeit zum Teil
extrem kalt wird.

Was Schneefälle angeht, gibt es nur am Donnerstag schwache Hinweise für die
Ostsee. Dort könnte noch der "Lake-Effekt" für markante Schneefälle mit
Neuschneemengen von 5 bis 10 cm in 12 Stunden sorgen.

Bezüglich des Windes liefert EFI am Mittwoch schwache Signale für die Ostsee.
Nach COSMO-LEPS sind stürmische Böen Bft 8, exponiert auch Sturmböen Bft 9
wahrscheinlich. Im Zusammenhang mit den Schneefällen muss daher dort mit
Schneeverwehungen gerechnet werden.

Ansonsten könnte mit den zum Wochenende hin aufkommenden Niederschlägen von
Südwesten her (keine höheren Mengen) allerdings noch gefrierender Regen ein
größeres Thema beim Übergang zum milderen Wetter werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler