Thema des Tages

15-02-2018 08:50

"Trouble in Paradise"

Die Beschreibung von Tonga hört sich paradiesisch an: "Ein Großteil
der knapp 170 Inseln des polynesischen Königreiches im Südpazifik
sind unbewohnt. Meist sind diese mit tropischem Regenwald bedeckt und
vor den mit weißem Sand bedeckten Küsten finden sich traumhafte
Korallenriffe."

Allerdings wird dieses idyllische Paradies im Durchschnitt einmal pro
Jahr von einem tropischen Wirbelsturm heimgesucht. Denn hohe
Wassertemperaturen und feucht-warme Luftmassen im Südpazifik bieten
die ideale Brutstätte für Gewittercluster. Ist nun die ablenkende
Kraft der Erdrotation (Corioliskraft, siehe www.dwd.de/lexikon)
ausreichend groß und die Scherung des Windes in verschiedenen Höhen
genügend klein, so kann aus diesen Gewitterclustern ein riesiger
Wirbel entstehen und sich verstärken. Übrigens bezeichnet man
tropische Wirbelstürme, die im Südpazifik und im Indischen Ozean
entstehen als "Zyklone".

Um tropische Zyklonen besser beschreiben zu können, werden diese
anhand der über 10 Minuten gemittelten Windgeschwindigkeiten in
verschiedene Intensitätsstufen eingeteilt: Bei der "tropischen
Depression" oder einem "tropischen Tief" handelt es sich um die
schwächste Stufe mit Windgeschwindigkeiten bis 63 km/h. Mithilfe der
"australischen Skala für tropische Zyklonen" lassen sich tropische
Wirbelstürme mit Windgeschwindigkeiten über 63 km/h nochmals in
Stärkekategorien 1 (schwacher Wirbelsturm, Windgeschwindigkeiten bis
88 km/h) bis 5 (verwüstend, Windgeschwindigkeiten über 200 km/h)
unterteilen. Die auftretenden Spitzenböen können dabei jedoch weitaus
höher ausfallen. Die australische Skala für tropische Wirbelstürme
sollte aber nicht mit der Saffir-Simpson-Skala für Hurrikane im
Atlantik verwechselt werden (siehe Saffir-Simpson-Skala unter
www.dwd.de/lexikon), da sich beide in der Einteilung der Intensität
etwas unterscheiden.

Bereits am Samstag, dem 03.02.18 konnten südlich der Salomonen erste
Gewitterkomplexe beobachtet werden, die zunächst jedoch nur wenig
organisiert wirkten. Diese verlagerten sich in der Folge weiter
ostwärts, wo sie schließlich am vergangenen Donnerstag, dem 08.02.18
westlich der Samoa-Inseln als eine tropische Depression eingestuft
werden konnten, die innerhalb von etwa einem Tag zu einem tropischen
Zyklon anwuchs und folglich vom zuständigen "Tropical Cyclone Center"
in Nadi (Fidschi) "GITA" getauft wurde. Unter Intensivierung zog
dieser Zyklon am Samstag in südöstlicher Richtung in einem Bogen
knapp an der Koralleninsel Niue, die zu Neuseeland gehört, vorbei und
nahm schließlich wieder einen westlichen Kurs an, um in Richtung
Tonga zu ziehen. Dort traf GITA am Montagabend mit Spitzenböen von
230 km/h die größte und bevölkerungsreichste Insel Tongapatu sowie
auf die Insel `Eua. Damit kann GITA als Kategorie 4-Wirbelsturm
eingestuft werden und geht wohl zusammen mit dem verheerenden "IAN"
aus dem Jahr 2014 als stärkster Zyklon in die Geschichte Tongas ein.
Man kann von Glück sagen, dass bisher noch keine Berichte über Tote
vorliegen. Die vergangene Zugbahn von GITA sowie eine Vorhersage auf
Basis aktueller Modellrechnungen finden Sie unter
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/2/15.html.

Westlich von Tongapatu intensivierte sich GITA noch weiter und
erreichte in der Nacht zum Mittwoch die Kategorie 5 mit geschätzten
Böen von bis zu 285 km/h, was vergleichbar ist mit einem Kategorie
4-Hurrikane auf der Saffir-Simpson-Skala. Allerdings besteht nicht
nur große Gefahr durch extreme Orkanböen. Aufgrund sintflutartiger
Regenfälle kommt es häufig auch zu massiven Überschwemmungen. Das zu
Fidschi gehörige Atoll Ono-i-Lau konnte laut dem Nationalen
Wetterdienst auf Fidschi von Dienstag bis Mittwoch innerhalb von 24
Stunden über 270 Liter pro Quadratmeter verzeichnen. Dies entspricht
mehr als ein Drittel des durchschnittlichen Jahresniederschlags in
Deutschland. Nach Schätzungen mithilfe von Satellitendaten könnten
die Niederschläge in dieser Region aber auch Mengen von über 300
Liter pro Quadratmeter betragen haben.

Zwar wird GITA mittlerweile "nur" noch als ein Wirbelsturm der
Kategorie 4 mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 165 km/h
(Spitzenböen bis 240 km/h) eingestuft und schwächt sich im Folgenden
auch weiter ab. Allerdings zeichnet sich in den aktuellen
Modellprognosen ab, dass die Überreste von GITA allmählich Kurs auf
Neuseeland nehmen und dort im Laufe der nächsten Woche für
unwetterartige Starkregenfälle sorgen könnten.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.02.2018

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