DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

31-01-2018 21:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 31.01.2018 um 10.30 UTC



Ab dem Wochenende allmählich Zufuhr kälterer und trockenerer Luftmassen aus
Nordosteuropa, dabei gebietsweise Dauerfrost.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 07.02.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag liegt
Deutschland unter einem sich über mehrere tausend Kilometer erstreckenden, von
der Barentssee über weite Teile Fennoskandiens und Mitteleuropas bis nach
Nordwestafrika reichenden Höhentrog. Er ist angefüllt mit hochreichender
maritimer Polarluft, die zuvor bei uns eingeflossen ist und die in 850 hPa
Temperaturen von -5 bis -8°C, in 500 hPa von etwas über -30°C im Westen und bis
zu -37°C im Osten aufweist (500 hPa). Die dabei auftretenden, meist
schauerartigen Niederschläge fallen oberhalb 200-300 m durchweg, darunter
teilweise als Schnee.
Am Sonntag verlagert sich der Trog in seinem Nordteil nach Osten, während der
mittlere und südliche Abschnitt durch Kurzwellentröge (der eine schwenkt von
Südskandinavien nach Deutschland, der andere von UK in Richtung Frankreich)
regeneriert werden. Unter dem Strich resultiert daraus ein von Nordost nach
Südwest exponierter Potenzialtrog, dessen positiv geneigte Achse zum Tagesende
etwa vom äußersten Nordwesten Russlands über Deutschland und Frankreich hinweg
bis nach Marokko verläuft.
Als Konterpart fungiert ein ebenfalls südwest-nordost-orientierter Höhenrücken,
der sich vom Ostatlantik dicht an Skandinavien vorbei bis hoch zum Nordpolarmeer
erstreckt. Er stützt eine langgezogene Hochdruckzone über Skandinavien, zwischen
der und einem Tief über dem Westen Russlands eine Nord- bis Nordostströmung
induziert wird, von der auch Deutschland erfasst wird. Sie führt sukzessive
kältere und trockenere Luftmassen aus dem fennoskandischen respektive baltischen
Raum zu uns, was in diesem Winter - auch wenn es in den genannten Regionen auch
nicht gerade knasterkalt ist - mal was Neues darstellt. 850-hPa-Temperaturen
verbreitet unter -10°C, im äußersten Norden und Nordosten vielleicht sogar mal
-15°C, das gab es in diesem Mildwinter noch nicht.
Während sich nach Norden hin leichter Hochdruckeinfluss einstellt, könnte im
Süden zumindest zur Wochenmitte hin vorübergehend ein Tief südlich der Alpen in
den Fokus rücken (es wird im Laufe des Dienstags durch den sich ostwärts
verlagernden Südteil des o.e. Höhentroges generiert). Die zugehörigen
Aufgleitschneefälle sollen jedenfalls nach Lesart des IFS (ECMF) über den
Alpenhauptkamm nach Norden ausgreifen und Teile Süd- bzw. Südostdeutschlands
erfassen.
Im weiteren Verlauf der Woche (erweiterte Mittelfrist) deutet sich bei
steigendem Luftdruck der Erhalt der eingeflossenen Kaltluft an, die sich dann
durch "hausgemachte" Einflüsse in Abhängigkeit verschiedener Parameter (am
wichtigsten Bewölkung und Schneedecke ja/nein) weiter abkühlen kann - so es denn
so kommt, wie beschrieben.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Nachdem gestern an gleicher Stelle die schlechte Konsistenz des IFS-Modells vom
ECMF und die daraus resultierende unsichere Prognose zu Recht moniert wurden,
präsentiert sich dem Betrachter heute ein weit homogeneres Bild. Danach erhärtet
sich die gestern noch mit aller Vorsicht getroffene Aussage, dass im Laufe des
Wochenendes mit Winddrehung auf Nordost die Zufuhr kälterer und trockenerer Luft
aus Nordeuropa eingeleitet wird, die dann zumindest nach Norden hin allmählich
unter leichten Hochdruckeinfluss gelangt.
Die Folgen wären neben verbreitetem Nachtfrost (über Schneeflächen teils streng)
gebietsweise Dauerfrost (also Eistage, was man ja kaum noch für möglich gehalten
hat) und vergleichsweise niederschlagsarmes, aber nicht durchweg
niederschlagsfreies Wetter (wobei das Wortteil "niederschlag" durch "schnee"
ersetzt werden kann). Die gestern noch in Betracht gezogene zögernde Milderung
im Norden und Nordwesten ab Wochenmitte wird vom heutigen 00-UTC-Lauf verworfen,
er setzt auf Fortdauer der winterlichen Witterung.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Vergleich mit anderen Globalmodellen (ICON, GFS, GEM) fällt auf, dass sie
alle den Kaltlufteinbruch von Nordosten her simulieren. Am defensivsten wird die
niedertroposphärische Abkühlung von ICON simuliert, das sich schwer tut, die
-10°C-Isotherme auf den Vorhersageraum übergreifen zu lassen. Der Grund liegt
darin, dass der Hauptkaltluftausbruch insgesamt etwas weiter östlich erfolgt als
nach den anderen Modellen.
Die von IFS für die Wochenmitte apostrophierten Schneefälle in Süd- und
Südostdeutschland werden von den anderen Modellen nicht oder nur abgeschwächt
bestätigt.
Die heute im erweiterten Mittelfristzeitraum von IFS negierte Milderung im
Norden und Nordwesten wird sowohl von GFS als auch von GEM angeboten.
FAZIT: Der Kurs steht, bei den Details (wie kalt wird es wo genau?, wo schneit
es anfangs und ggf. auch später?) gibt es naturgemäß noch Unsicherheiten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMF-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen etwa bis Mitte
nächster Woche einen stetigen Abstieg der Temperatur (T850), während das
Potenzial (Pot500) leicht zulegt bei gleichzeitiger Abnahme der
Niederschlagssignale. Ab Montag nimmt die Streuung allgemein zu, das Gros der
Ensemblelösungen bleibt aber "kalt" mit T850 zwischen -5 und -12°C. So treten
dann bei der Clusterung für den Zeitraum T+120...168h (Montag bis Mittwoch) auch
nur zwei Cluster auf (31 + HL/KL, 20 Fälle), die sich sehr ähneln. Der
Hauptunterschied bezogen auf den Vorhersageraum liegt darin, dass der
Hochdruckeinfluss in CL 2 etwas stärker ausgeprägt ist als in CL1, in dem das
Tief südlich der Alpen weiter nach Norden ausgreift.
Im erweiterten Mittelfristzeitraum T+192...240h (Donnerstag bis Samstag) erhöht
sich die Zahl der Cluster auf drei (23 + KL, 16 + HL, 12 Fälle). CL 1 und CL 2
zeigen für unseren Raum ein ähnliches Muster (Hochdruckeinfluss), während CL 3
auf eine Zonalisierung der Grundströmung mit einhergehender Milderung setzt. Da
GFS-EPS in die gleiche Kerbe haut wie ECMF-EPS, ist die Wahrscheinlichkeit eines
winterlich geprägten Witterungsabschnitts (vor allem von Seiten der
Temperaturentwicklung her) in der nächsten Woche ziemlich hoch.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Anfangs fällt noch gebietsweise Schnee, wobei die Signale für größere Mengen (10
cm oder mehr in 12 h) seitens der Numerik eher gering sind. Am ehesten könnte
man sich ein solches Ereignis noch am Samstag punktuell in den Mittelgebirgen
oder an den Alpen vorstellen, bevor die Schneefallwahrscheinlichkeit immer
weiter abnimmt. Der von IFS zur Wochenmitte für den Süden und Südosten
gerechnete Schneefall wird probabilistisch nur teilweise gestützt, größere
Neuschneemengen - so es denn überhaupt schneit - sind unwahrscheinlich.

Dagegen nimmt die Wahrscheinlichkeit, dass es tagsüber zumindest gebietsweise
(im Laufe der Woche vielleicht sogar verbreitet) leichten Dauerfrost gibt, immer
weiter zu. Eine genaue Regionalisierung fällt nach heutigem Stand zwar noch
schwer, am längsten werden aber wohl noch die Flusstäler West- und
Südwestdeutschlands außen vor bleiben.
In den Nächten kann es - günstige Rahmenbedingungen vorausgesetzt (längeres
Aufklaren, vorhandene Schneedecke) - strengen Frost geben, was im Bergland eher
der Fall sein wird als abseits davon.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMF-MOS mit ECMF-EPS, da MOS-Mix etwas zu warm scheint.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann