Thema des Tages

15-01-2018 14:40

Der Stau der Berge

Der Wochenbeginn ist meteorologisch gesehen zwar noch ruhig, doch das
ändert sich zügig. Das nur noch am heutigen Montag wetterbestimmende
Hochdruckgebiet BORCHERT zieht weiter nach Russland und verliert
endgültig an Einfluss auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa. In den
nächsten Tagen stehen dagegen mehrere Tiefausläufer im Mittelpunkt,
die das Land jeweils von West nach Ost überqueren. Am Donnerstag
gewinnt dann ein Orkantief an Relevanz. Einer abwechslungsreichen
Wetterwoche steht daher nichts entgegen!



Bereits heute frischt der Wind von Westen her deutlich auf. Wind- und
Sturmböen treten ab dem Nachmittag nicht nur auf den Bergen, sondern
im Westen und Nordwesten zunehmend auch in tieferen Lagen und an der
Küste auf. Mit dem Durchschwenken eines ersten Tiefausläufers ist
auch einsetzender Niederschlag verbunden, wobei die Schneefallgrenze
rasch in die Kammlagen der west- und südwestdeutschen Mittelgebirge
ansteigen wird. Diese feuchte und eher milde Witterung hält besonders
im Süden bis in die Nacht zum Mittwoch an, bevor bei sinkenden
Temperaturen allgemein der Schnee in den Fokus rücken wird.



Bei einer solchen, zunächst milden "Westwetterlage" kommt es
bevorzugt in einigen Mittelgebirgen zu länger andauernden
Niederschlägen. In diesem Fall ist davon explizit der Schwarzwald
betroffen. Dort ist die Überschreitung der DWD-Warnschwelle für
Dauerregen (mehr als 30 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden)
wahrscheinlich. Zudem muss man im Hinterkopf behalten, dass das
letzte Hochwasserereignis an vielen Flüssen erst ein paar Tage in der
Vergangenheit liegt. Die Pegelstände sind zwar gesunken, doch kann es
in den Regionen mit Dauerregen bei den gesättigten Böden vor allem an
kleineren Flüssen und Bächen rasch zu einem Wiederanstieg der
Wasserstände kommen.



Unsere Warnungen vor Dauerregen werden auf der Warnkarte in der Farbe
"ocker" (Warnung vor markantem Wetter) dargestellt. Doch die
Warnungen bestehen nicht nur aus der farblichen Codierung und einem
Gültigkeitszeitraum, sondern auch aus einem informativen Textblock.
Zum einen werden darin natürlich die erwarteten Niederschlagsmengen
beschrieben, zum anderen taucht dort häufig der Ausdruck "in
Staulagen" auf. Ein solcher Warntext könnte zum Beispiel
folgendermaßen aussehen: "Es werden Niederschlagsmengen zwischen 30
und 50 Liter pro Quadratmeter erwartet. In Staulagen werden bis 60
Liter pro Quadratmeter erreicht." Doch was versteht man nun genau
unter diesen ominösen Staulagen?



Die Spezifikation einer "Staulage" ist immer in Bezug auf die
Orographie zu verstehen. Typische Staulagen gibt es beispielsweise in
den Mittelgebirgen oder besonders am Alpenrand. Berge haben nämlich
allgemein die Eigenschaft, an ihren Flanken die darauf zuströmende
Luft zum Aufsteigen zu zwingen. Damit wird der in der Luft vorhandene
Wasserdampf in höhere Luftschichten transportiert. Dort ist die Luft
aber normalerweise kälter und kann deutlich weniger Wasserdampf
halten. Als Folge kommt es zum Ausfall und damit zum Abregnen oder
Schneefall. Hält dieser Effekt über eine längere Zeit an, können
erhebliche Niederschlagsmengen zusammenkommen. Normalerweise sind die
Flüsse und die relevanten hydrologischen Bauten (Rückhaltebecken) auf
die dort typischen erhöhten Niederschlagsmengen ausgerichtet. Aber
bei besonders langanhaltenden niederschlagsreichen Wetterlagen kann
auch dort das Fassungsvermögen erschöpft sein. Durch diesen
"Staueffekt" kommt es daher häufig zu einem starken Unterschied der
Niederschlagsmenge zwischen Bergland und angrenzendem Flachland. Um
diesem Umstand Rechnung zu tragen, werden diese Unterschiede in
unseren Warnungen auch detailliert kommuniziert.



Zum Ende noch ein Update zur erwarteten Sturmlage am Donnerstag: Die
Zugbahn des Orkantiefs wird von den verschiedenen Rechenmodellen
zunehmend ähnlich simuliert. Mit einer größeren Wahrscheinlichkeit
zieht das Tief von der mittleren Nordsee über Dänemark in die Ostsee.
Damit gelangt das gesamte Bundesgebiet auf der Südflanke in sein
Sturmfeld. Besonders im Norden und an der Küste sind dabei Orkanböen,
sonst schwere Sturmböen möglich. Wir halten Sie natürlich auf unseren
üblichen Informationswegen auf dem Laufenden.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.01.2018

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