DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
09-12-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.12.2017 um 10.30 UTC
Wechselhaft und besonders im Bergland winterlich. Nachts auch in tiefen Lagen
leichter Frost und Glätte. Bergland und Küsten stürmisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 16.12.2017
Beim Blick auf die Telekonnektionen ist im Vergleich zu gestern eine Änderung
bzw. Tendenz auszumachen, dass sich die eingefahrene Wetterlage zum Ende der
Mittelfrist beginnen könnte umzustellen. Die aktuell stark amplifizierte
Wetterlage in der Nordhemisphäre dauert aber den Großteil der Mittelfrist erst
mal weiter an. Der blockierende Keil bei rund 30 Grad West bleibt mehr oder
weniger vor Ort mit temporären Amplitudenänderungen. Dies spiegelt sich in einer
AO und einer NAO wider, die einem etwas schwächelnden Polarwirbel entsprechend
leicht negative bis neutrale Werte aufweisen. Zum Ende der Mittelfrist
allerdings deutet sich ein deutliches Ansammeln kälterer Luft über Kanada,
Grönland, dem südlichen Arktischen Ozean und der Baffin Bay an, was einen
großräumigen Schichtdickerückgang über diesen Bereichen zur Folge haben sollte.
Dies wird gestützt durch einen Anstieg der NAO und der AO auf neutrale bis
leicht positive Werte und einer erwarteten Ostverlagerung des Nordatlantikkeils
in Richtung Europa. Tendenziell würde dies stabilere und höhenmildere
Verhältnisse für West- und Mitteleuropa bedeuten.
Von all dem ist zum Beginn der Mittelfrist, am Dienstag, allerdings nichts zu
spüren. Ein kräftiger Höhentrog mit einer 500 hPa Temperatur um -36 Grad
erreicht Deutschland am Dienstag und zieht in der Nacht zum Mittwoch allmählich
nach Nordosten ab. Rückseitig fächern die Isohypsen stromab eines neuen
kräftigen Höhentroges vor Irland rasch auf. Niedertroposphärisch baut sich
während dieser Zeit besonders über Süddeutschland ein progressives und zonal
ausgerichtetes Zwischenhoch auf, während die Strömung über dem Nordwesten in der
Nacht zum Mittwoch bereits wieder zyklonal geprägt auf Südwest kippt. Eine am
Alpenrand schleifende Kaltfront (strömungsparallel ausgerichtet und durch eine
diffuse Norditalienzyklogenese zurückgehalten) sorgt am direkten Alpenrand sowie
inneralpin für mäßige Schneefälle, die allerdings bezüglich ihrer Intensität im
Tagesverlauf immer schwächer werden. Dabei pendelt die Schneefallgrenze je nach
Niederschlagsintensität zwischen 500 und 700 m und darüber sind 10 bis 25 cm
Neuschnee wahrscheinlich. Ansonsten entwickeln sich in der feuchten und labil
geschichteten Luftmasse zahlreiche Schauer, die besonders in den Mittelgebirgen
einige Zentimeter Neuschnee bringen. Dabei liegt die Schneefallgrenze bei rund
200 bis 400 m. Darunter fällt etwas Regen. Hervorgehoben werden soll noch der
Bereich Niedersachsen, Schleswig-Holstein und der Westen von
Mecklenburg-Vorpommern. Hier sorgt starkes Aufgleiten durch ein nordostwärts
ziehendes Bodentief für skalige Niederschläge, die je nach Intensität bei der zu
erwartenden Durchmischung und vertikalen Temperaturverteilung teils bis in tiefe
Lagen als Nassschnee fallen können. Dies wird in einigen Members des EZMW-EPS
gezeigt und kann aus heutiger Sicht nicht von der Hand gewiesen werden. Die
Entwicklung dieses Niederschlagbereichs sollte in folgenden Modellläufen genau
im Auge behalten werden. Die Niederschläge lassen in der Nacht unter dem
Zwischenhocheinfluss rasch nach mit letzten Flocken am Alpenrand und im Stau der
Mittelgebirge.
Der Mittwoch und die Nacht zum Donnerstag stehen ganz im Zeichen der neuen
Austrogung über Nordwesteuropa. Stromab fächern die Isohypsen vorübergehend
weiter auf, in die Westströmung eingelagerte Randtröge erreichen Deutschland
daher unter Abschwächung und unter Verringerung ihrer
Verlagerungsgeschwindigkeit. Mehrere Okklusionen erfassen während dieses
Zeitraums Deutschland aus Westen und sorgen besonders im Westen und Norden für
wiederholte und länger andauernde Niederschläge. Nach Osten zu schwächt sich
besonders die erste Okklusion am Mittwoch tagsüber so weit ab, dass kaum
Niederschlag zu erwarten ist (von Bayern bis zur Ostsee), bevor in der Nacht zum
Donnerstag aber auch hier Niederschläge von Westen aufkommen. Der Mischluft und
nordatlantischen Herkunft der Okklusionen entsprechend wird besonders in den
Süden Deutschlands etwas mildere Luft geführt. Dabei liegt die Schneefallgrenze
von Nord nach Süden zwischen 300 und 1000 m. Besonders im Bergland muss mit
winterlichen Bedingungen und einigen Zentimetern Neuschnee gerechnet werden.
Besonders der Okklusionspunkt der zweiten Front in der Nacht zum Donnerstag
könnte im Bergland mehr Schnee bedeuten.
Am Donnerstag weitet der umfangreiche Höhentrog über Nordwesteuropa seinen
Einfluss rasch auf Mitteleuropa aus, wobei Deutschland für längere Zeit in
dessen hebungsintensiven Südostquadranten gerät, der zudem von mehreren
Kurzwellen durchlaufen wird. Diese Kurzwellen sorgen für einen schleifenden
Charakter der Okklusion über Süd- und Ostdeutschland, sodass dort tagsüber
anhaltende Niederschläge zu erwarten sind. Nach Nordwesten bzw. nördlich des
Scheitelbereichs der Welle liegend werden nur einzelne Schauer erwartet. Bereits
in den Abendstunden des Donnerstags und in der Nacht zum Freitag greift die
nächste Kurzwelle mit neuer Hebung von Westen auf Deutschland über, sodass
länger anhaltender und flächendeckender Niederschlag in weiten Bereichen
Deutschlands zu erwarten ist. Davon ausgenommen ist erneut der Norden. Die
Schneefallgrenze kann vorerst nur grob abgeschätzt werden mit einem
Nord-Südgefälle und teils größeren Schwankungen beim Durchzug der Kurzwellen.
Die Spannbreite sollte zwischen 300 und 1000 m von Nord nach Süd liegen. Darüber
und besonders im Bergland muss mit teils größeren Neuschneemengen gerechnet
werden.
Am Freitag erreicht im Tagesverlauf die Trogachse Deutschland und erfasst in den
Nachtstunden zum Samstag auch den Osten von Deutschland. Dabei ist der Freitag
tagsüber besonders über der Mitte und dem Süden noch von Aufgleitniederschlägen
entlang der hereinschwenkenden Trogachse geprägt, die nachfolgend in der Nacht
zunehmend einen konvektiven Charakter annehmen entsprechend einer labilen
Schichtung mit einer 500hpa Temperatur von unter -33 Grad. Bei fortschreitender
Kaltluftadvektion gehen die Niederschläge bis in tiefe Lagen in Schnee oder
Graupel über und verbreitet muss mit Glätte und winterlichen
Straßenverhältnissen gerechnet werden.
Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag verbleibt der Höhentrog über
Deutschland. Ein Bodentief verlagert sich derweilen von Dänemark ostwärts in
Richtung Südschweden. Daher bleibt eine zyklonal geprägte und labil geschichtete
Nordwest- bis Nordlage bestehen. Verbreitet muss dabei mit Schauern gerechnet
werden, die entlang von möglichen Randtiefs/"Kommata" auch mal organisierter und
mit Blitz und Donner daherkommen können. Besonders in Staulagen der
Mittelgebirge und am Alpennordrand dauern die Niederschläge längere Zeit an und
bei einer Schneefallgrenze zwischen 0 m und 200 m muss verbreitet mit
winterlichen Straßenverhältnissen gerechnet werden.
Die Mittelfrist über weht der Südwestwind besonders im Bergland und im
Küstenumfeld wiederholt mit Sturmstärke, auf dem Brocken teils auch in
Orkanstärke. Daher muss sicherlich der Parameter "Schneeverwehung" im Bergland
wiederholt ins Auge gefasst werden. Erst zum Ende der Mittelfrist nimmt der
Gradient unter dem Höhentrog ab.
Die Höchstwerte liegen meist zwischen 2 und 8 Grad mit leichtem Luftfrost in den
Nächten (ausgenommen der äußerste Westen und Norden).
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Weiterhin wird die synoptische Entwicklung innerhalb der EZMW-Läufe recht
einheitlich vorhergesagt, was sowohl die Lage und Intensität von Keilen und
Trögen betrifft. Allerdings werden die zahlreichen Kurzwellen, die die
Haupttröge umlaufen, mit größeren Differenzen erfasst. Daher bestehen
Unsicherheiten bezüglich der genauen Zeiträume der jeweiligen
Niederschlagsereignisse (Beginn und Ende), aber alle Läufe zeigen einen sehr
wechselhaften und besonders im Bergland winterlichen Wetterabschnitt. Auch die
Lage der zahlreichen Bodentiefdruckgebiete unter dem breiten Höhentrog wird ab
Donnerstag noch sehr unterschiedlich gerechnet, auch wenn sich allmählich ein
"Steuerzentrum" über Dänemark/Südnorwegen herauskristallisiert, das weitere
Bodentiefs nach Benelux und Deutschland lenken soll.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Ähnliches ist bei den Globalmodellen zu erkennen. Dabei sticht besonders die
Phase ab Mittwoch ins Auge, wo der hereinschwenkende Höhentrog und da speziell
die Lage und Intensität der Bodentiefs Probleme bereitet. GFS setzt die
Tiefdruckentwicklungen meist östlicher an als ICON und EZMW und verlagert diese
auch schneller. Zum Freitag 06 UTC sind die regionalen Diskrepanzen allerdings
ausgeräumt mit einer Lage über Südnorwegen und Dänemark. Allerdings weist der
Kerndruck dieses steuernden Tiefdruckzentrums mit 10 bis 15 hPa deutliche
Unterschiede auf. Interessanterweise werden die um dieses Tief und am Rand des
Höhentroges herumgeführten Kurzwellen bezüglich Lage und Intensität wiederum
recht gut erfasst. Auch hier bleiben die unterschiedlichen
Niederschlagsereignisse bezüglich Beginn und Ende unsicher, allerdings wird von
allen Globalmodellen ein sehr wechselhafter Wetterabschnitt gestützt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Zum Beginn der Mittelfrist werden 4 Cluster gezeigt, wobei die beiden ersten am
stärksten besetzt sind. Kontroll- und det. Lauf liegen beide im ersten Cluster
und alle Cluster weisen das klimat. Regime "positive NAO" auf. Überall ist ein
positiv geneigter Höhentrog über Mitteleuropa zu erkennen, der Deutschland
erfasst. Für Deutschland ergeben sich daraus keine größeren Unsicherheiten. In
der Folge ist nur noch ein Cluster vorhanden, wobei das klimat. Regime von
"positive NAO" über "negative NAO" bis "Atlantikrücken" schwankt. Diese
Schwankungen dürften vor allem auf die Amplitudenveränderungen des
Hochdruckrückens über dem Nordatlantik bzw. Grönland zurückzuführen sein. Die
stromabwärts über West- Mittel- und Nordeuropa stattfindende Austrogung wird
einheitlich gesehen und somit wird auch die Zuversicht auf einen sehr
wechselhaften Wetterabschnitt gestützt.
In den Rauchfahnen unterschiedlicher deutscher Städte ist der wechselhafte
Wetterabschnitt mit mehreren Niederschlagsspitzen ebenfalls sehr gut zu
erkennen. Besonders am Dienstag (Süden) und am Donnerstag mit Durchzug der
Okklusionen wird ein Niederschlagsschwerpunkt gezeigt. Das geringfügig
"flatternde" Temperaturprofil zeigt die zahlreichen Passagen der Kurzwellen mit
schwacher Warm- und Kaltluftadvektion. Die Wahrscheinlichkeiten für Schneefall
sind im süddt. Tiefland noch am größten, sieht man von einer Spitze im
Meteogramm von Hamburg von Montag auf Dienstag ab. Diese Spitze ist allerdings
erheblich und deutet auf das Schneepotential für diese Region mit kräftigen
Nassschneefällen hin.
Die Nähe zur Frontalzone spiegelt sich auch beim Wind wider, der besonders bei
Frontpassagen Spitzen aufweist. Zum Ende der Mittelfrist ist ein allgemeiner
Anstieg der Memberschar im 500 hPa Geopotential auszumachen, allerdings nimmt
die Streuung ebenfalls zu. Die zum Beginn der Mittelfrist angesprochene mögliche
langsame Umstellung der Großwetterlage deutet sich somit auch in den ENS plumes
an.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Der EFI "Windböen" springt während der Mittelfrist wiederholt an und zeugt von
einer sehr dynamischen Wetterlage. Besonders die Bergregionen, aber auch das
Küstenumfeld werden immer wieder stürmische Abschnitte erleben, auf dem Brocken
weht der Südwestwind eh meist oberhalb der Bft 10.
Bei den Niederschlägen gibt es sporadisch leicht erhöhte und vom Modellklima
abweichende Werte, die sich besonders auf die Staulagen beziehen. Da die
Schneefälle dank der maritimen und vom Atlantik erwärmten Luftmasse meist das
Bergland betreffen, sind auch dort sporadisch Signale beim EFI auszumachen. Zwar
sinkt zum Ende der Mittelfrist die Schneefallgrenze ab, allerdings lässt dann
auch die Niederschlagsintensität nach. Auch hier ist das mögliche
Nassschneefallereignis von Montag auf Dienstag über Norddeutschland mit
positiven EFI-Werten und einem SOT über 0 zu erkennen.
Das EZMW-EPS und COSMO-LEPS zeigen beide am Dienstag im Maximum erhebliche
Neuschneemengen für Norddeutschland, die allerdings im Median kaum
wiederzufinden sind. Der Grund hierfür ist der, dass das Modelltemperaturniveau
im Grenzbereich von Schnee oder Regen liegt und somit einige member alles als
Regen oder Schnee sehen. Weitere Läufe müssen diesbezüglich abgewartet werden.
Ebenfalls werden am Alpenrand markante Neuschneemengen gezeigt. In der Folge
werden vom EZMW-EPS besonders die Berglagen wiederholt mit kräftigen
Schneefällen hervorgehoben.
EZMW-EPS zeigt Böen Bft 8-9 im Bergland besonders am Mittwoch und Donnerstag und
allgemein im Küstenumfeld. In Verbindung mit dem Neuschnee sind
Schneeverwehungen im Bergland wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, EZMW-EPS, EZMW
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy