DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
08-12-2017 23:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 08.12.2017 um 10.30 UTC
Montag Dauerregen im Südwesten. Föhnsturm auf den Alpen und Sturm im Bergland.
Nacht zum Dienstag in Alpen Wettersturz und kräftiger Schneefall. In der Folge
wechselhaft, Bergland winterlich und nachts zunehmende Frostgefahr. Bergland und
Küsten stürmisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 15.12.2017
Die Mittelfrist über ist mit der Fortdauer eines geschwächten Polarwirbels zu
rechnen. Die seit Ende November vorherrschenden niederstratosphärischen
positiven Geopotentialanomalien spiegeln sich auch in einer negativen AO wider,
die auch nach der letzten Ensemblevorhersage die Mittelfrist über in diesem
(positiven) Bereich verbleiben soll. Die sich immer wieder regenerierende
positive Geopotentialanomalie (in mittlerer Troposphäre) entlang grob 30 Grad
West ist bezüglich ihrer Lage fest und weist nur variable Amplituden auf, die
besonders Südgrönland erfassen. Entsprechend dauert die Phase der neutral bis
negativen NAO weiter an. Dies alles unterstützt stromabwärts die persistente
Lage eines Höhentrogs über Skandinavien und Mitteleuropa. Besonders während der
Regenerierungsphase dieses Höhentroges weist die Strömung über dem Nordatlantik
vorübergehend eine mehr zonal ausgerichtete Komponente auf, ist ansonsten jedoch
meridional strukturiert. Für Deutschland bedeutet das einen sehr wechselhaften
Wetterabschnitt.
Zum Beginn der Mittelfrist, am Montag, erstreckt sich ein markanter
Langwellentrog von der Nordsee über die Iberische Halbinsel bis nach Marokko.
Das Einbeziehen subtropischer Luftmassen und eine sich über Westeuropa
entwickelnde "gekoppelte Jetkonfiguration" deuten auf eine rege
Tiefdruckentwicklung über Frankreich hin, die bis zum Abend zügig nach Benelux
zieht. Letzte Daten bringen den Kerndruck auf unter 970 hPa, was ein veritables
Sturmtief bedeuten würde. Allerdings ist die für diese intensive Entwicklung
mitverantwortliche Kurzwelle noch über dem offenen Nordatlantik zu finden und
kleine zeitliche wie räumliche Modellunterschiede haben einen großen Einfluss
auf die finale Lage und Intensität des Tiefs. Allerdings war diese kräftige
Entwicklung bereits in den vergangenen EZMW-Läufen vorhanden, sodass die
"Zuversicht" auf eine Sturmtiefentwicklung steigt. Deutschland würde zunächst
von der Warmfront mit kräftigen Aufgleitniederschlägen und zum Abend im Westen
von der Kaltfront beeinflusst werden, was abgesehen vom Osten und Südosten
Deutschlands einen regnerischen Wochenstart zur Folge hätte. Bei der vorhandenen
Dynamik rückt zunächst im Bergland der Wind mit Sturmböen Bft 8-9, exponiert
teils mit schweren Sturmböen um Bft 10 ins Auge, bevor mit Kaltfrontpassage im
Westen auch in tiefen Lagen mit stürmischen Böen Bft 8 aus Südwest gerechnet
werden muss. In den Alpen dauert eine Südföhnlage weiter an mit Orkanböen von
über 120 km/h auf exponierten Alpengipfeln. Zeitweise greift der Föhn mit
Sturmböen auch in tiefere Lagen des Alpenvorlandes durch. Im mit alternder
Subtropikluft gefüllten Warmsektor klettert die Schneefallgrenze auf 1000 bis
2500 m, sodass in Verbindung mit den Niederschlägen Tauwetter ein warnwürdiges
Thema werden sollte (u.U. im Unwetterbereich für den Schwarzwald).
Im Verlauf der Nacht zum Dienstag zieht das Tief unter allmählichem Auffüllen
über Nordwestdeutschland nach Südschweden und lenkt die Kaltfront weiter nach
Osten. Diese wellt über Süddeutschland im Zuge einer diffusen
Norditalienzyklogenese (im rechten Einzug eines 140 Knoten Höhenjets gelegen)
und daher regnet es südlich der Donau die Nacht über anhaltend und kräftig.
Bedingt durch besonders niedertroposphärisch bis zum Alpenrand durchgreifende
Kaltluftadvektion und die starken Niederschläge dürfte die Schneefallgrenze im
Verlauf der Nacht bis auf rund 800 oder 700 m gedrückt werden. Es muss in diesen
Höhenbereichen mit erheblichen Neuschneemengen und Schneeverwehungen gerechnet
werden. Sonst treten bei wechselnder Bewölkung zahlreiche Schauer auf, die im
Verlauf der Nacht im Westen oberhalb von 400 m zunehmend in Schnee übergehen.
Der Südwestwind weht im Bergland weiterhin in Sturmstärke (Brocken Orkanstärke)
und dreht rückseitig des Tiefkerns auf Nordwest bis Nord. Dann muss über der
Deutschen Bucht mit Sturmböen Bft 8 bis 9 aus Nord gerechnet werden.
Am Dienstag liegt der Höhentrog mit positiver Achsenneigung über Deutschland und
lenkt das sich weiter auffüllende Tiefdruckgebiet nach Nordosten in Richtung
zentraler Ostsee. Da der tiefe Druck über Norditalien bestehen bleibt, kommt der
über dem Alpenraum schleifende/wellende Frontenzug kaum nach Osten voran, sodass
sich das Wetter südlich der Donau trüb und regnerisch gestalten sollte.
Allerdings nimmt die Niederschlagsintensität im Tagesverlauf ab. Die
Schneefallgrenze sinkt bis zum Abend auf rund 500 m, wobei darüber teils mit
erheblichen Neuschneemengen zu rechnen ist. Ansonsten entwickeln sich in der
labilen Höhenkaltluft besonders im Westen und Norden zahlreiche Schauer und
einzelne Gewitter, die bis in tiefe Lagen mit Schnee und Graupel vermischt sein
können. Oberhalb von 200 m fällt durchweg Schnee und in den Staulagen der
westlichen Mittelgebirge können einige Zentimeter Neuschnee fallen. Der
Südwestwind erreicht im Bergland weiterhin Sturmstärke und auch über Nord- und
Ostsee sind Sturmböen zu erwarten.
In der Nacht zum Mittwoch sorgt ein schwaches Zwischenhoch für eine
vorübergehende Wetterberuhigung. Die Schneefälle (oberhalb von 500 m) am
Alpenrand klingen allmählich ab und sonst schneit es nur in den Mittelgebirgen
oberhalb von 400 m geringfügig. In den restlichen Gebieten bleibt es meist
trocken und der Südwestwind schwächt sich abgesehen von den Küstenbereichen von
Nord- und Ostsee deutlich ab.
Am Mittwoch macht sich der zwischen Island und Schottland regenerierende
Höhentrog über Deutschland in Form einer geringfügig aufgesteilten zyklonalen
Südwestströmung bemerkbar. Der Luftdruckgradient nimmt besonders über dem
Nordwesten wieder zu, sodass über der Deutschen Bucht und deren Umfeld mit
Sturmböen aus Südwest gerechnet werden muss und auch im Bergland sind weitere
Sturmböen zu erwarten. Im Tagesverlauf bringen atlantische Tiefausläufer dem
Nordwesten und Norden etwas Niederschlag und mit Zufuhr milderer Atlantikluft
steigt die Schneefallgrenze auf rund 700 m. Diese Niederschläge greifen in der
Nacht zum Donnerstag auf weite Bereiche Deutschlands über. Dann bleiben nur der
Osten und Südosten noch trocken. Die Schneefallgrenze pendelt dabei um 600 m,
sodass im Bergland mit etwas Neuschnee zu rechnen ist. Der Südwestwind weht im
Küstenumfeld und im Bergland weiter stürmisch.
Am Donnerstag hat sich der Höhentrog über Nordwesteuropa regeneriert.
Deutschland liegt in einer zyklonal geprägten Südwestströmung, in der
eingelagerte Randstörungen deutschlandweit für viel Regen sorgen. Die
Schneefallgrenze sinkt zum Abend auf rund 400 bis 300 m und im Bergland schneit
es zeitweise mäßig. Besonders in Südweststaulagen können größere Neuschneemengen
fallen. Im Bergland sind Schneeverwehungen zu erwarten, da der Südwestwind
weiterhin stürmisch weht.
In der Nacht zum Freitag treten wiederholt Niederschläge auf, die oberhalb von
rund 200 bis 300 m als Schnee fallen. Es muss vielerorts mit winterlichen
Straßenverhältnissen gerechnet werden. An der Windverteilung ändert sich wenig.
Am Freitag dauert die wechselhafte Witterung weiter an, wobei wiederholt mit
Niederschlägen zu rechnen ist. Diese fallen besonders im Süden teils bis in
tiefe Lagen und sonst oberhalb von 300 m als Schnee. Nur im Osten bleibt es für
längere Zeit auch trocken.
Die Höchstwerte liegen am Montag zwischen 6 und 12 Grad, bevor sie in der Folge
auf 3 bis 7 Grad zurückgehen. Die Frostgefahr nimmt in den Nächten von Tag zu
Tag etwas zu. Davon ausgenommen ist der Norden, wo es während der Mittelfrist
nur selten Luftfrost geben sollte. Im Bergland muss häufig, im Tiefland
besonders während der Nacht mit winterlichen Straßenverhältnissen durch Glätte
oder Schnee gerechnet werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Am Montag und Dienstag werden die synoptischen Strukturen in den letzten
EZMW-Läufen gut erfasst, wenngleich es bei der Intensität und Lage eines
Sturmtiefs über Frankreich/später Benelux noch Differenzen bezüglich Intensität
und Lage gibt (Unterschiede bei 5 hPa und 250 km). Tendenziell wird eine immer
kräftigere und etwas schnellere Lösung gezeigt, wobei allerdings gesagt werden
sollte, dass sich die für die Sturmtiefentwicklung zuständigen Zutaten teilweise
noch weit über dem offenen und somit datenärmeren Nordatlantik befinden. Von
daher wird es sicherlich auch in den folgenden Läufen noch Differenzen bezüglich
dieser Entwicklung geben.
Ab Mittwoch regeneriert sich ein kräftiger Höhentrog über Westeuropa.
Kurzwellige Anteile umrunden diesen und werden mit unterschiedlicher
Phasenverschiebung innerhalb der letzten Modellläufe nach Deutschland geführt.
Der wechselhafte Wettercharakter ist somit als wahrscheinlich anzusehen,
allerdings ist das genaue Eintreffen der unterschiedlichen Schlechtwetterfronten
noch mit entsprechenden Unsicherheiten behaftet.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Beim Blick auf die Globalmodelle ist ein ähnliches Verhalten wie bei den
EZMW-Läufen zu erkennen. Allerdings sind die Unsicherheiten bereits am Montag
mit der Tiefdruckentwicklung deutlich ausgeprägter. ICON bringt das Tief
schwächer und schneller nach Deutschland, während EZMW und GFS dieses kräftiger
und langsamer von Frankreich nach Benelux ziehen lassen. In der Nacht zum
Dienstag verstärkt ICON dieses über Südschweden, während es EZMW und GFS unter
Abschwächung nach Südschweden ziehen lassen. Diese Unterschiede haben besonders
beim Blick auf den Niederschlagsbeginn und - ende eine große Bedeutung.
In der Folge etabliert sich auch hier über Nordwesteuropa ein umfangreicher
Höhentrog, der von kurzwelligen Anteilen umlaufen wird. Diese werden innerhalb
der Globalmodelle unterschiedlich erfasst, sodass exakte Niederschlagsphasen
(Beginn und Ende) nicht näher benannt werden können. Allerdings deuten alle
Modelle einen sehr wechselhaften und besonders im Bergland winterlichen
Wetterabschnitt an.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Zum Beginn der Mittelfrist werden 5 Cluster gezeigt mit jeweils einem kräftigen
Höhentrog über West- und Mitteleuropa und dem klimat. Regime "negative NAO".
Dabei sind die ersten drei Cluster gleich besetzt und auch der det. (Cluster 2)
und Kontrolllauf (Cluster 1) sind hier zu finden. Bei allen Lösungen liegt
Deutschland unter der Ostflanke des kräftigen Höhentroges im direkten Bereich
der Frontalzone.
In der Folge pendelt das klimat. Regime zwischen positiver und negativer NAO,
wobei von den 4 Clustern die beiden ersten am stärksten besetzt sind. Die größte
Differenz ist bei der Geometrie des Höhentroges zu erkennen, der zudem von
zahlreichen Kurzwellen umlaufen wird. Bei allen Clustern ist allerdings eine
Fortdauer des zyklonal geprägten Wetterabschnitts zu erkennen.
Die Meteogramme von Hamburg, Frankfurt am Main, Leipzig und München zeigen zum
Beginn der Mittelfrist eine starke Bündelung der 850 hPa Temperatur, die im
Zustrom der modifizierten Subtropikluft vorübergehend deutlich ansteigt und in
der Folge wieder abfällt. Allerdings nimmt dann die Streuung und auch die
Amplitude der Kurven etwas zu, da die einzelnen Randtröge, die für temporär
verstärkte Warmluft- und Kaltluftadvektion verantwortlich gemacht werden können,
noch nicht sehr gut erfasst werden. In allen Meteogrammen ist der wechselhafte
Wettercharakter zu erkennen bei einem Temperaturniveau von 3 bis 7 Grad. Im
Süden liegt das Temperaturniveau geringfügig niedriger, was wohl auf die
wiederholt auftretenden Stau- und Aufgleitniederschläge zurückzuführen ist.
Ein ähnliches Muster ist auch bei den GFS-ENS zu erkennen, wenngleich die
Streuung z.B. der 850 hPa Temperatur in der Mittelfrist etwas stärker ausfällt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Der EFI "Wind" zeigt wiederholt Ausschläge und deutet somit auf einen zeitweise
windigen, besonders im Bergland und Küstenumfeld auch stürmischen
Wetterabschnitt hin. Die größten Ausschläge gibt es am Montag im süddeutschen
Bergland.
Am Montag stehen im Südwesten ergiebige Niederschläge bevor, die besonders im
Schwarzwald mit Blick auf das Niederschlagsdargebot warnwürdig ausfallen sollten
(sowohl Dauerregen als auch Tauwetter bei vorübergehender durchgreifender
Erwärmung). Auch am Donnerstag gibt es im Stau der westlichen Mittelgebirge
leicht erhöhte Signale auf regional länger anhaltende (Stau-)Niederschläge.
Diese fallen allerdings nun bereits ab mittleren Lagen als Schnee, was die
Abflussmenge verringern dürfte.
In der Nacht zum Dienstag und Dienstag tagsüber werden in den Alpen kräftige
Schneefälle erwartet, wobei die Schneefallgrenze während dieser Zeit zügig von
1500 m (oder mehr) auf rund 500 m sinkt. Am Donnerstag sind auch im Stau der
westlichen Mittelgebirge eng begrenzt EFI-Signale für kräftige Schneefälle zu
erkennen.
EZMW-EPS stützt ebenfalls ein wiederholtes Windmaximum im Bergland und im
Küstenumfeld, wobei am Montag auf den Alpengipfeln Orkanböen (Südföhn) zu
erwarten sind (50 % für mehr als 140 km/h). COSMO-LEPS zeigt
Wahrscheinlichkeiten von 30 bis 40% (mehr als 50 l/qm in 24 Stunden), dass im
Stau des Schwarzwaldes Dauerregen fällt (übergreifend vom Sonntag) und auch am
Donnerstag sind im Südwesten (besonders im Stau des Schwarzwaldes) geringe
Wahrscheinlichkeiten auszumachen (unter 10% für mehr als 30 l/qm in 12 Stunden).
EZMW-EPS zeigt besonders in der Nacht zum Dienstag und am Dienstag tagsüber im
Stau der Alpen hohe Wahrscheinlichkeiten für kräftige Schneefälle (20% für mehr
als 30 l/qm Schneeanteil in 24 Stunden). Dieser Schneeanteil bleibt besonders in
höheren Lagen vollständig liegen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy