DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-11-2017 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 07.11.2017 um 10.30 UTC



Am Wochenende von Nordwesten her Zustrom polarer Meeresluft mit auffrischendem
Wind und Niederschlägen, die im Bergland mehr und mehr in Schnee übergehen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 14.11.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag befindet
sich Deutschland (noch) am Südrand der Frontalzone, die sich von Nordamerika her
südlich an Grönland und Island vorbei bis nach Skandinavien erstreckt. Auf der
kalten Seite befindet sich über dem Europäischen Nordmeer ein hochreichendes
Sturmtief mit einem Kerndruck nahe 960 hPa, das sich langsam in Richtung
norwegisches Festland orientiert. Als Gegenspieler fungiert das
berühmt-berüchtigte Azorenhoch, das in seinem Zentrum (immerhin etwas über 1040
hPa) knapp nördlich der Inselgruppe liegt, dem das Hoch seinen Namen zu
verdanken hat.
Davon ausgehend erstreckt sich ein Keil bis nach Süddeutschland, der dafür
sorgt, dass sich eine erste okkludierte Front, die zuvor den Norden und Teile
der Mitte des Vorhersagerums überquert hat, zusehends auflöst. Das nächste,
ebenfalls okkludierende Frontensystem steht aber bereits mit einem Fuß in der
Tür und wird in den Frühstunden von der Nordsee her auf den Nordwesten
übergreifen. Von dort schwenkt sie über die mittleren Landesteile gen Alpen, wo
sie wohl aber erst im Laufe des Samstags anlanden wird. Ihr folgt am Wochenende
schubweise hochreichende Meereskaltluft aus polaren Breiten, die am Sonntag das
ganze Land fluten wird. Dabei geht die Temperatur bis Montag 00 UTC in 500 hPa
auf rund -32°C, in 850 hPa etwa auf -2 bis -5°C zurück. Mit der
Kaltluftadvektion sinkt das Geopotenzial über Mitteleuropa sukzessive ab, was zu
einer markanten Austrogung und schließlich zur Ausbildung eines substanziellen
Langwellentrogs führt, der durch rückseitig hereinlaufende kurzwellige
Troganteile stetig regeneriert wird. An den Alpen stellt sich eine Staulage ein,
bei der die Schneefallgrenze peu a peu auf unter 1000 m sinkt. Und auch in den
Mittelgebirgen setzt sich bei den meist schauerartigen Niederschlägen die feste
Phase bis in mittlere Lagen durch.

Zu Beginn der neuen Woche verschiebt sich die Längsachse des sich verkürzenden
LW-Troges langsam zum östlichen Mitteleuropa, wobei sich am Dienstag eine
Abtropfung über dem Balkan abzeichnet. Rückseitig des Troges bzw. zwischen dem
Azorenhoch und tiefem Luftdruck über Nordeuropa stellt sich bei uns am Montag
eine hochreichend nordwestliche bis nördliche, zyklonal konturierte Strömung
ein, mit der die Kaltluftadvektion andauert. Das ändert sich ab Dienstag, wenn
sich von Westen her ein Höhenrücken nähert, der für eine merkliche Erwärmung in
der mittleren Troposphäre und somit auch für eine Stabilisierung der Schichtung
sorgt. Für eine durchgreifende Wetterbesserung sorgt der Rücken zunächst
allerdings noch nicht, da er von Warmluftadvektion respektive der Warmfront
eines Tiefs bei Island überlaufen wird. Die Folge sind reichlich Bewölkung und
zeitweilige Niederschläge bei steigender Schneefallgrenze.
Erst im weiteren Verlauf der Woche (erweiterte Mittelfrist) soll sich der Rücken
unter merklicher Verkürzung seiner Wellenlänge allmählich über den
Vorhersageraum legen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS vom ECMF kann trotz einiger kleiner Unschärfen als gut
bis sehr gut bezeichnet werden. Oder mit anderen Worten, die Umstellung der
großräumigem Strömungskonfiguration aus der anfänglichen Novemberträgheit heraus
hin zu einer dynamischeren zyklonalen Nordwestlage bzw. am Ende hin zu einem
TrM-Muster (Trog Mitteleuropa) ist so gut wie amtlich und kann mit einem Haken
versehen werden. Damit setzt die Atmosphäre nach dem letzten Sonntag zumindest
im Bergland weitere frühwinterliche Duftmarken.
Die o.e. Unschärfen resultieren im Wesentlichen aus dem Timing der
Kaltfrontpassage von Freitag zu Samstag respektive der darauffolgenden
Austrogung in der Höhe, die heute 00 UTC (und auch schon im gestrigen
12-UTC-Lauf) wieder schneller simuliert werden als gestern um 00-UTC. Dafür
haben besonders GFS und in abgeschwächter Form auch ICON diesbezüglich etwas auf
die Bremse getreten. Wie gesagt, an der grundsätzlichen Ausrichtung ändert das
nichts, so dass das Vorhersagekonzept beibehalten werden kann.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Andere etablierte Globalmodelle wie ICON, GFS, GEM und auch UKMO schlagen
letztlich in die gleiche Kerbe wie IFS. Dass auch dabei gewisse Unschärfen
auftreten (vor allem im Timing), wurde weiter oben bereits angesprochen. An der
Ausrichtung der Prognose ändert das kaum etwas.
Interessant: Die Modelle, die über 168 h hinausgehen, nämlich GFS und GEM,
setzen im Laufe der nächsten Woche ebenfalls auf das Übergreifen eines
Höhenrückens, allerdings mit jeweils immer etwas anders gearteter Geometrie.
FAZIT: Auf Basis der deterministischen Prognosetools ist die Richtung klar
vorgegeben, abweichende Alternativen werden nicht angeboten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMF-EPS-Rauchfahne von Offenbach zeigt sehr eindrucksvoll die anstehende
Abkühlung im Laufe des kommenden Wochenendes, allerdings bei zunehmender
Streuung (bei GFS-EPS ist die Streuung deutlich geringer, die Abkühlung erfolgt
so richtig erst am Sonntag). Das ist ein klares Indiz dafür, dass auch die
Ensembles noch so ihre Probleme mit dem Timing der Kaltfrontpassage haben. Am
Montag nimmt die Streuung auf relativ niedrigem Temperaturniveau kurzfristig
wieder ab - die Kaltluft ist nun endgültig angekommen. Ab Dienstag dann wieder
zunehmender Spread, allerdings mit klarem Trend nach oben (T850 und Pot500).

Die am Samstag zunehmende Streuung spiegelt sich sehr schön in der Clusterung
wider. Satte sechs Cluster werden für den Zeitraum T+72...96h angeboten, die zwar
alle in die gleiche Richtung steuern (Austrogung von Nordwesten her), das aber
mit leicht unterschiedlicher Geschwindigkeit. Von der ganz schnellen Sorte ist
dabei das allerdings nur mit einem einzigen Mitglied besetzte CL 6, das die
komplette Austrogung schon am Freitag abschließt.
Für den Zeitraum T+120...168h sinkt die Clusterzahl auf drei (22 + KL, 21 + HL, 8
Fälle), die sich für unseren Raum nur wenig unterscheiden. CL 1 ist mit dem
Übergreifen des Rückens am Dienstag etwas langsamer als CL 2, während wiederum
CL 3 etwas schneller ist, weil dort die Abtropfung eher erfolgt. Schließlich
noch der T+192...240h, das vier Cluster (20 + KL, 14, 9, 8 + HL) zustande bringt.
Dabei sind CL 1 und CL 4 am antizyklonalsten aufgestellt, während z.B. CL 3 nach
vorübergehend antizyklonaler Nordwestlage ein Regenerieren der Lage TrM (Trog
Mitteleuropa) ins Auge fasst.
FAZIT: Richtung bis Dienstag klar, kleine Timingunterschiede, weitere Aussichten
erweiterte Mittelfrist noch unsicher mit Hang zu antizyklonal.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Mit der nahezu sicheren Umstellung der Großwetterlage werden die eher trägen
Warnparameter der Kurzfrist wie Frost und Nebel durch dynamischere Komponenten
ersetzt. Dabei stehen am Freitag und am Wochenende zunächst mal der WIND/STURM
im Blickpunkt des Geschehens. Egal ob deterministisch oder probabilistisch, es
liegen ausreichend Signale vor, dass es an den Küsten sowie im höheren Bergland
stürmisch wird (8 bis 9 Bft, exponierte Kammlagen auch mal 10 Bft). Abseits von
Bergen und Meer bleibt die Wahrscheinlichkeit für Böen ab 8 Bft aber gering.
Allenfalls im unmittelbar an die Küste angrenzenden Binnenland sowie im Falle
einzelner GRAUPELGEWITTER (die mit Einfließen der hochreichenden Kaltluft
auftreten können) reicht es mal für eine stürmische Böe. Zum Montag hin nimmt
die Wahrscheinlichkeit signifikanter Böen allmählich ab.

Darüber hinaus kommt es zu wiederholten, nach Frontpassage meist schauerartigen
Niederschlägen. An den Alpen stellt sich eine Staulage ein, wobei die
Schneefallgrenze spätestens am Sonntag auf unter 1000 m sinkt. Zuvor deuten
COSMO-LEPS und auch ECMF-EPS für Samstag im Schwarzwald und im Allgäu wenn auch
mit geringer Wahrscheinlichkeit ein DAUERREGENereignis mit mehr als 30 mm innert
24 an. Danach schneit es bis in mittlere Höhenlagen, wobei markante Mengen wohl
nur im Stau der Alpen auftreten werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit Modellmix und ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann