Thema des Tages

04-10-2017 14:40

Schnellläufer XAVIER bringt Sturm und Regen

Korrigierte Passage:
Kleinere formale Änderungen.


Schwere Zeiten für Sonne- und Wärmeliebhaber: In den nächsten Tagen
erwartet Deutschland Herbstwetter par excellence ? und damit ist
nicht die freundliche, sondern vielmehr die "garstige" Seite des
Herbstes gemeint. Nun gut, dem Süden soll heute nochmal ein heiterer
und milder Tag gegönnt sein, doch schon ab dem morgigen Donnerstag
läuft das unbeständige Herbstwetter dann auch dort zur Hochform auf.
Ein kleines, aber intensives Sturmtief ist auf dem Weg nach
Mitteleuropa und bringt dabei nicht nur Sturm, sondern auch einiges
an Regen.

Das geübte Meteorologenauge sieht es sofort: Die Großwetterlage ist
zurzeit schon auf Sturm gebürstet, auch wenn das für Donnerstag
relevante Sturmtief mit dem Namen XAVIER am Mittwochmorgen noch als
fast unscheinbares Tief über dem nahen Nordatlantik auf den
Bodenwetterkarten zu finden ist. Die "Musik" spielt vielmehr in
größerer Höhe. Denn zwischen einem hochreichenden und mit viel
Kaltluft angefüllten Tiefdruckkomplex über Nordeuropa und einem
"warmen" Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt zwischen den Azoren und der
Iberischen Halbinsel konnte sich ein Starkwindband in ca. 8 bis 10 km
Höhe, der sog. Jetstream, als Folge der sehr großen
Temperaturgegensätze zwischen Süden und Norden besonders gut
entwickeln. Die Windgeschwindigkeiten erreichen dort knapp 300 km/h.
Dieser "Jetstreak" ist vom Nordatlantik genau auf Mitteleuropa
gerichtet und fungiert in gewisser Hinsicht als
Hochgeschwindigkeitsautobahn für "unser" Sturmtief.

XAVIER konnte sich in der vergangenen Nacht als "Frontalwelle", also
als kleinräumiges und relativ flaches Luftdruckminimum an einer
wellenförmig deformierten Bodenfront etwa 1500 km südwestlich von
Island entwickeln. Fast unscheinbar kommt es zurzeit noch daher, doch
davon sollte man sich nicht täuschen lassen. XAVIER liegt so günstig
unter dem Jetstreak, dass er von diesem "aufgefangen" und im
"Eilzugtempo" unter Intensivierung als "Schnellläufer" Richtung
Europa gesteuert wird.

XAVIER wird somit von den Britischen Inseln und der südlichen Nordsee
her kommend am Donnerstagvormittag schließlich den Nordwesten
Deutschlands erreichen und bis zum späten Nachmittag über das
Norddeutsche Tiefland nach Polen abziehen. Unter gebührender
Berücksichtigung der noch gegebenen und für Schnellläufer typischen
Prognoseunsicherheiten scheint dies die wahrscheinlichste Variante.

Was bedeutet diese Entwicklung nun konkret für unser Wetter? Schon im
Vorfeld von Sturmtief XAVIER breitet sich in der Nacht zum Donnerstag
über der Nordhälfte kräftiger Regen aus, der ab Donnerstagmittag von
Westen her nachlässt und schließlich in Schauer und einzelne Gewitter
übergeht. Besonders lang anhaltend und ergiebig fällt der Regen in
einem Streifen vom Nordseeumfeld über Schleswig-Holstein bis nach
Mecklenburg-Vorpommern aus. Dort treten verbreitet 30 bis 50 l/qm
auf, lokal sogar noch mehr. Im Süden ist es zunächst noch trocken und
teilweise sogar sonnig, dorthin gelangen die Niederschläge erst am
Donnerstagnachmittag. Besonders an den Alpen kann es in der Folge bis
in den Freitag hinein länger anhaltend regnen, wobei noch dazu die
Schneefallgrenze sukzessive auf rund 1200 m absinkt.

Weitaus markanter fällt aber die Windentwicklung aus. Insbesondere in
einem breiten Streifen von Niedersachsen und dem nördlichen NRW bis
nach Brandenburg und Sachsen treten zeitweise schwere Sturmböen auf
(siehe Abbildung unter
http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/10/4.html). Auch
sonst muss verbreitet mit stürmischen Böen, teils auch Sturmböen bis
ins Tiefland gerechnet werden. Bei Schauern und Gewittern, die
vereinzelt an der zugehörigen Kaltfront eine Rolle spielen, im
Tagesverlauf dann aber auch von Nordwesten her bis in die Mitte
hinein ausgreifen, sind allgemein schwere Sturmböen, ganz lokal auch
orkanartige Böen zu erwarten. Auf exponierten Berggipfeln weht der
Wind in Böen in voller Orkanstärke. Die nackten Zahlen sprechen zwar
nicht für eine überregionale Unwetterlage, die Bäume sind aber meist
noch belaubt, sodass regional größere Sturmschäden mit entsprechenden
Auswirkungen auf den Straßen- und Bahnverkehr zu befürchten sind.

Keine Frage: Uns steht eine durchaus ausgeprägte, wenn auch für die
Jahreszeit nicht ungewöhnliche Sturmlage ins Haus. Es liegt in der
Natur der Sache, dass es nicht überall und jederzeit stürmen wird.
Gerade solche Schnellläufer sind durch ein sehr kleinräumiges, aber
intensives Sturmfeld charakterisiert. Lassen Sie sich daher nicht von
einer möglicherweise trügerischen Ruhe täuschen. Verfolgen Sie stets
die Wetter- und Warnlage, z. B. über www.dwd.de oder über die
WarnWetter-App - so sind Sie für alle Eventualitäten gewappnet.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.10.2017

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