Thema des Tages
24-09-2017 14:40
Meteorologie und Versicherungswirtschaft
Ein großer Teil der Wirtschaft hängt vom Wetter ab.
Sei es die Binnenschifffahrt, die bei Niedrigwasser nur geringere
Beladungsmöglichkeiten hat, sei es der LKW- oder Bahnverkehr, der
sich mit mehr oder weniger ausgiebigen Schneelagen herumplagt - auch
die Tourismusindustrie, und das wird jeder leicht nachvollziehen
können, ist stark vom Wetter abhängig. Last but not least ist das
Geschäft mit den erneuerbaren Energien in allergrößtem Maße vom
Wetter beeinflusst. Schließlich werden sie ja alle, sei es direkt
oder indirekt, von der Sonne angetrieben.
Im Zusammenhang mit diesen Branchen bekommt der Laie allerdings
selten vom Versicherungswesen Kenntnis.
Nur im Zusammenhang mit Erdbeben und meteorologischen Unwettern
erfährt er etwas über Schadensversicherungen. Das Hagelunwetter von
München 1984 und die Elbehochwässer von 2002 und 2013 sind in
Deutschland die bekanntesten Beispiele. Deren Schäden betrugen (auf
das gleiche Preisniveau gebracht) 5 Mrd, 18 Mrd, und 14 Mrd ?. Davon
waren beim Münchner Hagelunwetter 50% versichert. Beim ersten
Elbehochwasser wurden ca. 30% der Schäden von Versicherungen bezahlt,
beim zweiten ca. 45 %; man lernt halt dazu.
Schaut man sich nur die Schadensereignisse an, die im Wesentlichen
durch Gewitter und deren Begleiterscheinungen wie Hagel, Sturmböen
und Sturzfluten entstehen, so gibt es einen deutlichen nominellen
Anstieg der Schäden mit einem Maximum von mehr als 5 Milliarden im
Jahr 2013 durch die weltweit teuersten Hagelschläge am 27. und 28.
Juli. Der Hagelschlag in München liegt mit 3 Mrd ? Schäden (zum
damaligen Wert) eigentlich weit abgeschlagen. Berücksichtigt man
zusätzlich zur Inflation aber auch die seit damals gestiegenen
Vermögenswerte, so liegt das Hagelunwetter von München mit einem auf
heutige Verhältnisse normierten Wert von 7,3 Mrd ? dann doch wieder
an erster Stelle.
Eine meteorologische Interpretation der Zunahme geschieht über die
höheren Meerestemperaturen und die dadurch verstärkte Verdunstung,
die wiederum Gewitterereignisse begünstigt. Setzt man diese
Ergebnisse nun in ein Klimamodell ein, so werden sich Sturm und
Hagelereignisse im Vergleich zum Mittelwert der letzten 25 Jahre bis
2040 um ca 25%, danach bis 2100 um etwa 60% häufiger einstellen.
Die Schäden werden aber nicht unbedingt größer, denn auch die
Betroffenen stellen sich zunehmend auf die zu erwartenden Änderungen
ein. Durch Schaden klug geworden und durch steigende
Versicherungsprämien animiert, wird zunehmend Vorsorge gegen die mit
der Klimaänderung einhergehenden Extremereignisse getroffen.
Als Beispiel sei hier die immer höhere Eindeichung der
Überflutungsgebiete in Hamburg genannt. In Anbetracht des steigenden
Meeresspiegels werden die Deiche höher gebaut. Im Vorgriff auf die
2050 zu erwartenden Sturmfluten werden ab 2017 die Deiche um weitere
80 cm erhöht und so manches ehemals ungeschützte Haus verschwindet
dann endgültig hinter Deichmauern.
Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.09.2017
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