Thema des Tages
14-09-2017 14:40
Zyklonale Westwetterlage mit Herbststurm
Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer
Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese
ergeben sich aus weiträumigen Luftdruckverteilungen und den daraus
resultierenden Strömungsmustern der beteiligten Luftmassen in
Bodennähe sowie auch in den darüber liegenden Luftschichten.
Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in die
Zirkulation einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der
Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des
betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine
Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.
Seit dem vorgestrigen Dienstag hat sich eine "zyklonale Westlage"
(wissenschaftliche Abkürzung Wz) eingestellt, wobei "zyklonal" für
"tiefdruckdominiert" steht. Zwischen hohem Luftdruck von den Azoren
bis zum Mittelmeer und einer ausgedehnten Tiefdruckzone über dem
Europäischen Nordmeer verläuft die Frontalzone, also der
Übergangsbereich zwischen ursprünglich subtropischen Luftmassen im
Süden und subpolaren Luftmassen im Norden, in einem weiten,
äquatorwärts ausgeformten Bogen.
Mit kräftigen, im Mittel westlichen Winden, wird feuchte Atlantikluft
herangeführt, die uns generell im Winter milde, im Sommer kühle
Witterung beschert. Kein Wunder also, dass die Höchsttemperaturen in
diesen Tagen in Deutschland von vielen Zeitgenossen als "kalt"
empfunden werden. In die Strömung eingelagerte Tiefausläufer bringen
außerdem zeit- und gebietsweise Niederschläge.
In diesem Falle besorgte uns die derzeitige Westwetterlage auch den
ersten Herbststurm der Saison. Ein Polarluftausbruch aus der
grönländischen Arktis verstärkte den bereits über dem
europäisch-atlantischen Raum liegenden "Trog mit hoch reichender
Kaltluft" derart, dass sich im korrespondierenden Bodendruckfeld aus
einem zunächst unscheinbaren Randtief über dem Nordatlantik die
Sturmzyklone SEBASTIAN entwickeln konnte. SEBASTIAN intensivierte
sich rasch und zog mit seinem Kern (Luftdruck kleiner als 980 hPa)
von den Britischen Inseln hinweg über die Nordsee nach Skandinavien.
Das südwestlich des Tiefdruckkerns liegende Sturmfeld überquerte uns
im Wesentlichen am gestrigen Mittwoch, als in Deutschland vielerorts
Sturmböen (Windstärke 9 Bft), an der See sowie im Bergland auch
Orkanböen (Windstärke 12 Bft) registriert wurden. Mittlerweile liegt
sein "schleifendes" Frontensystem in Südwest-Nordost-Richtung über
dem Südosten Deutschlands und verursacht noch gebietsweise
Dauerregen. Weiter nordwestlich bilden sich auf der Rückseite des
Sturmtiefs in der nach Mitteleuropa einfließenden, labil
geschichteten Meeresluftmasse polaren Ursprungs Schauer und
"Kaltluftgewitter".
In der Abbildung hinter
http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/09/14.html finden
Sie oben vom amerikanischen Vorhersagemodell GFS für Mittwoch, den
13.09.2017, 06:00 Uhr UTC, berechnete Analysen der geopotentiellen
Höhe der die mittlere Troposphäre repräsentierenden
500-hPa-Hauptdruckfläche (schwarze Isopotentialen, Maßeinheit
geopotentielle Dekameter, [gpdam]), des Bodendruckfeldes (weiße
Isobaren in Hektopascal [hPa]) sowie der die Schichtdicke der unteren
Troposphäre kennzeichnenden "relativen Topographie" H500-H1000 gpdam.
Darunter wird die für denselben Termin vom Deutschen Wetterdienst
manuell analysierte Bodenwetterkarte gezeigt.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.09.2017
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