Thema des Tages

19-08-2017 14:40

Wolken wie ein Schweizer Käse

Die sogenannten "Hole-Punch Clouds" lassen sich nur relativ selten am
Himmel beobachten, was einen guten Nährboden für die wildesten
Verschwörungstheorien bietet. Bisher ist auch noch kein deutscher
Name dieser Wolken bekannt. Übersetzt man ihren Namen direkt aus dem
Englischen ins Deutsche, so könnte man sie als "Locher-Wolken" (engl.
"hole punch" = Lochstanzer) bezeichnen. Seltener werden sie auch als
"Canal Clouds" oder "Fallstreak Holes" bezeichnet.


Am Himmel zeigen sich diese Wolken in einem nahezu kreisrunden oder
auch kanalförmigen Freiraum in einer relativ flach ausgeprägten
Wolkendecke. Inmitten dieses Lochs bildet sich dann eine kompakte,
zerfranste Wolke, die teils streifenförmig herabhängt. Allerdings ist
ihre Entstehung unter anderem aufgrund ihrer Seltenheit bis heute
noch nicht eindeutig geklärt. Unter Wissenschaftlern werden etwa seit
den 1940er Jahren einige Vermutungen angestellt, welche Prozesse bei
der Entstehung dieser Wolke beteiligt sein könnten.


Voraussetzung für ihre Entstehung ist zuerst einmal eine relativ
dünne Wolkendecke. Diese muss aus unterkühlten Wassertröpfchen
bestehen (z. B. Cirrocumulus oder Altocumulus), das heißt aus
Wassertropfen, die auch bei Temperaturen weit unterhalb des
Gefrierpunktes (unter -10 Grad Celsius) aus Mangel an sogenannten
"Kristallisationskeimen" noch nicht gefrieren, sondern weiterhin im
flüssigen Zustand existieren. Nun fanden Forscher heraus, dass es
meist Flugzeuge sind, die die Entstehung der spektakulären
Wolkenlöcher auslösen, in dem sie einen ausgedehnten "Wolkenteppich"
durchfliegen und somit stören. Auf den Tragflächen von Flugzeugen
oder auch an der Spitze sowie an der Rückseite der Propeller von
Propellermaschinen entstehen lokal eng begrenzte Regionen mit
Unterdruck. Dort kann sich die Luft schlagartig ausdehnen, wodurch
die Temperatur dieser Luft und der darin enthaltenen Wassertröpfchen
blitzartig um mehr als 20 Grad auf Temperaturen von unter -37 Grad
Celsius absinkt und sich kleine Eiskristalle bilden. Aber auch aus
höheren Luftschichten können winzige Eispartikel auf natürliche Art
und Weise in die Wolkenschicht mit den unterkühlten Tröpfchen
herabfallen.


Mit der Bildung der Eiskristalle wird förmlich ein Dominoeffekt
ausgelöst. Denn diese beginnen nun in der Umgebung der unterkühlten
Wassertröpfchen zu wachsen. Allerdings geht dieser Wachstumsprozess
auf Kosten der flüssigen Tröpfchen, die somit zu schrumpfen beginnen
und sich schließlich ganz auflösen. Bekannt ist dieser Mechanismus
auch als Bergeron-Findeisen-Prozess. Durch das Auflösen der
Wassertöpfchen bildet sich dann ein rundes oder auch ovales Loch in
der geschlossenen Wolkendecke, in welchem lediglich die anwachsenden
Eiskristalle zurückbleiben. Diese werden jedoch schwerer und schwerer
und beginnen schließlich aus dem Bereich der Wolkendecke
herabzufallen, wodurch eine zerfranste, herabhängende Wolke inmitten
des Wolkenlochs entsteht.


Meist erreichen die fallenden Eiskristalle den Erdboden nicht, da sie
vorher selbst verdampfen. In Einzelfällen konnte jedoch auch
Schneefall oder, falls die Eispartikel bis zum Boden geschmolzen
waren, Regen beobachtet werden, der genau unterhalb eines solchen
Wolkenlochs auftrat. Der faszinierende Anblick beginnt auf kleinstem
Raum und kann sich auf bis zu 100 km ausdehnen. Allerdings ist dieser
Augenschmaus nur von kurzer Dauer und besteht höchstens bis zu vier
Stunden.


In der Grafik zum Thema des Tages unter www.dwd.de/tagesthema finden
Sie zwei Abbildungen, wobei die Linke eine faszinierende
"Locher-Wolke" von unten zeigt, während die Rechte den Blick aus dem
All auf Teile der USA vom 29. Januar 2007 wiedergibt. Falls Sie
einmal in den Genuss einer solchen Erscheinung kommen, zögern Sie
nicht: Zücken Sie Ihre Kamera und schicken uns im Anschluss das Foto
zu.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.08.2017

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