Thema des Tages
15-08-2017 14:40
Frühtemperaturen: Unterschiede wie Tag und Nacht
Keine Front, kein aufziehender Sturm und doch, die Wetterwelt war
insbesondere "gefühlt" im Norden heute früh eine ganz andere als noch
zum Start in die Woche. War gestern früh vor allem für Radfahrer der
Griff zur Mütze sinnvoll, konnte man es heute vielerorts wagen, das
Haus sogar ohne Jacke zu verlassen.
Der Blick auf die Tiefstwerte der vergangenen beiden Nächte verrät
zwei völlig unterschiedliche Temperaturregimes. In der Nacht zum
Montag sanken die Temperaturen nördlich der Mittelgebirge verbreitet
in den einstelligen Bereich. Am kältesten war es in Quickborn, nur
wenig nördlich von Hamburg. Erst bei 4,4 Grad war das Ende der
nächtlichen Auskühlung erreicht, am Erdboden war man sogar nur noch
2,1 Grad von der Frostgrenze entfernt. Damit wurde der bisherige
Rekord für Mitte August mit 3,4 Grad vom 18.08.1988 nur knapp
verfehlt. Ähnlich frisch war es in Worpswede-Hüttenbusch etwas
nordöstlich von Bremen mit 4,7 Grad in 2 m Höhe.
Wie aus einer anderen Klimazone muten dagegen die Werte der heutigen
Frühstunden an. Von einstelligen Werten waren wir weit entfernt,
gebietsweise lagen die Tiefsttemperaturen sogar oberhalb der
15-Grad-Marke. An den zuvor genannten beiden "Kältelöchern" der
vorausgegangenen Nacht war es mit jeweils 15,7 Grad rund 11 Grad
wärmer als 24 Stunden zuvor. Statt zu frösteln kam man auf dem Weg
zur Arbeit bei sportlicher Betätigung in der milden Luft dann eher
ins Schwitzen.
Um den großen Temperaturunterschied zu erklären, braucht es vor allem
eine Erklärung für die tiefen Werte am Montagmorgen. Die "Übeltäter"
hierfür sind schnell gefunden: Sie hießen "eingeflossene subpolare
Kaltluft", klarer Himmel und durch die Lage im Zentrum eines
Hochdruckgebietes zudem schwacher Wind. Diese Kombination ist zu
jeder Jahreszeit ein Garant für tiefe Nachttemperaturen. Der Boden
kann dann, ohne Gegenstrahlung von Wolken, seine tagsüber
aufgenommene Wärme effektiv abstrahlen und der fehlende Wind die sich
bildende dünne, bodennahe Kaltluftschicht nicht zerstören. Wie dünn
diese Kaltluftschicht war, zeigen Messwerte vom meteorologischen
Institut der Universität Hamburg
(https://wettermast.uni-hamburg.de/frame.php?doc=Zeitreihen8d.htm).
Waren es in 2 m Höhe in Hamburg-Billwerder nur 8 Grad, verzeichneten
die Messfühler in 50 m Höhe bereits rund 11 und in 110 m Höhe sogar
13 Grad.
Damit liegt die Erklärung für die hohen Werte der Folgenacht auf der
Hand: eine andere, wärmere und feuchtere Luftmasse, durchziehende
Wolkenfelder und ein schwacher bis mäßiger Südostwind.
Nach der Rückschau sei an dieser Stelle noch ein kurzer Blick auf das
Wetter des heutigen Tages gestattet, denn dies hat es unter anderem
wegen der warmen und feuchten Luft durchaus in sich. Mit Annäherung
einer Kaltfront ziehen im Laufe des Tages von Westen her Schauer und
teils kräftige Gewitter mit der Gefahr von Sturmböen, Starkregen und
Hagel auf. Örtlich kann es dann auch zu unwetterartigen Entwicklungen
kommen. In der Nacht zum Mittwoch greifen die Gewitter unter leichter
Abschwächung dann auch auf den Osten und Südosten des Landes über und
beenden den kurzzeitigen Hochdruckeinfluss schon wieder.
MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.08.2017
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