DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
05-08-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.08.2017 um 10.30 UTC
Dienstag im Südosten und Osten Gewitter- und lokal Unwettergefahr. In der Folge
wechselhaft, zeitweise windig und mäßig-warm, teils auch kühl.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 12.08.2017
Zum Beginn der Mittelfrist, am Dienstag, liegt ein scharf ausgeprägter Höhentrog
über Nordwesteuropa. Ein markanter kurzwelliger Anteil wird um das steuernde
Hauptzentrum über den Ärmelkanal und Nordfrankreich ostwärts geführt. Dieser
progressive Kurzwellentrog ist mit viel Hebung verbunden, die zum Nachmittag
allmählich auf Deutschland übergreift. Vorderseitig wird mit einer strammen Süd-
bis Südwestströmung warme und feuchte Luft nach Deutschland advehiert, was
grundsätzlich für eine Zunahme der Unwettergefahr sprechen würde. Allerdings
gibt es noch zahlreiche Fragezeichen, wie z.B. den Einfluss des Alpenföhns auf
die Labilitätsverteilung im Alpenvorland sowie eine noch sehr variable
gerechnete Bodentiefentwicklung über Ostfrankreich, die nach Deutschland ziehen
und eine Kaltfront ostwärts sowie eine Warmfront nordwärts lenken soll.
Grundsätzlich scheint die Labilitätsbereitschaft über dem Süden und äußersten
Osten am Größten zu sein und nimmt nach Norden allmählich ab.
Bezüglich des allgemeinen Wetterablaufs muss im Südwesten ab der Mittagszeit
zunehmend mit konvektiv verstärkten Niederschlägen gerechnet werden, die bis zum
Abend auf weite Bereiche Süddeutschlands übergreifen. Dabei können sich
bevorzugt in Richtung Bayern teils kräftige Gewitter, lokal mit
Unwetterpotential entwickeln. Auch mehrstündiger ergiebiger Starkregen ist nicht
ausgeschlossen. Im Westen und Nordwesten setzt bei starker Bewölkung im Verlauf
des Vormittags ebenfalls Regen ein, der sich bis zum Abend bis zu einer Linie
Hamburg-Chemnitz voran arbeitet. Östlich davon beginnt der Tag heiter und es
bleibt besonders in Richtung Vorpommern bis zum Abend bei zunehmender Bewölkung
trocken. In Sachsen können sich am Nachmittag und Abend einzelne, teils heftige
Gewitter mit Hagel und Sturmböen aus dem Erzgebirge heraus entwickeln und
nordostwärts nach Polen ziehen. Im Süden und Osten liegen die Höchstwerte erneut
im sommerlichen Bereich mit 25 bis örtlich 31 Grad, im Westen je nach
Sonnenanteil zwischen 23 und 26 Grad. Der Wind weht abseits der Gewitter nur
schwach aus Südwest mit einzelnen Sturmböen (Föhn) aus Süd auf exponierten
Alpengipfeln.
In der Nacht zum Mittwoch wird die Kurzwelle rasch nordwärts in Richtung
Dänemark geführt. In der Folge breiten sich die Regenfälle in den Osten und
Südosten Deutschland aus. Einzelne eingelagerte Gewitter sind wenig
wahrscheinlich und strichweise ist noch mehrstündiger ergiebiger Starkregen
nicht ausgeschlossen. Rückseitig lockert die Bewölkung von Westen her auf und es
entwickeln sich nur einzelne Schauer, örtlich auch ein kurzes Gewitter. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 19 Grad im Nordosten und 11 Grad im Westen. Der Wind
weht schwach, im Norden mäßig aus Südwest.
Am Mittwoch nähert sich der Haupttrog Deutschland von Westen her weiter an, was
besonders im Westen und Süden Deutschlands für eine Fortdauer der
Hebungsvorgänge spricht. Daher gestaltet sich der Tag von der Früh weg
wechselhaft mit zahlreichen Schauern, zum Nachmittag auch vereinzelten
Gewittern. Während es am Vormittag im Osten zeitweise noch längere Zeit regnen
kann, scheint dort zum Nachmittag am häufigsten die Sonne mit einem nur geringen
Niederschlagsrisiko. Der Südwestwind weht schwach, im Norden mäßig und die
Höchstwerte liegen von West nach Ost zwischen 19 und 26 Grad.
In der Nacht zum Donnerstag nähert sich der Trog weiter Deutschland an und liegt
ausgangs der Nacht mit seinem Schwerpunkt über Benelux und den Vogesen.
Entsprechend muss vorderseitig mit synoptisch-skaliger Hebung gerechnet werden,
die besonders über den Süden und Osten Deutschlands nordwärts ausgreift. Dort
sind die Nacht über aus der Schweiz heraus skalige und teils länger anhaltende
Niederschläge zu erwarten. Im Westen dominiert hingegen Absinken und die Nacht
verläuft dort bei lockerer Bewölkung trocken. Der Wind weht schwach bis mäßig
aus Südwest mit einzelnen Sturmböen auf exponierten Alpengipfeln. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 15 und 9 Grad, nur auf den Inseln von Nord- und
Ostsee um 16 Grad.
Am Donnerstag erreicht der Höhentrog den Westen und Südwesten Deutschlands.
Wiederholt wird dabei bei meist dichter Bewölkung Niederschlag nach Deutschland
geführt, der teils auch längere Zeit anhalten kann. Trockene Abschnitte gibt es
nur wenige und die halten meist auch nicht lange an. Bei einem mäßigen, im
oberen Bergland zeitweise auch stürmischen Westwind liegen die Höchstwerte je
nach Niederschlags- und Sonnenverteilung nur noch zwischen 17 und 24 Grad. Dort
wo es anhaltend regnet wird wohl kaum die 15 Grad-Marke erreicht.
In der Nacht zum Freitag ändert sich an diesem Wetterzustand wenig und das bei
Tiefstwerten von 14 bis 8 Grad.
Am Freitag überquert der Höhentrog Deutschland ostwärts und erreicht zum Abend
die Oder. Das bedeutet im Tagesverlauf eine Verschiebung des
Niederschlagschwerpunkts in den Südosten und Osten Deutschlands, wo es weitere
Regenfälle geben kann. Im Westen bleibt es zwar auch weiterhin stark bewölkt mit
nur kurzen Auflockerungen, doch hier nimmt die Schauergefahr im Tagesverlauf
etwas ab. Die Höchstwerte liegen zwischen 17 und 22 Grad und der Wind weht
weiterhin mäßig aus West mit einzelnen stürmischen Böen auf exponierten
Berglagen.
In der Nacht zum Samstag beginnt sich ein schwacher Ableger des Azorenhochkeils
in den Westen Deutschlands auszubreiten, während der Höhentrog weiter nach Osten
abzieht. Allerdings wird um diesen Keil eine schwache atlantische Front in den
Nordwesten Deutschlands geführt, sodass vorerst mit keiner durchgreifenden
Wetterbesserung zu rechnen ist. Entsprechend muss abgesehen vom Südwesten die
Nacht über mit weiteren Schauern gerechnet werden. Im Südwesten lockert die
dichte Wolkendecke stärker auf und dort bleibt es trocken. Die Tiefstwerte
liegen zwischen 12 und 8 Grad und das bei einem schwachen bis mäßigen West- bis
Südwestwind.
Am Samstag wird der Süden vom Ableger des Azorenhochkeils beeinflusst und die
Sonne scheint häufig neben lockeren Wolkenfeldern. Niederschlag wird keiner
erwartet. In der Mitte und im Norden ziehen derweilen in einer strammen
Westströmung weitere Schauer von West nach Ost durch und das bei einem
schwachen, im Norden mäßigen Westwind. Die Höchstwerte liegen zwischen 19 und 23
Grad.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Innerhalb der letzten Modellläufe von EZMW besteht bis einschließlich Donnerstag
eine gute Übereinstimmung bezüglich der Verlagerung der synoptischen
Druckgebilde. Zum Freitag gehen die Vorhersagen mit Blick auf den nordostwärts
abziehenden Höhentrog etwas auseinander, da der letzte Lauf (05. August 00 UTC)
diesen "zäher" über Deutschland belässt. Auch die nachfolgende Keilaufwölbung
von Frankreich her wird nun innerhalb der beiden letzten Modellläufe schwächer
gerechnet, was für eine insgesamt eher zyklonal geprägte Westwindwetterlage
sprechen würde.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die gesamte Mittelfrist wird auch innerhalb der Globalmodelle ziemlich
einheitlich gesehen. Erst zum Freitag und Samstag gehen die Lösungen etwas
auseinander, da ICON den nach Nordosten abziehenden Trog schneller abschwächen
lassen möchte als EZMW und GFS. Entsprechend zäher halten sich die Niederschläge
bei beiden Modellen. Es bleibt abzuwarten, ob noch eines oder mehrere Modelle in
der Folge einen Abtropfprozess südlich der Alpen zeigen, was GFS ansatzweise in
der Nacht zum Freitag andeutet. Die Folge wäre eine längere Fortdauer der
Niederschläge über Süddeutschland. Ansonsten sind aber keine Diskrepanzen zu
erkennen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Zum Beginn der Mittelfrist ist nur ein Cluster mit dem klimatologischen Regime
"negative NAO" vorhanden. Dieser zeigt einen kräftigen Höhentrog über Westeuropa
und positive Geopotentialanomalie über Südosteuropa. Deutschland liegt zwischen
beiden Anomaliebereichen in einer strammen Südwest- bis Südströmung.
In der Folge (ab Mittwoch) werden 3 Cluster angeboten, die am Mittwoch und
Donnerstag noch mehrheitlich eine Blockadesituation zeigen und zum Freitag
zunehmend zu einem "Atlantikrücken" wechseln. Dabei sind alle 3 Cluster relativ
ähnlich stark besetzt und unterscheiden sich hauptsächlich in der Struktur und
in der Geschwindigkeit der Ostverlagerung des Troges über West- und
Mitteleuropa. Cluster 1 deutet zum Ende der Mittelfrist einen Abtropfprozess
über Norditalien an, während die anderen Cluster einen intakten Höhentrog
beibehalten. Für Deutschland sind die Unterschiede nicht gravierend, da in alle
Clustern ein wechselhafter Wetterabschnitt zu erwarten ist.
Innerhalb der Meteogramme von Deutschland ist der insgesamt einheitliche
Wetterverlauf sehr schön zu erkennen. In allen Bereichen (Nord, Süd, Ost und
West) zeigen repräsentative Meteogramme eine Temperaturspitze am Dienstag, die
besonders im Osten und Süden am kräftigsten ausfällt, während sie im Westen und
Norden dank der früh einsetzenden Niederschläge eher schwach ausgeprägt ist. In
der Folge pendelt sich die Temperatur je nach Niederschlagsdauer auf rund 20
Grad ein, bei länger anhaltendem Regen auch etwas darunter. Dabei ist innerhalb
der Member beim Niederschlag ein großer Unterschied bezüglich der
Niederschlagsmengen zu erkennen, was daran liegt, dass die Schwerpunkte
kleinräumiger Niederschlagsgebiete noch nicht genau erfasst werden können.
Allerdings deute sich deutschlandweit ein wechselhafter und zeitweise auch
windiger Wetterabschnitt an.
Auch innerhalb der ENS von GFS ist der markante Abfall z.B. der 850 hPa
Temperatur von +16 Grad in Frankfurt am Dienstag auf +5 Grad am Freitag mit
wiederholt auftretenden Niederschlägen zu erkennen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Beim EFI fällt besonders die Temperatur ins Auge, die am Donnerstag und Freitag
im gesamten Süden Deutschlands deutlich zu niedrige Werte aufweist mit einem
negativen EFI von unter -0.8 und einem SOT um 0.
Beim Wind sind zwar zeitweise geringfügig erhöhte Werte auszumachen, doch mit
einer signifikanten Windlage ist nicht zu rechnen.
Der Dienstag fällt in Süddeutschland besonders durch den Niederschlag auf, der
konvektiv verstärkt über mehrere Stunden auftreten soll und dabei gebietsweise
auch ergiebig ausfallen kann. Dies spiegelt sich auch im EFI durch erhöhte Werte
um 0.7 wider.
Beim CAPE/shear Parameter wird am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch zwar
der Südosten mit geringen Werten hervorgehoben, die Unsicherheiten bezüglich
einer Unwetterlage durch heftige Gewitter sind hier jedoch noch zu groß und es
soll aus heutiger Sicht nicht zu viel in diese geringen Anomaliewerte
hineininterpretiert werden. Allerdings sollte dieser Zeitraum weiter bezüglich
der Feuchte- und Labilitätsentwicklung im Auge behalten werden.
Beim Niederschlag zeigt COSMO-LEPS für Oberschwaben bis Mittwoch 06 UTC (12 std.
mehr als 25 l/qm) Wahrscheinlichkeiten von mehr als 40% an, EZMW-EPS ist mit
rund 10% deutlich schwächer aufgestellt. Allerdings sollten diese Regenmengen
nicht in Form von Dauerregen, sondern eher durch mehrstündigen Starkregen in
Verbindung mit einem Gewittercluster (bzw. konvektiv verstärkten Niederschlag)
fallen. In der Folge werden von EZMW-EPS zwar immer wieder geringe
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 25 l/qm/12h gezeigt, deren Regionalisierung
ist allerdings noch nicht möglich. Die Wahrscheinlichkeiten liegen zudem mit
unter 10% auch in einem sehr geringen Bereich.
Beim Wind zeigt COSMO-LEPS am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch entlang des
Alpenrands mit 10-15% Wahrscheinlichkeit das Auftreten von Sturmböen an, was
allerdings eine Mischung aus Föhnböen auf den Alpengipfeln und Gewitterböen sein
sollte. In der Folge zeigt EZMW-EPS besonders über der Nordsee ein Potential von
10 bis 20 % für das Auftreten von einzelnen Sturmböen Bft 8 aus Südwest bis
West. Geringe Wahrscheinlichkeiten treten auch im Umfeld der Alpen und der
zentralen Mittelgebirge auf, was auf einzelne Sturmböen auf exponierten Gipfeln
hindeutet.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy