Thema des Tages
14-07-2017 14:40
Waldbrandgefahr (Teil 1) - die Zutaten für die Vorhersage
Es ist noch nicht so lange her, da dominierten die Bilder des
schrecklichen Waldbrandes in Portugal die internationalen
Nachrichtensendungen, der am 18. Juni 2017 nordöstlich von Lissabon
ausbrach. Dabei fraß sich ein riesiges Flammenmeer durch die Wälder
und sorgte für eine unfassbare Tragödie mit Dutzenden Opfern. Da
hilft auch nicht die Gewissheit, dass dieser Brand nicht fahrlässig
durch ein unsachgemäß gelöschtes Lagerfeuer oder vorsätzlich durch
Brandstiftung ausgelöst wurde, sondern infolge eines Blitzschlages
während eines trockenen Gewitters entfacht wurde. Doch welche
Bedingungen müssen für eine hohe Waldbrandgefahr herrschen und welche
Parameter werden dabei betrachtet?
Ganz offensichtlich muss es in den betroffenen Regionen sehr trocken
sein. Dabei kann sich solch eine Trockenheit manchmal schleichend
über einen längeren Zeitraum, manchmal aber auch kurzfristiger durch
eine intensive Hitzewelle entwickeln. Auch spielt der Wasserhaushalt
des letzten Jahres eine große Rolle. Im Folgenden werden diese Punkte
anhand eines aktuellen Beispiels betrachtet: der in diesem Jahr zu
erwartenden "Brandsaison" in Südkalifornien, USA. Dabei wird das
Augenmerk aber nur auf die natürlichen Einflüsse gerichtet und der
Faktor "Mensch" mit fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten
ausgeklammert.
Wie bereits in den Medien im Verlauf der letzten Jahre wiederholt
mitgeteilt wurde, litt Kalifornien bereits jahrelang unter einer
heftigen Dürre, die vielerorts neue Maßstäbe bezüglich dieses
Extremereignisses setzte. Durch die außergewöhnliche Trockenheit
sammelten sich unter anderem auch zahlreiche vertrocknete Äste und
Zweige auf dem Boden. Nun kommt allerdings in diesem Jahr ein
ungewöhnlich feuchter Winter hinzu, der die Trockenheit in vielen
Bereichen Kaliforniens deutlich zurückdrängen konnte. Das hört sich
zunächst sehr gut an, doch die Folge dieses hohen Feuchteangebots war
ein reges Wachstum dichter Bodengräser. Ein Großteil dieser Gräser
vertrocknete nämlich wieder während der erneuten extremen Hitzewelle
Ende Juni 2017, sodass die abgestorbenen Gräser nun ebenfalls zum
üppigen Brennstoff hinzugezählt werden müssen.
Anhand dieses Beispiels ist der erste wichtige Punkt für die
Waldbrandvorhersage bereits ersichtlich, der für das Feuer notwendige
"Zündstoff" in Form von toter oder sehr trockener Vegetation. Doch es
wird noch komplizierter, denn die Prognostiker der Waldbrandgefahr
müssen auch folgende Fragen beantworten. Wie kompakt steht die
Vegetation? Wie leicht kann sich das Feuer ausbreiten?
Die horizontale und vertikale Dichte der Vegetation sind dabei
wichtige Informationen, denn es ist bezüglich der Ausbreitung des
Feuers von Bedeutung, ob sich zwischen dem Bewuchs größere freie
Flächen befinden, die eine Ausbreitung u.U. verlangsamen könnten. Es
ist auch wichtig zu wissen, wie dicht Laub- bzw. Nadelbewuchs ist,
also wie viel Brandmaterial nicht nur am Boden, sondern auch in der
Höhe der Baumwipfel vorhanden ist. Zu guter Letzt spielt auch die
chemische Zusammensetzung des Brennstoffs (der unterschiedlichen
Holz- und Blatt-/ Nadelarten) eine bedeutende Rolle, die mitbestimmt,
wie explosiv sich ein Waldbrand entwickeln kann.
Des Weiteren sind die meteorologischen Parameter Temperatur, Feuchte
und Wind zu nennen, die eine entscheidende Rolle für die
Waldbrandgefahr darstellen. Grob gesagt herrschen "günstige"
Bedingungen während einer Hitzewelle. Dann werden sehr hohe
Temperaturen bei einer nur geringen relativen Luftfeuchtigkeit
gemessen. Da solche Hitzewellen meist von einem kräftigen
Hochdruckgebiet begleitet werden, sorgt dieses zudem für einen
niederschlagsarmen Wetterabschnitt mit einem zu vernachlässigenden
Schauer- und Gewitterrisiko. Zuletzt fehlt noch ein Parameter, der
während solch einer Hitzewelle nicht unbedingt besorgniserregend hohe
Messwerte erreicht, der aber auch bei geringer Ausprägung bereits
einen großen Einfluss auf das Brandpotential haben kann - der Wind.
Selbst bei schwacher Windbewegung in Verbindung mit der heißen
Luftmasse wird die Verdunstung und somit die Trocknung verstärkt und
ein bereits loderndes Feuer wird durch den Wind weiter angefacht.
Zudem ist die Windrichtung ein sehr wichtiger Punkt, denn diese sorgt
besonders bei hoher Variabilität für eine unberechenbare Ausbreitung
des Feuers und es wird mal in die eine, mal in die andere Richtung
getrieben. Meist ist der Wind während solch einer Hitzewelle noch
schwach, doch spätestens zu ihrem Ende frischt er mit Annäherung
eines Tiefdruckgebietes auf, unabhängig von lokalen durch die
Orografie verursachten Windeffekten.
Schließlich muss auch die Orografie erwähnt werden, die die mögliche
Ausbreitung eines Feuers sehr stark beeinflusst. Dabei sorgt vor
allem die Stärke der Hangneigung für unterschiedlich ausgeprägte
Entwicklungsstadien eines Waldbrandes. Je stärker die Neigung, desto
schneller kann sich ein Brand ausbreiten. Dies ist vergleichbar mit
einem unterschiedlich geneigten brennenden Streichholz.
All diese Punkte greifen ineinander, denn die Verteilung des
Brennholzes in einem topografisch sehr variablen Gebiet unter den
dortigen unterschiedlichen Windverhältnissen sorgt letztendlich für
das endgültige Waldbrandrisiko. Entsprechend kompliziert gestalten
sich die Vorhersagen der Waldbrandgefahr, die als
Waldbrandgefahrenindex bei uns in Deutschland im Übrigen von den
Mitarbeitern der Forstämter herausgegeben werden. Für Deutschland
sind die entsprechenden Vorhersagen auch auf der Seite des Deutschen
Wetterdienstes einzusehen:
http://www.wettergefahren.de/warnungen/indizes/waldbrand.html .
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.07.2017
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