Thema des Tages
21-06-2017 14:40
Donnerstag: Höhepunkt der Hitzewelle und Unwetter
Während der Norden in der vergangen Nacht mit Tiefstwerten von zum
Teil nur 6 Grad weit entfernt vom Hochsommer war, blieb die
Thermometeranzeige in den südwestdeutschen Ballungsgebieten
vereinzelt bei 20 Grad hängen. Man spricht dann von einer sogenannten
Tropennacht.
Diese großen Unterschiede wird es auch bei den heutigen Höchstwerten
geben. Während in Teilen von Schleswig-Holstein kaum 20 Grad erreicht
werden, bleibt die hohe Wärmebelastung im Süden und Südwesten
bestehen. Spitzenwerte von über 35 Grad werden entlang der
Flussniederungen vereinzelt überschritten. Der Höhepunkt der
Hitzewelle wird am morgigen Donnerstag erreicht. Tief PAUL verstärkt
auf seiner Vorderseite die Warmluftzufuhr nochmals, sodass abgesehen
vom äußersten Norden die 30 Grad Marke vielerorts überschritten wird.
Am heißesten wird es im Südwesten mit Spitzenwerten bis 38 Grad.
Neben der steigenden Hitzebelastung verspricht der morgige Tag aber
auch mit Blick auf die Gewitter ein sehr brisanter zu werden. Viele
Signale deuten darauf hin, dass morgen abgesehen vom Süden eine
Schwergewitterlage mit hohem Unwetterpotential bevorsteht, wenngleich
es noch Unsicherheiten in der genauen Ausprägung und beim zeitlichen
Ablauf gibt.
Warum gehen wir von eine brisanten Gewitterlage aus?
Für Gewitter braucht es im Wesentlichen drei verschiedene Zutaten.
Zum einen ist eine hohe Luftfeuchte von Nöten. Eine bewährte Maßzahl
dafür ist der Taupunkt. Sind diese hoch empfindet man die Luft als
drückend und schwül. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die
Temperatur mit der Höhe rasch abnimmt. Man spricht in diesem
Zusammenhang von einer labil geschichteten Atmosphäre. Vor allem
durch eine tagesgangbedingte Erwärmung der unteren Luftschichten,
aber auch durch kältere Luftmassen in der mittleren Atmosphäre
fördert man eine erhöhte Labilität. Nun fehlt noch Zutat Nummer 3 und
das ist die Hebung. Die Luft kann gehoben werden, wenn beispielsweise
eine Front auf den Vorhersageraum übergreift. Aber auch Prozesse in
höheren Luftschichten und lokale Effekte wie Berge oder das
Land-See-Wind System können zu Hebung führen. Im Vergleich zur
Feuchte und Labilität ist dieser Parameter am komplexesten und
schwierigsten zu erfassen. Alles läuft aber darauf hinaus, dass in
den unteren Schichten ein Zusammenströmen der Luft vorhanden ist
(Konvergenz). Da dieser ?Überschuss an Luft? ausgeglichen werden
muss, bleibt nichts anderes übrig als Hebung.
Wenn man nun weiß, wo in etwa Gewitter entstehen, interessiert man
sich auch noch für ihre Stärke und die Begleiterscheinungen (Hagel,
Regen, Wind). Um diese näher beurteilen zu können, braucht es ein
entscheidendes Gewürz: Die vertikale Windscherung. Kurz gesagt,
betrachtet man dafür, wie sich die Richtung und Stärke des Windes mit
der Höhe verändert. Je größer die Unterschiede sind, desto höher ist
die vertikale Windscherung. Die Scherung ist das Salz in der
Gewittersuppe und entscheidet meist, ob eine ?normale? Gewitterlage
oder eine Schwergewitterlage mit erhöhtem Schadenspotential
bevorsteht.
Und was passiert nun morgen?
Die oben erläuterten Zutaten sind reichlich vorhanden. Hohe Labilität
und viel Feuchte sorgen für ordentlich Energie in der Luft und auch
am Gewürz Windscherung mangelt es nicht. Einzig die Zutat Hebung
macht uns etwas Sorgen. Dabei ist gar nicht mal die Frage des
Vorhandenseins ? Hebungsmechanismen stehen ohne Frage zur Verfügung.
Die große Schwierigkeit besteht eher in der genauen Positionierung
der Schwerpunkte und dem genauen zeitlichen Ablauf. Entsprechend ist
eine genaue Festlegung - zeitlich wie räumlich - noch etwas
schwierig.
Fest steht aber: Im Norden und der Mitte sind morgen kräftige
Gewitter mit Unwetterpotential zu erwarten, die mit einer ostwärtigen
Verlagerung auch noch in der Nacht zum Freitag anhalten. Die genaue
Ausprägung der Begleiterscheinungen sind dabei lokal sehr
unterschiedlich - wie üblich bei Gewittern. Es muss in der Spitze mit
großem Hagel (lokal >5 cm), schweren Sturmböen und orkanartigen Böen
(um 100 km/h) sowie heftigem Starkregen gerechnet werden. Im Süden
beschränken sich die Gewitter zumeist auf das Bergland und fallen
wohl nicht ganz so heftig aus.
Auch wenn es an den Details noch fehlt, muss am morgigen Donnerstag
die zu erwartende (Un)wetterlage unbedingt genauer verfolgt werden!
Fortlaufend wird es auch auf der Seite des Deutschen Wetterdienstes
Aktualisierungen geben, sobald die Details klarer werden. Auch die
Warnwetter-App des DWD kann dabei als Informationsquelle genutzt
werden
(http://www.dwd.de/DE/leistungen/warnwetterapp/warnwetterapp.html).
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.06.2017
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