DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
08-06-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 08.06.2017 um 10.30 UTC
Am Sonntag verbreitet hochsommerlich, am Montag Kaltfrontpassage mit teils
kräftigen Gewittern. Danach leicht wechselhaft, aber nur wenig Regen und mäßig
warm (Norden) bis warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 15.06.2017
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag befindet
sich Deutschland unter einem brieten Höhenrücken, der sich von Nordwestafrika
bis hoch nach Südskandinavien erstreckt. Das korrespondierende Bodenhoch - zu
Tagesbeginn noch mitten über Deutschland positioniert - wandert im weiteren
Verlauf zum östlichen Mitteleuropa, wodurch wir auf die warme Westflanke
gelangen. Dort wird niedertroposphärisch warme Luft weit nordwärts gesteuert,
die 15°C-Isotherme in 850 hPa überdeckt weite Teile Süddeutschlands und der
Mitte, im äußersten Süden erscheint zum Ende des Tages sogar eine kleine
20°C-Warmluftblase.
Auf den ersten Blick sieht also alles nach einem astreinen und sehr warmen bis
heißen Sommertag an einem Sonntag aus - deutsche Freizeitgesellschaft, was
willst du mehr? Doch Vorsicht, der zweite und für einen Vorhersagemeteorologen
obligatorische Blick findet natürlich eine Schwachstelle, auch wenn deren Inhalt
noch nicht exakt taxiert werden kann. Fakt ist, dass die diagonal von Südwest
nach Nordost gerichtete Achse des Rückens im Norden des Vorhersageraums recht
zügig ostwärts durchschwenkt, wodurch der Westen und Nordwesten auf die
Rückseite gelangen. Zwar verbleibt der nächste Trog mit eingelagertem
hochreichenden Tief noch über dem nahen Ostatlantik liegen (das Bodentief liegt
um 12 UTC zwischen Irland und Island), und auch die zugehörige Kaltfront zeigt
zunächst noch kein gesteigertes Interesse auf einen kontinentalen "landfall".
Trotzdem werden der Westen und Nordwesten anfällig für leichte Hebungsprozesse,
die dort zu Wolkenfeldern, schauerartigen Regenfällen und sogar ersten Gewittern
führen könnten.
Am Montag schwächt sich der Rücken ab bei gleichzeitiger Verlagerung nach Osten
bzw. Südosten. Entsprechend nimmt das Geopotenzial über Deutschland ab, ohne
dass es aber zu einer nennenswerten Austrogung käme. Vielmehr kommt es von
Nordwesten her zu einer einem Übergreifen der leicht zyklonal konturierten,
insgesamt aber relativ glatten südwestlichen Höhenströmung. Die Ursache dafür
liegt darin begründet, dass das o.e. hochreichende Tief ohne nennenswerten Trog
in Richtung Norwegische See zieht, während der südliche Teil des ursprünglichen
Höhentroges vor der Iberischen Halbinsel liegenbleibt.
Die schleifende und zur Wellenbildung neigende Kaltfront allerdings greift -
wahrscheinlich schon in der Nacht - auf Deutschland über und schwenkt im Laufe
des Montags süd-südostwärts über uns hinweg. Davor simuliert das Modell einen
deutlichen Bodentrog, der mit etwas Fantasie durchaus als klassischer
Gewittersack bezeichnet werden kann. Da die Feuchte in der allmählich
scheidenden Warmluft ansteigt und gleichzeitig die Labilität zunimmt, kommt es
auch zu einem Anwachsen der CAPE-Werte, vornehmlich im Süden und Osten sowie in
Teilen der Mitte. Somit scheinen die Voraussetzungen für eine Schwergewitterlage
mit Unwettern wie geschnitzt, wenn, ja wenn da nicht die fehlende Dynamik durch
das Nicht-Vorhandensein eines adäquaten Höhentroges gegeben wäre. So lässt es
sich auch erklären, warum der Flächenniederschlag beim IFS (ECMF) ziemlich
dürftig ausfällt. Ein Garant für ausbleibende Schwergewitter ist das aber
mitnichten; man darf gespannt sein, was die nächsten Modellläufe noch so auf die
Kette bringen.
In den Folgetagen bis Mittwoch legt sich die Frontalzone mitten über
Deutschland, wobei die westliche Höhenströmung relativ glatt verläuft. Im
Bodendruckfeld stößt hinter der zu den Alpen vorankommenden und sich dort
wahrscheinlich auflösenden Kaltfront ein Keil des Azorenhochs bis nach
Mitteleuropa vor, der bei uns vergleichsweise antizyklonale Rahmenbedingungen
schafft. Nicht Affenhochglanz, aber in weiten Teilen des Landes trockene
Verhältnisse bei einer Mischung aus Wolken und sonnigen Abschnitten. Ausnahmen:
der äußerste Süden (Alpen, Teile des Vorlands, Südbaden), wo sich noch Reste der
feucht-warmen Luftmasse vom Montag befinden und in der sich Schauer und einzelne
Gewitter entwickeln können. Und auch der äußerste Norden, der knapp nördlich der
Bodenhochkeilachse liegt, ist offen für dichtere Wolken und mitunter etwas Regen
oder Nieselregen.
Richtig kalt wird es übrigens nicht, die einfließende Meeresluft kann sich rasch
erwärmen und im Süden wird die Warmluft ohnehin nicht gänzlich ausgeräumt. In
850 hPa stellt sich ein Süd-Nord-Gefälle mit 15°C am Alpenrand und 5/6°C im
Norden ein.
Zum Donnerstag hin wölbt sich westlich von uns ein neuer Höhenrücken auf, der im
erweiterten Mittelfristzeitraum bis Sonntag nur langsam ostwärts vorankommt. Es
reicht aber, den besagten Azorenhochkeil zu kräftigen und bei uns antizyklonale
Bedingungen nach dem GWL-Typus NWa (Nordwest antizyklonal), später vielleicht BM
(Brücke Mitteleuropa) zu schaffen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des IFS vom ECMF kann insofern als gut bezeichnet werden, als
dass nun schon über mehrere Läufe hinweg für kommenden Sonntag ein weitgehend
antizyklonal geprägter, teils sehr warmer bis heißer Sommertag simuliert wird,
dem am Montag von Nordwesten her eine Kaltfrontpassage folgt. Hinsichtlich des
Timings und der Intensität der Frontpassage gibt es nach wie vor aber noch
Unschärfen.
Unsicherheiten zeigen sich auch im weiteren Verlauf der Woche. Zwar deutet sich
zunächst ein überwiegend zonal angeordnetes Strömungsregime an, was einen
wechselhaften Witterungsabschnitt zur Folge hat. Allerdings fällt dieser nach
der heutigen 00-UTC-Version antizyklonaler und somit trockener aus als
beispielsweise im gestrigen 00-UTC-Lauf. Unklar ist auch noch, was mit der
Kaltfront bzw. den Resten der feuchten und instabilen Warmluft im äußersten
Süden passiert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Es herrscht Einigkeit unter den großen Globalmodellen, dass uns im Laufe des
kommenden Montags eine Kaltfront von Nordwesten her überquert. ICON und das
kanadischen GEM zeigen dabei im Norden und Westen (ICON schon in der Nacht, GEM
etwas später) Starkregensignale, während IFS und GFS verhaltener zur Sache
gehen. Auch am Tage ist ICON das Modell, dass die stärksten Niederschlagspeaks
zeigt, was auf kräftige Gewitter hindeuten könnte.
Im weiteren Verlauf der Woche deutet sich dann unisono eine vorübergehende
Zonalisierung an, die aber bei GFS, GEM uns ICON tendenziell etwas zyklonaler
ausfällt als bei IFS. Auffallend dabei ist ein kräftiges Niederschlagsmaximum
von GFS und GEM am Mittwoch im Süden, was auf eine Reaktivierung der Kaltfront
hindeutet.
In der erweiterten Mittelfrist sind sich IFS, GFS und GEM einigermaßen einig mit
dem Vorstoß des sich kräftigenden Hochkeils.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die ECMF-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis Montag einen
gutmütigen Verlauf ohne nennenswerten Spread. Dabei fallen die beiden
Temperaturmaxima am morgigen Freitag und Sonntag/Montag ins Auge, die jeweils
durch Kaltfrontpassagen abgebaut werden. Beide Frontpassagen werden mit
deutlichen Signalen beim Niederschlag untermauert. Im weiteren Verlauf der Woche
nimmt die Streuung zwar zu, trotzdem lässt sich ein belastbarer Trend
herausarbeiten. Demnach geht es nach einem Potenzial- und Temperaturminimum am
Montag/Dienstag allmählich wieder bergauf bei insgesamt nur geringer
Regenneigung.
Die GFS-EPS-Rauchfahnen weisen eine hohe Kongruenz zu ihren "Kollegen" von
ECMF-EPS auf. Interessant dabei: der am Mittwoch vom deterministischen Lauf für
den Süden simulierte starke Niederschlag hat Alleinstellungsmerkmal und wird von
keinem Ensemblemitglied unterstützt.
Kurz noch ein Schwenk zur ECMF-EPS-Clusterung: Hier überrascht etwas die große
Anzahl an Clustern für den Zeitraum T+120...168h (Dienstag bis Donnertag). Fünf
Stück werden angeboten, von den CL1 mit 24 Fällen (+HL/KL), die folgenden
Cluster mit 10, 7, 6 und 4 Fällen besetzt sind. Für unseren Raum unterscheiden
sie sich aber gar nicht so sehr, letztlich zeigen alle einen mal mehr, mal
weniger antizyklonal geprägten Witterungscharakter.
Der setzt sich von Freitag bis Sonntag (T+192...240h) weiter fort bzw. verstärkt
sich sogar noch, besonders in CL1 (26 Fälle +HL/KL). Demnach schieben sich
Höhenrücken und Bodenhoch genau über den Vorhersageraum, während bei CL2 (25
Fälle) Rücken und Hoch etwas weiter westlich verbleiben (GWL-Typus NWa), was vor
allem im Osten und Nordosten ein paar schwache zyklonale Streifschüsse zulassen
würde.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Die Signale der diversen numerischen Produkte für eine SCHWERGEWITTERLAGE am
kommenden Montag sind relativ dürftig. Zwar gibt es ein paar Andeutungen (ICON,
GEM; siehe oben), dass es mal kräftiger zur Sache gehen kann, vor allem die
Statistik hält sich aber merklich zurück. Trotzdem, wie bereits gestern schon
erwähnt, aus rein synoptischen Überlegungen muss spätestens ab der Nacht zum
Montag erst im Norden und Westen, tagsüber dann vor allem im Süden und Osten mit
einigen kräftigen und teils unwetterartigen GEWITTERN gerechnet werden.
An den Tagen danach ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten signifikanter
Wettererscheinungen gering, schließt aber einzelne GEWITTER im Süden nicht aus
(siehe Erläuterungen dazu oben).
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS und Modellmix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann