Thema des Tages
06-06-2017 14:40
Zur Abwechslung mal ein kleines Stürmchen!
Nachdem in den letzten Wochen inklusive des heutigen Dienstags vor
allem Gewitter (teils mit Unwettercharakter) die meteorologischen
Schlagzeilen beherrschten, hält die Atmosphäre für uns ein
?Schmankerl? bereit, das normalerweise eher im Winterhalbjahr zu
finden ist. So zieht aktuell ein für die Jahreszeit kräftiges
Sturmtief von den Britischen Inseln über die Nordsee hinweg Richtung
norwegische Küste. Dabei erreicht es am morgigen Mittwoch den
Höhepunkt seiner Entwicklung und sorgt bei uns nahezu landesweit für
einen stark auffrischenden und böigen Südwestwind.
Das Tief wurde von der Freien Universität Berlin auf den Namen
?Ingraban? getauft, ein sicher nicht allzu geläufiger Name. Das
Teilwort ?Ing? steht dabei für die germanische Gottheit ?Ingwio?,
?Raban? für den Raben, der in Namen sinngemäß mit ?der Schlaue? oder
?der Scharfsichtige? gleichzusetzen ist. Zusammengesetzt bedeutet der
Name also ?der schlaue Ingwäone?, der vermutlich zu einem
germanischen Stamm gehörte, doch das nur am Rande.
Welche Prozesse waren nun entscheidend für die Sturmtiefentwicklung?
Förderlich sind zum einen die Temperaturunterschiede im Umfeld des
Tiefs. Während am heutigen Dienstag in Schottland und Ostengland bei
kräftigem Regen auf der Tiefrückseite nur kühle 10 bis 15 Grad
erreicht werden, gibt es östlich der Elbe auf der Vorderseite
verbreitet einen Sommertag mit Höchstwerten über 25 Grad. Zudem ist
die Konstellation in höheren Schichten der Atmosphäre günstig, da die
Luft direkt über dem Tiefkern beginnt auseinanderzuströmen
(Diffluenz). Aus Kontinuitätsgründen muss dadurch Luft aus unteren
Schichten nachströmen, um diesen "Massenverlust" auszugleichen. Man
kann sich das wie eine Art "Absaugen" vorstellen, als wenn man von
oben einen Staubsauger über die Luftsäule halten würde. Aufsteigende
Luft am Boden hat wiederum Druckfall zur Folge, ergo verstärkt sich
das Tief. Der daraus resultierende Druckunterschied sorgt dann für
eine kräftige Windzunahme.
Im Anhang finden Sie die zu erwartenden Spitzenböen in Kilometer pro
Stunde für den morgigen Mittwoch. Schwerpunktmäßig ist neben den
Berglagen vor allem der Nordwesten Deutschlands betroffen, wo
verbreitet mit Sturmböen zwischen 65 und 80 km/h gerechnet werden
muss, wobei die stärksten Böen meist an Schauer und Gewitter gebunden
sind. Direkt an der Nordsee sowie in höheren Gipfellagen treten sogar
schwere Sturmböen um 90 km/h auf. Selbst fernab des Tiefzentrums
entlang der Oder sowie in Niederbayern wird man "Ingraban" in Form
von Böen um 60 km/h (Bft 7) zu spüren bekommen. In der Nacht zum
Donnerstag lässt der Wind nach Abzug des Tiefs allmählich nach.
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Und wie gestaltet sich das Wetter in der zweiten Wochenhälfte? Es
deutet sich eine Zweiteilung an. Während es in der Nordhälfte bei
erneutem Durchzug einzelner Störungen wechselhaft und bei
Höchstwerten zwischen 17 und 21 Grad relativ kühl bleibt, profitiert
die Südhälfte des Landes von zunehmendem Hochdruckeinfluss und
Temperaturen um 25 Grad. Zum Sonntag deuten sich nach derzeitigem
Kenntnisstand im Süden lokal sogar wieder 30 Grad an, allerdings
nicht ohne Schwüle und ansteigendem Unwetterpotential. Sie sehen,
langweilig wird es in Sachen Wetter vorerst also nicht.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.06.2017
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