Thema des Tages

19-05-2017 14:40

Tornado Alley - Warum gibt es Tornados bevorzugt im Mittleren Westen?



Am gestrigen Donnerstag hat das National Storm Prediction Center
(NSPC) bereits zum 3. Mal in diesem Jahr ein sogenanntes "High Risk"
herausgegeben. Dies ist die höchste Vorwarnstufe für Gewitter in den
USA. Betroffen waren Teile des Mittleren Westens, in denen 20
Tornados beobachtet wurden. Immer wieder hört man in den Nachrichten
von Tornadoausbrüchen im Mittleren Westen. Nicht selten gehen die
größten Ausbrüche mit weit über 100 Tornados einher. Doch was macht
das Gebiet um die Great Plains so prädestiniert für sie?

Tornados benötigen für ihre Entstehung Gewitter, bevorzugt die
sogenannten Superzellen. Dies sind Gewitter, die für längere Zeit
rotieren. Die Bedingungen sind in den Great Plains aus vielerlei
Gründen dafür besonders begünstigt:

Eine Zutat für schwere Gewitter ist Feuchtigkeit. Diese wird dort in
der Zeit von Anfang April bis Anfang Juni häufig auf der Vorderseite
von Tiefdruckgebieten herangeführt. Mit einer südöstlichen Strömung
kann dann warme Golfluft in unteren Luftschichten weit nach Norden
bis in den Mittleren Westen vordringen.

Des Weiteren benötigt man eine starke Temperaturabnahme mit der Höhe,
sodass aus hydrostatischen Gründen die leichtere warme Luft in der
kälteren Luft aufsteigen kann. Diese kommt häufiger in der Nähe von
Luftmassengrenzen vor. Luftmassengrenzen sind in den USA besonders
stark ausgeprägt. Denn in den USA fehlen, anders als in Mitteleuropa,
blockierende Gebirge, die die Luft auf Ihrer Nord-Südbewegung
aufhalten. Somit kann polare Kaltluft weit nach Süden und auch
feuchtwarme Golfluft weit nach Norden vordringen. Dadurch können sich
stärkere Temperaturgegnsätze aufbauen.

Eine 3. begünstigende Luftschicht entsteht in den hoch gelegenen
Regionen der Rocky Mountains, die als Heizflächen fungieren und eine
warme und trockene Luftschicht erzeugen, die nicht selten ostwärts
transportiert wird. Die Grenze zu dieser trockenen Luftschicht wird
auch als Dry-Line bezeichnet.

Wird nun die kühlere Luftschicht in der Höhe mit einem Westwind in
der Nähe von Luftmassengrenzen über die feuchtwarme Golfluft
geschoben und schiebt sich dann noch die trockene Luftschicht aus den
Rockys dazwischen, ergibt das eine explosive Mischung, in der sich
besonders heftige Gewitter bilden.

Eine Eigenschaft von Luftmassengrenzen ist, dass in ihrer Nähe der
Wind mit der Höhe zunimmt und seine Richtung ändert. Bei bodennahen
Südostwinden, die mit der Höhe immer stärker werden und auf West
drehen, kann man sich gut vorstellen, dass die kräftigen Aufwinde der
Gewitter in Rotation versetzt werden und sich die oben genannten
Superzellen bilden. Diese sind wiederum Voraussetzung für die meisten
Tornados.

Das Gebiet der Great Plains, vom nördlichen Texas, Oklahoma, Kansas
bis Nebraska, wo diese Bedingungen häufig zusammenkommen, wird auch
als Tornado Alley bezeichnet.


Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.05.2017

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