Thema des Tages
16-05-2017 14:40
Surferwissen ? Teil 2: Die Gezeiten
Nachdem im Thema des Tages vom 03.05.2017 bereits auf die Entstehung
von Wellen näher eingegangen wurde, soll heute der Blick auf einen
küstennahen Effekt gerichtet werden, der zum Surfen von grundlegender
Bedeutung ist. Denn wer lag im Urlaub nicht schon einmal am Meer auf
einem Liegestuhl und wunderte sich, dass der Weg ins "kühlende Nass"
über einen immer größer werdenden Strandabschnitt führt. Der Grund
liegt in den sogenannten "Gezeiten" (engl. tides), die periodische
Wasserbewegungen des Ozeans darstellen und besser als Ebbe und Flut
bekannt sind. Dabei bezeichnet man den vom Niedrig- bis zum
Höchststand ansteigenden Meeresspiegel als Flut, sinkt der Spiegel
hingegen ab, spricht man von Ebbe.
Aber warum ändert sich die Höhe des Meeresspiegels? Der Grund findet
sich in der Wechselwirkung von Erde und Mond wieder. Grundsätzlich
geht von jedem Körper mit einer Masse eine Anziehungskraft auf andere
Körper aus, die sogenannte "Gravitationskraft". Die wesentlich
schwerere Erde erzeugt dabei im Vergleich zum Mond eine deutlich
größere Schwer- und somit auch Anziehungskraft. Entsprechend dreht
sich der Mond auch um die Erde und nicht nur um sich selbst.
Allerdings reicht die auf die Erde wirkende Anziehungskraft des
Mondes aus, um an der Materie der Erde zu "zerren" und sie in
Bewegung zu setzen. Natürlich gibt die Erdkruste diesen Kräften nur
in geringem Maße nach, spürbarer ist jedoch die Bewegung des Wassers
der Ozeane. Denn auf der dem Mond zugewandten Erdseite bildet sich
ein Flutberg aus. Auf der gegenüberliegenden Seite der Erde hingegen
wirkt durch die Rotation des Erde-Mond-Systems um den gemeinsamen
Schwerpunkt die Zentrifugalkraft (Fliehkraft), was auch dort zur
Ausprägung eines Flutbergs führt. Zwischen diesen beiden Flutbergen
senkt sich der Meeresspiegel ab, womit dort Ebbe vorherrscht.
Aufgrund der Erdrotation sowie der Drehung des Mondes um die Erde
dauert es genau 24 Stunden und 50 Minuten, bis der gleiche Punkt auf
der Erde erneut dem Mond zugewandt ist. Innerhalb dieser Zeit kommt
es an nahezu allen Küstenabschnitten zu je zweimal Hoch- (Flut, engl.
"high tide") und zweimal Niedrigwasser (Ebbe, engl. "low tide"). Auch
die Sonne hat einen Einfluss auf die Gezeiten, wobei dieser aufgrund
ihrer Entfernung von der Erde deutlich kleiner ausfällt, als der des
Mondes.
Für das Surfen sind die Gezeiten von fundamentaler Bedeutung, denn je
nach Wasserstand ändern sich auch die Höhe der Wellen sowie ihr
Brechungsverhalten. Herrscht Ebbe, brechen die Wellen im Vergleich
zur Flut seichter und deutlich weiter draußen. Bei Flut hingegen
laufen die Wellen meist aufgrund des höheren Wasserspiegels etwas
länger. Herrscht Wasserhöchststand bzw. einsetzende Ebbe vor, kann es
sein, dass die Welle sehr plötzlich direkt am Strand bricht. Dies
bezeichnet man auch als sogenannten "Shorebreak". Diese Shorebreaks
fallen in der Regel recht heftig aus, da die brechenden Wellen vom
zurück ins Meer abfließenden Wasser zusätzlich hochgedrückt werden
und damit eine Gefahr für Mensch und Material darstellen. Nicht nur
als unerfahrener Surfer, sondern auch als Badegast sollte man diese
Wellen meiden, da sie einem im wahrsten Sinne des Wortes den Boden
unter den Füßen wegziehen können. Falls man also den Gang aus dem
Wasser noch einigermaßen "elegant" und ohne "Bauchklatscher" auf den
Strand gestalten möchte, sollte man am besten die Pause zwischen zwei
"sets" abpassen.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.05.2017
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