Thema des Tages
04-05-2017 14:40
Surferwissen ? Teil 1: "Die perfekte Welle"
An der Küste lassen sie sich immer wieder mal bewundern: große
Wellen, die in regelmäßigen Abständen kurz vor dem Strand mit lautem
Getöse brechen und dann alle Spuren im Sand verwischen. Für
Wellenreiter sind gute Wellen für eine aufregende Surfsession von
grundlegender Bedeutung. Dabei spielt natürlich auch die
Wettervorhersage eine wichtige Rolle, um abschätzen zu können, an
welchen ?Surfspots? die besten Wellen auftreten werden. Aber bevor
wir zum Wetter kommen, müssen wir zunächst den Entstehungsmechanismus
von Wellen näher betrachten.
Wirft man z. B. einen kleinen Stein in einen Teich mit einer flachen,
ruhigen Oberfläche, so kann man sehen, wie sich kleine Wellen vom
Auftreffort des Steins aus in alle Richtungen ausbreiten. Dabei haben
die Wellen eine messbare Höhe (Amplitude) und Wellenlänge
(horizontaler Abstand zweier Wellenberge) und legen eine bestimmte
Strecke bis zum Ufer des Teichs zurück, wo sie letztlich brechen.
Wirft man anschließend einen größeren Stein in den wieder beruhigten
Teich, kann man feststellen, dass sich nun größere Wellen bilden, die
sich wesentlich schneller in alle Richtungen ausbreiten.
Ähnlich verhält es sich nun mit den Wellen auf dem Ozean. Allerdings
wird dort kein Stein ins Wasser geworfen. Der Wind hat hier den
entscheidenden Einfluss auf das Wasser und sorgt für die Verdrängung
von Wassermassen und somit für die Entstehung von Wellen. Im Detail
kann man sich das so vorstellen: der Wind treibt durch Reibung einige
Wassermoleküle auf der Wasseroberfläche an. Wenn sich diese Moleküle
dann in Windrichtung bewegen, stoßen sie ihrerseits mit weiteren
Wassermolekülen zusammen und setzen diese ebenfalls in Bewegung. So
entstehen Wellen, die sich in die Richtung ausbreiten, in die der
Wind weht. Allerdings sind diese im Bereich der sogenannten ?Windsee?
(Wellen, die direkt vom Wind beeinflusst werden; je nach Windstärke
auch "Sturmsee" genannt) sehr chaotisch und rau und stellen damit
alles andere als gute Surfbedingungen dar.
Stattdessen suchen die Wellenreiter sogenannte ?swells? (im Deutschen
auch als Dünung bekannt). Deren Größe hängt unter anderem von der
Windgeschwindigkeit im Bereich der Windsee, von der Größe der vom
Wind in einer bestimmten Richtung beeinflussten Wasseroberfläche
(auch ?fetch? genannt) sowie von der zeitlichen Dauer ab, die der
Wind auf eine bestimmte Region im Ozean einwirkt. Die so entstehenden
Wellen, die ausreichend Energie besitzen, um aus dem Einflussbereich
des Windes (ihrem Entstehungsort, der Windsee) herauszulaufen, werden
als ?swell? bezeichnet.
Außerhalb des ?fetches? kann sich der ?swell? aufgrund des fehlenden
Energieeintrags (Wind) allmählich ordnen, sodass es zu einer
Homogenisierung der Wellenstruktur (z. B. Wellenhöhe, Wellenlänge,
etc.) kommt und sich ganze ?swell?-Ketten formieren. Diese können
auch als Wellenpakete bezeichnet werden und bestehen aus
individuellen Wellen, die sich mit gleicher Wellenlänge in einer
Gruppe fortbewegen. Je weiter sich die Wellenpakete nun vom ?fetch?
entfernen, desto geordneter und definierter (also auch surfbarer)
werden sie. Besitzen die Wellen in den Wellenpaketen zudem genügend
Energie, können diese unterhalb der Wasseroberfläche in tiefen
Gewässern aufgrund fehlender Hindernisse Tausende von Kilometern ohne
signifikanten Größenverlust zurücklegen. Eine Welle mit einer Periode
von beispielsweise 20 Sekunden reicht immerhin etwa 320 m unter die
Wasseroberfläche des Ozeans.
Treffen die Wellenpakete nun auf Flachwasser bzw. auf Land, wo sie
dann als ?set? bezeichnet werden, bekommt die Welle Kontakt zum
Meeresboden, sodass der untere Teil der Welle stärker abgebremst
wird, als der zugehörige Wellenkamm. Daraufhin überholt der
Wellenkamm den Wellenboden und die Welle bricht (auch engl. ?surf?
oder Brandung genannt). Natürlich können sich Wellen sowohl auf dem
offenen Meer als auch im Flachwasser gemäß der Wellentheorie
überlagern und somit gegenseitig vergrößern oder verkleinern.
Während die Surfanfänger am besten in den gebrochenen Wellen, im
sogenannten "Weißwasser" üben, warten die Fortgeschrittenen und
Profis im sogenannten "Line up", dem Bereich hinter den großen
brechenden Wellen, auf die "perfekte", noch nicht gebrochene "grüne
Welle" (siehe Grafik unter www.dwd.de/tagesthema).*
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.05.2017
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