Thema des Tages
26-04-2017 14:40
Tropensturm ARLENE
In den vergangenen Jahren war immer wieder zu beobachten, wie sich
Tropenstürme sehr früh entwickelten und teils deutlich abseits der
offiziellen Hurrikansaison für mehr oder weniger große Schlagzeilen
sorgten. Die Saison beginnt offiziell am 1. Juni und endet am 30.
November eines jeden Jahres.
2015 entwickelte sich zwischen dem 8. und 11. Mai der Tropensturm ANA
aus einem außertropischen Tiefdruckgebiet direkt vor der Südostküste
der USA. Damit nicht genug, denn ANA zog in der Folge nach Norden und
somit direkt in die Küstenregionen der östlichen USA. Dabei
verstärkte sich der Sturm und erreichte Windgeschwindigkeiten von
knapp 100 km/h bei einem Kerndruck von etwas unter 1000 hPa. Kurz vor
dem Landgang schwächte sich der Sturm wieder ab, brachte sich aber
dennoch in die meteorologischen Geschichtsbücher ein. So früh traf
bisher kein tropischer Sturm die Küstenbereiche der USA mit kräftigem
Wind und Regen.
Des Weiteren ist das vergangene Jahr 2016 zu nennen. Die Eröffnung
dieser Hurrikansaison hätte auch als schlechtes Omen für den weiteren
Verlauf gesehen werden können, denn sie entwickelte sich zu einer
überdurchschnittlich aktiven (der ersten seit 2012) und zur
tödlichsten seit 2008 für den Nordatlantik. Hurrikan ALEX tobte vom
12. bis 15. Januar mit Windgeschwindigkeiten von zirka 140 km/h über
dem offenen Meer, rund 5 Monate vor dem offiziellen Beginn der
Hurrikansaison. Seit ALICE im Jahr 1955 gab es keinen Januarhurrikan
mehr. Auf seinem weiteren Weg Richtung Osten erreichte ALEX unter
Abschwächung die Azoren und brachte auch diesen Inseln viel Wind und
Regen.
In diesem Jahr (2017) ließ sich die Atmosphäre über dem Nordatlantik
etwas mehr Zeit und wartete bis Mitte April. Doch auch dieser
Zeitpunkt einer Tropensturmentwicklung kann als sehr früh angesehen
werden. Bevor noch näher auf ARLENE eingegangen wird, sei jedoch
gesagt, dass der Hauptgrund der Erkennung verfrühter
Tropensturmentwicklungen der letzten Jahre vor allem auf verbesserte
Satellitendaten zurückzuführen ist. Mit Hilfe dieser Daten können die
Meteorologen des Nationalen Hurrikanzentrums in Miami, Florida (USA)
je nach Region alle 15 bis 60 min - mit der neuen
Satellitengeneration in den kommenden Jahren gar alle 5 Minuten - die
Wetterentwicklung über den Ozeanen überwachen. So werden heute auch
Entwicklungen erkannt, die abseits aller Bojen oder Messstationen
stattfinden und dennoch für den Flugverkehr (Turbulenzen) und die
Schifffahrt (Wellengang, Orkanböen, Sichteinschränkung) von großer
Bedeutung sind. Sicherlich gab es auch vor dem Zeitalter der
hochaufgelösten Satellitenbilder immer wieder solch verfrühte
Entwicklungen, die zu dieser Zeit jedoch unerkannt blieben.
Wie bereits erwähnt, entwickelte sich auch in diesem Jahr ein
Tropensturm außerhalb der Saison und erhielt den Namen ARLENE. Die
Namensliste für Hurrikans in 2017 steht übrigens schon lange fest.
Der Sturm war zwischen dem 19. und 21. April weit westlich der Azoren
aktiv und ist als sogenannter ?Fischsturm? in die meteorologischen
Archive eingegangen. Das bedeutet, dass er zu keiner Zeit seines
Auftretens Festlandsküsten oder Inseln bedrohte. Im beigefügten
Satellitenbild ist anhand der Wolkenformation ein sehr großräumiger
außertropischer Tiefdruckkomplex zu erkennen, der sich Mitte April
vor der Ostküste der USA bildete und während der folgenden Tage
langsam nach Südosten in subtropische Gefilde driftete. Später zog er
dann nach Norden in die gemäßigten Breiten weiter. Gleich mehrere
kleinere Tiefdruckgebiete sind innerhalb dieses großräumigen Wirbels
zu erkennen.
Aber wie konnte sich bei einer Wassertemperatur von nur 20 Grad, die
eigentlich zu niedrig für die Entwicklung von Tropenstürmen ist,
dennoch solch ein kräftiges Tief bilden? Einer der erwähnten kleinen
Tiefdruckwirbel lag besonders günstig und profitierte vom Einbeziehen
subtropischer Luftmassen, die innerhalb des großen Wirbels unentwegt
gegen den Uhrzeigersinn zirkulierten. Der kleinere Wirbel zog
nordwärts und die Temperatur der Luftmasse in der oberen Troposphäre
nahm stetig ab. So verstärkte sich der vertikale
Temperaturunterschied zur energiereichen subtropischen und somit
feucht-warmen Luftmasse über der Ozeanoberfläche. Um das Tiefzentrum
herum konnten sich nun kräftige Gewitter entwickeln, die als erstes
Indiz für eine Tropensturmentwicklung gelten und bei weiterer
Intensivierung war ARLENE am Abend des 20. April 2017 geboren. ARLENE
verstärkte sich aber nur kurzzeitig zu einem kleinräumigen und
kräftigen tropischen Sturm, bevor sie sich in der Folge rasch
abschwächte und in den Nachtstunden zum 22. April wieder auflöste.
Dabei entwickelte ARLENE immerhin Windgeschwindigkeiten mit voller
Sturmstärke (Bft 8 bis 9).
Allein dank der Satelliten ist es möglich solch kleinräumige und sehr
kurzlebigen Zyklonenentwicklungen zu entdecken und entsprechende
Warnungen zum Beispiel für die Schifffahrt frühzeitig herauszugeben.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.04.2017
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