Thema des Tages

06-04-2017 14:40

"Hoch Britische Inseln"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer
Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese
ergeben sich durch weiträumige Luftdruckverteilungen und die daraus
resultierenden Strömungsmuster, in Bodennähe sowie auch in den
darüber liegenden Luftschichten. Das Wetter selbst wird außerdem
durch die Eigenschaften der in die Zirkulation einbezogenen
Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer
Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes
durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch
erhalten.

Bereits zu Wochenbeginn stieg im Seegebiet bei den Azoren der
Luftdruck nach Abzug eines Tiefausläufers wieder an und das
ausgedehnte Hochdruckgebiet ORTRUD entstand. ORTRUD verlagerte sich
unter Verstärkung nordwärts und befindet sich derzeit als mächtige
Hochdruckzelle mit geschlossenen Isobaren und einem Bodenluftdruck im
Kern von knapp 1035 hPa schwerpunktmäßig über dem Süden Irlands.
ORTRUD bewegt sich nur langsam ostwärts, am morgigen Freitag wird ihr
Zentrum über Südengland und am Sonnabend über Norddeutschland liegen.


Vom synoptisch-klimatologischen Standpunkt bietet sich in diesen
Tagen die Charakterisierung der Großwetterlage als "Hoch Britische
Inseln" an (wissenschaftliche Abkürzung HB). ?HB? zählt zu den
meridionalen Zirkulationsformen, d.h. die in Nord-Süd-Richtung
verlaufende Strömungskomponente über dem Kontinent übertrifft den in
West-Ost-Richtung orientierten, zonalen Anteil deutlich. Die
?Frontalzone?, also der Übergangsbereich zwischen subpolaren und
subtropischen Luftmassen, verläuft in einem weiten, nordwärts
gerichteten und im Meteorologen-Jargon als "antizyklonal"
bezeichneten Bogen zwischen dem Nordatlantik, Island und
Skandinavien.

Dementsprechend werden auch atlantische Frontensysteme gezwungen,
entlang dieses ?Umweges? zu ziehen und Hoch ORTRUD wirkt in diesem
Sinne blockierend. Während in Westeuropa freundliches und beständiges
Wetter herrscht, strömt an ORTRUDs Ostflanke mit nordwestlicher
Strömung frische Meeresluft nach Mitteleuropa. Wir haben erst Anfang
April, da wundert es niemanden, dass sich in der kalten Luftmasse
unsere Tageshöchsttemperaturen am heutigen Donnerstag sowie am
morgigen Freitag meist nur im geringen zweistelligen Bereich bewegen,
oder gar einstellig bleiben, und es nachts noch ziemlich kalt wird.
Darüber hinaus sorgen in die Strömung eingelagerte Frontensysteme
insbesondere in der Osthälfte Deutschlands anfangs noch für
Niederschläge, die in den höheren Lagen des Berglandes als Schnee
fallen können.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/04/06.html
finden Sie eine vom heutigen 00:00-UTC-Lauf des Vorhersagemodells
ICON des Deutschen Wetterdienstes berechnete Prognose der
geopotentiellen Höhe sowie der Temperatur der 500-hPa- sowie der
850-hPa-Hauptdruckfläche für Freitag, den 07.04.2017, 12:00 UTC. Das
500-hPa-Niveau (obere Abbildung) repräsentiert die mittlere
Atmosphäre, in der 850-hPa-Fläche (untere Abbildung) zeigt sich die
Struktur der unteren Atmosphäre. Deutlich sieht man, wie an der
Ostflanke des Hochdruckrückens maritime Polarluft ins östliche
Mitteleuropa gelenkt wird (grüne und blaue Konturen, vgl.
Temperaturskalen).


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.04.2017

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