Thema des Tages
05-04-2017 14:40
Vollfrühling und Frostschutzberegnung
In der Oberrheinischen Tiefebene hat die Apfelblüte begonnen. Sie
gilt als Leitphase der phänologischen Jahreszeit ?Vollfrühling?. Die
Phänologie befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch
wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der
Pflanzen. Es werden die Eintrittszeiten charakteristischer
Vegetationsstadien (Phasen) beobachtet und festgehalten. Sie stehen
in enger Beziehung zur Witterung und zum Klima und eignen sich daher
für die verschiedensten Anwendungsgebiete und für vielseitige
wissenschaftliche Untersuchungen.
Der Deutsche Wetterdienst unterhält ein phänologisches Grundnetz,
dessen Beobachter ihre Daten einmal jährlich per Meldebogen oder über
das Internet übermitteln. Knapp 400 Beobachter sind hingegen
sogenannte phänologische Sofortmelder, die eine Auswahl von Phasen
direkt nach Eintritt eines Entwicklungsstadiums (z.B. Apfelblüte)
melden. Übrigens sucht der DWD noch ehrenamtliche Pflanzenbeobachter,
weitere Infos unter http://bit.ly/1Nn7bff und http://bit.ly/2n9OvKH.
Auf der DWD-Website
http://www.dwd.de/DE/leistungen/phaeno_akt/phaenoakt.html können Sie
sich über die aktuelle und weitere phänologische Phasen informieren.
Oberhalb der Grafik kann man sich bei ?Kultur und Phase? auch die
Daten zur Apfelblüte aufrufen. Rechts oben, wo ?Statistiken? steht,
kann man auf ?Phänologiestatistik? umstellen und erhält so einen
Vergleich des durchschnittlichen Eintrittstermins mit den Vorjahren.
Im linken Teil der Abbildung, die Sie unter dem heutigen Thema des
Tages finden, ist eine Karte mit der aktuellen Verteilung des Beginns
der Apfelblüte zu sehen. Die erste Meldung erfolgte am 20. März am
Inn, am Oberrhein erblühte ?Malus domestica? um den Monatswechsel
herum. Im Rest des Landes wurde hingegen noch kein Blühbeginn des
Apfelbaumes beobachtet. Somit kommt man auf ein Meldeaufkommen von 5
%.
Der rechte Teil der Abbildung zeigt im oberen Abschnitt das
gebietsgemittelte Eintrittsdatum, wenn nur ein Teil der Beobachter
(aktuell eben jene 5 %) die Apfelblüte erfasst hat. Zum besseren
Vergleich sind auch die hellgrünen Säulen der vergangenen Jahre bei
genau diesem Meldeaufkommen von 5 % dargestellt. Im Mittel der Jahre
1992 bis 2016 wurde dieses Meldeaufkommen am 12. April erreicht, 2017
sind wir somit etwa 11 Tage früher dran. Der untere Abschnitt der
rechten Seite zeigt hingegen, wann die Phase abgeschlossen ist, d.h.
eine Meldequote von über 80 % erreicht ist oder in den letzten 15
Tagen keine neuen Meldungen eingegangen sind. Im Durchschnitt der
vorausgegangenen 25 Jahre war dies am 27. April der Fall. Auffällig
ist die markante Abweichung der dunkelgrünen Säule für das Jahr 2014
vom Mittelwert. Damals trat die Apfelblüte durchschnittlich etwa 16
Tage früher ein als normal.
Je zeitiger aber die Apfelblüte eintritt, desto größer ist auch die
Gefahr durch Spätfröste. Insbesondere der Apfelbauer muss dann
entsprechend reagieren, da die Pflanzen geschädigt werden oder
absterben, wenn deren Zellwasser gefriert. Um sich vor Ernteausfällen
zu schützen, kann er beispielsweise eine Frostschutzberegnung
durchführen.
Dabei besprüht der Apfelbauer bei noch leichten Plusgraden die Bäume
gezielt mit sehr feinen Wassertröpfchen. Sinkt die Temperatur weiter
ab, wird beim Gefrieren des Wassers die Erstarrungswärme frei. Pro
Liter Wasser werden dabei 333,5 kJ (Kilojoule) an Energie frei. Das
ist ungefähr so viel Energie, wie man benötigt, um ein Liter Wasser
um 80 °C zu erwärmen. Durch die Freisetzung dieser Wärmeenergie sinkt
die Temperatur innerhalb der Eishülle um die Pflanzenteile längere
Zeit nicht wesentlich unter den Gefrierpunkt ab.
Die Beregnung muss bis zum Erreichen einer positiven
Umgebungstemperatur ununterbrochen durchgeführt werden. Anderenfalls
kommt es zu einem abkühlenden Effekt durch Verdunstung. Diese ist
umso stärker, je niedriger die Luftfeuchte ist und je stärker der
Wind weht. Daher sind der Frostschutzberegnung durch diese
meteorologischen Parameter gewisse Grenzen gesetzt.
Die Frostschutzberegnung hat jedoch auch Nachteile. Als Erstes ist da
sicherlich der hohe Wasserverbrauch von etwa 30000 Litern pro Hektar
und Stunde zu nennen. Das kann zudem den Boden durchnässen und so
dessen Befahrbarkeit einschränken. Außerdem werden Nährstoffe
ausgewaschen, Wurzelaktivitäten gehemmt und unter Umständen die
Anfälligkeit für Krankheiten erhöht. Bei länger anhaltendem Frost
droht unter Umständen sogar Eisbruch.
Auf www.dwd.de/warnungen können Sie sich über ggf. geltende
Frostwarnungen informieren, damit auch Sie als Hobbygärtner Ihre
Pflanzen vor Spätfrösten schützen können. In den nächsten Nächten
wird Luftfrost vor allem im Bergland auftreten. Jedoch muss dabei
bedacht werden, dass auch bei leicht positiven Lufttemperaturen in
Erdbodennähe durchaus Frost auftreten kann. Im heimischen Eigenanbau
reicht als Frostschutz zumeist ein Abdecken mit Stroh oder
Stoffvliesen. Ebenso kann man bewegbare Pflanzen ins Warme bringen.
M.Sc. Met. Stefan Bach
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.04.2017
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