DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
13-03-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 13.03.2017 um 10.30 UTC
Nach anfänglichem Hochdruckeinfluss Übergang zu zyklonal geprägtem Wetter mit
Regenfällen und zeitweise auffrischendem westlichen Wind.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 20.03.2017
Der Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am kommenden Donnerstag steht
in Deutschland - wie zuvor schon der größte Teil der Kurzfrist - im Zeichen von
Hochdruckeinfluss. So wandert ein Höhenrücken mit korrespondierendem Bodenhoch
(Schwerpunkt etwas über 1025 hPa) ostwärts über den Vorhersageraum hinweg, wobei
sich die zuvor eingeflossene Meereskaltluft erwärmt. So steigt die
850-hPa-Temperatur bis zum Tagesende mit Ausnahme des äußersten Ostens auf +5°C
oder etwas darüber.
Ab Freitag ist es dann aber erst mal vorbei mit der vorfrühlingshaften
Antizyklonalität. Von der Nordsee her nähert sich ein relativ flacher Höhentrog,
dem eine Kaltfront vorgeschaltet ist. Während das zugehörige Bodentief im Laufe
des Freitags von der Norwegischen See in Richtung Nordkap zieht, schwenkt die
Kaltfront von NW nach SO über uns hinweg und lenkt rückseitig einen Schwall
subpolarer Meeresluft heran, in der die 850-hPa-Temperatur außer im äußersten
Süden auf unter 0°C sinkt. Zwar verfügt die Front über einen thermisch gut
ausgeprägten Gradienten, trotzdem wird ihre Wetterwirksamkeit von der Numerik
zunächst als überschaubar angesehen. Sprich, die tagsüber an der Front
auftretenden Regenfälle fallen schwach aus. Erst in der Nacht zum Samstag, wenn
der Höhentrog übergreift und von Westen her eine Wellenstörung nachfolgt,
intensiviert sich der Niederschlag.
Am Wochenende stellt sich nach rascher Trogpassage über weiten Teilen
Mitteleuropas respektive in Deutschland eine gesamttroposphärische
West-Nordwestströmung ein, in der kurzwellige Troganteile südostwärts ablaufen.
Sie sorgen in der weiterhin einströmenden subpolaren Meeresluft (der NO des
Landes wird kurzeitig mal von der -5°C-Isotherme in 850 hPa gestreift, während
der S und W im leicht positiven Bereich verbleiben) für wechselhaftes und teils
windiges Westwetter mit wiederholten und besonders im Stau der Mittelgebirge und
der Alpen z.T. auch kräftigen Niederschlägen. Am meisten Niederschlag fällt nach
IFS vom ECMF am Alpenrand mit den Hotspots Allgäu und Berchtesgadener Land sowie
etwas abgeschwächt im Schwarzwald. Dort ist dann eine markante Dauerregenlage
möglich, zumal die Schneefallgrenze aus heutiger Sicht weit über 1000 m liegen
dürfte. Nach einer Unwetterlage sieht es auf Basis des operationellen
Modelllaufs aber nicht aus.
Zu Beginn der neuen Woche wird die nordwestliche Höhenströmung von einem flachen
Rücken abgelöst, der langsam über Deutschland ostwärts wandert. Er sorgt für
leichten Zwischenhocheinfluss, der am meisten im Süden zu spüren sein wird. Nach
Norden hin bleibt es am Rande einer Tiefdruckzone über Nordeuropa wechselhaft,
wobei von Südwesten etwas mildere Meeresluft heranströmt.
In der erweiterten Mittelfrist bis Donnerstag deutet sich dann auch im Süden
wieder wechselhafteres Wetter an, was der Passage eines neuerlichen flachen
Höhentroges geschuldet ist.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der schon in den Vorläufen des IFS vom ECMF gezeigte Übergang von antizyklonaler
Kurzfrist hin zu zyklonaler Mittelfrist wird von der aktuellen 00-UTC-Version
bestätigt. Nach Passage der Kaltfront am Freitag dreht die gesamte Strömung im
Gegensatz zur gestrigen Modellversion etwas stärker auf NW, was eine
Verschiebung des Niederschlagsschwerpunkts nach Süden zur Folge hat.
Insbesondere im Alpenstau werden am Wochenende nun größere Niederschlagsmengen
simuliert. Der heute für den Wochenanfang gerechnete Zwischenhocheinfluss wurde
gestern erst am kommenden Dienstag gesehen.
Kurzum, die Kernaussage antizyklonal => zyklonal passt, im Detail (insbesondere
beim Niederschlag, aber auch beim Wind) bleiben noch ein paar Fragen offen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Der oben zitierte Übergang hin zu zyklonalen Wetterbedingungen wird von den
anderen Globalmodellen mitgetragen, so dass von dieser Seite her eigentlich
keine Zweifel gegeben sind. Gleichwohl offenbaren sich ab dem Wochenende einige
Unterschiede. So setzt z.B. das kanadische GEM bereits am Sonntag auf steigenden
Luftdruck und trockenes Wetter in Süddeutschland. Ganz anders hingegen GFS, das
von Sonntag zu Montag nicht nur einen weiteren Höhentrog, sondern auch eine
Kaltfront auf den Vorhersageraum übergreifen bzw. diesen passieren lässt. ICON
wiederum kommt der IFS-Lösung relativ nah, auch wenn das kleine Randtief, das am
Samstag von der Nord- zur Ostsee ziehen soll, von IFS nicht simuliert wird.
FAZIT: Auch im Modellvergleich ist die Umstellung von antizyklonal auf zyklonal
unstrittig. Allerdings zeigen die für die Gestaltung des zyklonalen
Witterungsabschnitts verantwortlichen Druck- und Potenzialgebilde noch größere
Kontur- und Phasenunterschiede, was eine etwas detailliertere Vorhersage aus
deterministischer Sicht quasi unmöglich macht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bereits der erste Blick auf die Clusterung von ECMF-EPS zeigt, dass wohl auch
die Statistik so ihre Probleme mit Konturen und Phasen hat. So werden für den
Zeitraum T+120...168h (Samstag bis Montag) drei verschiedene Cluster angeboten (26
+ HL + KL, 14, 11 Fälle), die auch tatsächlich einen Unterschied für unseren
Raum dokumentieren. CL 1 entspricht der o.e. deterministischen Lösung, CL 2
zeigt eine ziemlich glatte westliche Höhenströmung nach Muster des gestrigen
00-UTC-Hauptlaufs und CL 3 lässt den Höhentrog am Wochenende nur sehr langsam
über uns hinwegschwenken. Deutlich auch die Differenzen im erweiterten
Mittelfristzeitraum T+192...240h (Dienstag bis Donnerstag), wo ebenfalls drei
Cluster zur Diskussion stehen (21, 15, 15 + HL + KL). Während CL 3 von Mittwoch
auf Donnerstag das Übergreifen eines in seiner Kontur eher schwach ausgeprägten
KW-Troges zeigt, ansonsten bei uns insgesamt aber recht antizyklonal aufgestellt
ist, setzen CL 1 und in noch stärkerem Maße CL 2 über weiten Teilen
Mitteleuropas und auch über Deutschland auf eine eher stationäre Troglage
(LW-Trog).
In den ECMF-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte spiegeln sich sehr
schön der Kaltfrontdurchgang am Freitag und die nachfolgende, deutlich
ansteigende Niederschlagsaktivität wider. Danach nimmt die Streuung sowohl bei
T850 als auch bei Pot500 merklich zu, was aufgrund der genannten Unterschiede
bei den Clustern nicht verwunderlich ist. Auffallend ist, dass sich nach dem
Wochenende Haupt- und Kontrolllauf im oberen Bereich der Temperatur- und
Potenzialkurven bewegen, während die meisten Ensemblelösungen weiter unten
verlaufen, was eher für die Trogvariante spricht.
Noch ein kurzer Abstecher zu den GFS-EPS-Rauchfahnen: Die zeigen den
Kaltfrontdurchgang am Freitag einen kleinen Tick eher als IFS. Die vom Hauptlauf
simulierte Trog- respektive Kaltfrontpassage von Sonntag zu Montag wird mit
unterschiedlichem Timing von vielen, aber nicht von allen Ensembles gestützt,
bevor der Kurvenverlauf in der nächsten Woche gänzlich ins Vogelwilde abgleitet.
FAZIT: Hinsichtlich der Details helfen die probabilistischen Tools auch nicht
wirklich weiter. Allzu große Hoffnungen auf ein vorfrühlingshaftes Wochenende,
wie es in weiten Teilen des Landes gerade hinter uns liegt, sollte man sich aber
nicht machen. Im erweiterten Mittelfristzeitraum spricht sich die Statistik
mehrheitlich für eine Troglage aus.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Mit dem Übergang zu zyklonal geprägtem Wetter ab Freitag nimmt auch die
Wahrscheinlichkeit für signifikante Wettererscheinungen zu, ohne dass nun gleich
die ganz großen Kracher auf der Karte stehen. Betroffen sind die Parameter
WIND/STURM und NIEDERSCHLAG.
WIND/STURM:
Hier deutet sich mit dem Übergreifen der Frontalzone ab Freitag eine allgemeine
Windzunahme an. Dabei wird das zeitweilige Erreichen bzw. Überschreiten von
Windstärke 8 Bft (stürmischer Wind) von der Probabilistik als wahrscheinlich an
der Küste und im höheren Bergland sowie als möglich in tieferen Lagen erachtet.
Sollte sich am Samstag die ICON-Lösung (Durchzug eines Randtiefs von der Nord-
zur Ostsee) durchsetzen, wäre durchaus auch noch etwas mehr Schmackes in der
Atmosphäre denkbar. Allerdings sollte man dabei derzeit noch von einer
Außenseiterlösung ausgehen.
NIEDERSCHLAG:
Trotz der bis hierhin immer wieder genannten Detailunterschiede deutet ECMF-EPS
vor allem für den Sonntag leicht erhöhte Wahrscheinlichkeiten für markanten
Dauerregen am Alpenrand (dort kommen auch die zwei Maxima im Allgäu und in den
Berchtesgadener Alpen zum Ausdruck) sowie in Staulagen einiger Mittelgebirge an.
Allerdings sind die Hinweise nicht so erdrückend, dass das Ganze schon in
trockenen Tüchern wäre (markanter Dauerregen in trockenen Tüchern, was für´n
Blödsinn, aber nun...).
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix, später eher ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann