Thema des Tages
25-02-2017 14:40
Spätwinterliche Nachtfröste
Die derzeit bei uns vorherrschende Westwetterlage erfährt nach Abzug
der Sturmzyklone THOMAS ein kurzweiliges, ?antizyklonales?
Intermezzo, denn in der vergangenen Nacht dehnte sich ein ?Keil? des
Azorenhochs bis nach Mitteleuropa aus. Die auf THOMAS´ Rückseite
eingeflossene Meeresluft subpolaren Ursprungs geriet so unter den
Einfluss der mit Schwerpunkt über dem südlichen Mitteleuropa
entstandenen Hochdruckzone GERI. Allerdings währt die Faschingsfreude
über Sonnenschein vor allem in den mittleren und südlichen Teilen
Deutschlands nur kurz. Denn über den Niederlanden setzt bereits
Luftdruckfall ein und GERI zieht ostwärts ab, woraufhin sich über
Mitteleuropa erneut eine straffe Westströmung einstellt und
Tiefausläufer mit ihren Wolken- und Niederschlagsfeldern durchziehen.
Im Gegensatz zur Nacht zu Freitag, den 24.02.2017, die in ganz
Deutschland sowohl am Erdboden als auch in 2 m über Grund in der
?Thermometerhütte? im Wesentlichen frostfrei war, trat in der
vergangenen Nacht in ?Kopfhöhe? meist leichter Frost bis etwa -5 °C
auf. In Erdbodennähe registrierte man in der Südhälfte Deutschlands
sogar verbreitet mäßigen Frost (per definitionem kälter als -5 °C und
bis -10 °C). Diese Abkühlung wurde nicht nur durch den fehlenden
Wärmeinhalt der herangeführten Luftmasse hervorgerufen. Vielmehr
ergibt sich bei ruhigem Hochdruckwetter mit schwachen
Luftdruckgegensätzen ein großer Teil des nächtlichen
Abkühlungsbetrages aus den Wirkungen der langwelligen, infraroten
Strahlung ("terrestrische Strahlung").
Dazu muss man wissen, dass die Erde und damit auch die Atmosphäre
ihre Energie im Wesentlichen durch die tagsüber von der Sonne
empfangene, kurzwellige Strahlung im sichtbaren Spektralbereich
("solare Strahlung") gewinnen. Diese wird quasi an der Erdoberfläche
absorbiert und dann vor allem in Form von turbulenten Flüssen
fühlbarer Wärme an die Atmosphäre abgegeben. Nachts dominiert der
Energieverlust durch langwellige Ausstrahlung an der Erdoberfläche,
die sich dabei abkühlt und folglich auch den unteren Luftschichten
Wärme entzieht, die Strahlungsbilanz. Insbesondere in klaren Nächten,
ohne nennenswerte ?atmosphärische Gegenstrahlung?, ist der
langwellige Strahlungssaldo stark negativ und es wird besonders kalt.
Dagegen wird die nächtliche infrarote Ausstrahlung durch die
atmosphärische Gegenstrahlung gedämpft, sofern Wolken den Nachthimmel
bedecken. Derartige nächtliche Ausstrahlungsbedingungen findet man
gewöhnlich bei Hochdruckwetterlagen mit geringen Luftdruckgegensätzen
und schwachem Wind. Ohne Wind findet kein turbulenter Austausch mit
höheren Atmosphärenschichten statt und demzufolge kann das bodennahe
Niveau auch nicht ?von oben turbulent erwärmt werden?. Auch eine
trockene atmosphärische Grundschicht fördert die nächtliche
Abkühlung, denn eine eventuelle Nebelbildung setzt Kondensationswärme
frei, welche die Abkühlung lindert.
Ein weiterer Aspekt sind die thermischen Verhältnisse des Erdbodens.
Böden mit guter Wärmeleitfähigkeit können am Tage entsprechend viel
Wärme aufnehmen und ein Energiereservoir bilden, welches eine allzu
starke nächtliche Abkühlung kompensiert. Schlecht wärmeleitende Böden
sind dagegen zur Wärmespeicherung ungeeignet, weisen an der
Oberfläche hohe Tag-Nacht-Schwankungen der Temperatur auf und sind
dementsprechend frostfördernd. Prinzipiell leiten mineralische Böden
(z.B. Ton, Lehm) die Wärme besser als organische, stark humushaltige
Böden (Moor, Torf); feuchte Böden leiten besser als trockene und
feste und unbearbeitete Böden sind bessere Wärmeleiter als
bearbeitete, lockere Böden.
Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/02/25.html
finden Sie links die in der Nacht zu Sonnabend, den 25.02.2017, bis
06:00 Uhr UTC registrierten Tiefsttemperaturen (2 m über Grund),
rechts die im gleichen Zeitraum registrierten ?Erdbodenminima? (5 cm
über Grund). Außerdem sind beide Karten mit einem zum synoptischen
Hauptbeobachtungstermin um 06:00 Uhr UTC aufgenommenen Satellitenbild
in Falschfarbendarstellung unterlegt. (Sollten die Zahlen schlecht
lesbar sein, so empfiehlt es sich, das Bild herunterzuladen.)
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.02.2017
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